• 23. Mai 2025

Undichte Stelle: „Spiegel“ vor Einsatzkräften im Königreich von Fitzek

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Mai 23, 2025
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Zunächst überraschte das Brennglas über dem selbsternannten König von Deutschland, dessen Organisation jetzt vom neuen Bundesinnenminister Dobrindt (CSU) verboten wurde. Lange hatte man nichts mehr von dieser seltsamen und oft den Reichsbürgern zugeordneten Gruppe um Peter Fitzek gehört. Zuletzt vor Jahren im Zusammenhang mit einem Treffen mit Querdenken-Gründer Michael Ballweg.

„König“ Fitzek wurde am Morgen des 13. Mai gegen 6 Uhr morgens in seinem „Königreich“ im sächsischen Halsbrücke festgenommen und damit ein bestehender Haftbefehl vollstreckt. Die Medien berichteten umfangreich.

Was an der Stürmung, Hausdurchsuchung und Festnahme im Morgengrauen allerdings irritierte, war die fast selbstverständlich wirkende Anwesenheit eines Teams des Magazins „Der Spiegel“, die filmend die Ankunft, die gesamte Aktion des Sondereinsatzkommandos und weiterer eingebundener Kräfte live begleiteten.

Die Arbeit des „Spiegel“-Teams ging so weit, dass das Team das Privatgelände betrat, in das gerade geöffnete Wohnhaus hinein gefilmt wurde und der Festgenommene bis in das Fahrzeug des SEK hinein gefilmt und befragt wurde.

Hierzu zunächst zwei Fragen: Wer hat die Anwesenheit ermöglicht, wer hat das Spiegel-Team informiert? Und aus einem allgemeinen Berufsinteresse weitergehend: Wie kommt man als Journalist auf welche Liste, um im Zuge einer Art Gleichbehandlung der Vierten Gewalt selbst vorab informiert zu werden?

Dazu befragt Alexander-Wallasch.de zunächst die Pressestelle des Landeskriminalamtes Sachsen. Dort wird dann allerdings auf die Stabsstelle Kommunikation der Polizeidirektion Leipzig umgestellt. Mit beiden Ansprechpartnern führen wir längere Gespräche, das LKA erreichen wir am Folgetag.

Beide Stellen empfehlen nach den ausführlichen Gesprächen, einmal beim Bundesinnenministerium (BMI) nachzufragen und natürlich beim „Spiegel“ selbst. Der Spiegel antwortet nicht (wird hier ggf. nachgereicht) und das BMI schreibt nach 24 Stunden:

„Sehr geehrter Herr Wallasch, vielen Dank für Ihre Anfrage! Als ein Sprecher des Bundesministeriums des Innern (BMI) kann ich Ihnen folgendes mitteilen: Das BMI unterrichtet Medien nicht vorab über Vollzugsmaßnahmen von Vereinsverboten. Freundliche Grüße im Auftrag.“

Aber wer ist dann verantwortlich dafür, dass der Spiegel hier live dabei sein kann und damit an Medien-Aktionen, wie zuletzt bei der „Bademantel“-Hausdurchsuchung bei Jürgen Elsässer (Compact-Magazin) dabei sein konnte?

Alexander-Wallasch.de sprach zunächst mit der Stabsstelle Kommunikation der Polizeidirektion Leipzig, zu welcher das sächsische LKA umgeleitet hatte, wie wir erfahren, damit die Kollegen mal einen Tag ausspannen können. Der Leipziger Kollege wird später wegen uns seinen Zug verpassen, wie er im Gespräch nebenbei erwähnt.

Wir wollen zunächst von ihm wissen, wie man selbst mal in die komfortable Situation kommen kann, an so einem Einsatz als Medienvertreter teilnehmen zu dürfen.

In der Regel sei das möglich, wenn man bereits am Thema recherchiert, dann könne das schon mal sein, dass man mitgenommen wird. Aber im konkreten Fall „Halsbrücke/Fitzek“ sei der Generalbundesanwalt verantwortlich und die sächsische Polizei nur Unterstützer des Verfahrens.
Die GSG9 sei das SEK des Bundes, die Länder hätten vergleichbar ihre SEKs. Und dann arbeite man nach Bedarf halt zusammen.

Dass es hier um sechs Uhr morgens zum Einsatz kommt, kann den Medien im Vorfeld eigentlich nicht bekannt gewesen sein, so der Sprecher der Polizeidirektion Leipzig. Der Spiegel sei allerdings gern mal mit dabei, wenn es um größere Sachen geht. Das sei oft in Berlin so und bei Aktionen, die größer sind, also bei Aktionen des Bundes. Die Informationen, so der Sprecher, müssen aber von irgendwo anders herkommen.

Bei der Leipziger Polizei gebe es auch öfter Medienanfragen, die aber in der Regel die Zustimmung der Staatsanwaltschaft benötigen. Hier ginge es beispielsweise um eine Begleitung über Tage, wo dann ein Hausdurchsuchungseinsatz ein Beifang für die begleitenden Medienvertreter sein kann. Da werde auch vorher nicht über den Anlass gesprochen, sondern ein Treffpunkt verabredet, wo man die Journalisten dann abholt, ohne dass diese vorab konkret wüssten, wohin es eigentlich geht.

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Wer sich über eine längere Zeit als Journalist mit einem bestimmten Thema befasse, den kann man dann auch mal mitnehmen, erklärt der Sprecher weiter, es käme aber immer auch darauf an, ob die Einsatzeinheiten das wollen und die Staatsanwaltschaft ihr „Okay“ gibt. Als Leipziger Polizei verschließe man sich solchen Anfragen grundsätzlich erst einmal nicht. Ein gewisses Grundvertrauen gehöre natürlich auch mit dazu, die Arbeit an sich dürfe nicht behindert werden.

Es käme auch dazu, dass im Vorfeld ein „Drehvertrag“ gemacht werde samt „Haftungsausschluss“ und wenn es zu einer unerwartet heftigen Situation kommt, könne es schon mal sein, dass die Pressebegleitung abgebrochen werde.

Der Sprecher schließt nicht aus, dass der „Spiegel“ bei Fitzek vor Ort bereits solche Papiere unterzeichnen musste, nur von und mit wem, kann er nicht sagen.

Die Polizei habe aber immer das Recht, solche Anfragen abzulehnen, es bestehe keine Pflicht dazu. Die Pflicht bestehe auf Auskunft, der Rest werde im Miteinander geregelt, da müsse man individuell schauen.

Am Folgetag erreicht Alexander-Wallasch.de dann auch den Sprecher des Landeskriminalamtes (LKA) und stellt vergleichbare Fragen. Die Aussage des LKA-Sprechers ist eindeutig: Man sei ebenso überrascht worden wie die Polizeidirektion Leipzig, dass das Kamerateam von Spiegel-TV schon vor Durchsuchungsbeginn vor Ort war. Was die Beweggründe gewesen sein könnten, warum und weshalb, könne das LKA Sachsen nicht sagen, weil man es nicht wisse.

Definitiv lief die Information des „Spiegels“ nicht über das LKA, bekräftigt noch einmal der Sprecher. Man habe allerdings in diesem Fall auch nicht die Medienhoheit gehabt. Die lag, auch das betont der Sprecher eindeutig, beim Bundesministerium des Inneren.

Bei den Durchsuchungen in sieben Bundesländern sei auch das BKA dabei gewesen. Beim Einsatz im sächsischen Halsbrücke explizit auch die Bereitschaftspolizei von Sachsen-Anhalt ebenso, wie Kräfte vor Ort waren, die sich um die Festnahme des „Königs“ gekümmert hätten. Hier seien der Generalbundesanwalt und das Bundeskriminalamt zuständig gewesen.

Der Sprecher des LKA Sachsen empfiehlt explizit eine Nachfrage beim Bundesinnenministerium. Aber auch eine Anfrage bei „Spiegel-TV“ wäre sicher einen Versuch wert (haben wir gemacht, bisher ohne Antwort).

Spiegel-TV sei zuerst vor Ort gewesen und habe das Eintreffen der Einsatzkräfte gefilmt und weitere Übersichtsaufnahmen gemacht. Irgendwann anschließend sei aber auch Spiegel-TV an eine Mediensammelstelle verwiesen worden. Spiegel-TV habe nur das große Glück gehabt, frühzeitig vor Ort zu sein, wo immer sie die Informationen abgegriffen hätten.

Ermitteln, wer intern die Informationen an den Spiegel weitergeleitet habe, werde man nicht. Man wisse auch nicht, ob das Bundesministerium des Inneren eigene Ermittlungen im Haus anstellt.

Aber „Spiegel“ oder nicht, der LKA-Sprecher betont, dass der Einsatz ein Erfolg gewesen sei. Man habe in der Folge allein drei Tage dafür gebraucht, das Vereinsvermögen und weiteres Beweismittel zu sichern. In der Nachbereitung sei noch gar keine Luft gewesen, sich mit der Anwesenheit vom „Spiegel“ näher zu befassen.

Eine Sprecherin des einsatzverantwortlichen Generalbundesanwalts teilt im Telefonat am frühen Nachmittag gegenüber Alexander-Wallasch.de ebenfalls mit, es habe keinen Kontakt zum Spiegel gegeben. Interne Ermittlungen finden auch hier nicht statt oder werden nicht kommuniziert.

Aber wer ist die undichte Stelle? Diese Frage stellte sich spätestens seit dem Einsatz bei Prinz Reuß oder später bei Verleger Jürgen Elsässer. „Spiegel TV ist exklusiv dabei“, heißt es im Videobeitrag zur Stürmung des Fitzek-Königreichs.

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Author:
Alexander Wallasch

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