• 12. März 2025

„Tsunami an Suchstörungen“: Wie man bei Kindern lukrative pathologische Verhaltensweisen erfindet

ByMichael Klein

März 12, 2025
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„Hier kommt ein Tsunami an Suchtstörungen bei Jugendlichen auf uns zu, den wir aus meiner Sicht völlig unzureichend würdigen“, sagte Prof. Rainer Thomasius, ärztlicher Leiter des Deutschen Zentrums für Suchtfragen des Kindes- und Jugendalters am UKE. Die enorme zeitliche Beanspruchung durch die Mediennutzung führe dazu, dass andere Lebensbereiche vernachlässigt werden.“

Quelle: Tagesschau

Das ist eine dieser Aussagen, bei denen man nicht weiß, ob man lachen oder weinen soll, lachen, ob der Absurdität, dass eine Ressourcenverwendung, die anders ausfällt, als sie Herr Thomasius wohl für richtig hält, als problematisch bewertet wird, und zwar mit der trivialen Aussage, dass die Zeit, die man für x aufwendet, für y nicht aufgewendet werden kann. Wer hätte es ohne die fast-Tautologie von Thomasius gewusst, dass er in der Zeit, in der er in der Schule festsitzt und sich woken Bullshit anhören muss, kein gutes Buch lesen oder einer anderen sinnvollen Tätigkeit nachgehen kann?

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Indes, es ist zum Weinen, dass es so gut wie keinen Bereich des öffentlichen Lebens mehr gibt, der nicht politisiert und pathologisiert wird, den nicht irgendwelche Irren mit ihren Überzeugungen vom richtigen Leben fluten, um einerseits damit Geld zu verdienen, andererseits das normale Leben zu einem aussterbenden Unterfangen – schon weil man daran nicht verdienen kann – zu machen.

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Der „Tsunami der Suchstörungen“, den Thomasius ausruft, ist eine solche Pathologisierung des öffentlichen Lebens, eine hysterische Übertreibung, die auf Bewertungen und keinerlei harten Daten basiert. Vielmehr nimmt Thomasius sein Wissen aus einer Umfrage von Forsa, an der 1.008 Kinder im Alter von 10 bis 17 Jahren und deren Vater oder Mutter teilgenommen haben.

1.008 Kinder und Thomasius faselt von einem Tsunami.

Die Forsa-Umfrage ist im Auftrag der DAK, der Deutschen Angestellten Krankenkasse durchgeführt worden, damit die DAK eine Schlagzeile wie die folgende in die Welt setzen kann:

DAK-Suchtstudie: Millionen Kinder haben Probleme durch Medienkonsum

Die Schlagzeile ist vollkommener Blödsinn, bewusste Täuschung im schlimmsten, aberwitzige Übertreibung unter Nutzung des Fehlschlusses der unzulässigen Generalisierung im besten Fall. Aber wenn es darum geht, Ausgaben im Gesundheitsbereich, vielleicht auch die ein oder andere Erhöhung der Krankenkassenbeiträge zu legitimieren, dann muss sich die Heerschar der Mausschubser, deren Tätigkeit bei Krankenkassen zu denjenigen zählen würde, die Elon Musk als erste streichen würde, etwas einfallen lassen, um ihre Existenz nicht nur zu rechtfertigen, sondern finanziell zu sichern.

Die Millionen Kinder, die Probleme durch Medienkonsum haben, sind auf Basis der 1.008 Kinder, die tatsächlich befragt wurden, hochgerechnet worden.

Was kann schon schiefgehen?
Niemand hat alle Kinder und Jugendlichen im Alter von 10 bis 17 Jahren in Deutschland mit den Fragen penetriert, die FORSA im Auftrag der DAK gestellt hat, ergo kann auch niemand nachweisen, dass der hochgerechnete Mist eben das ist: Mist. Und so lange es eine staatliche Anzahl von naiven Menschen gibt, die an die Magie der Repräsentativität, die aus 1008 Kindern und Jugenlichen im Alter von 10 bis 17 Jahren MILLIONEN Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 17 Jahren zu machen im Stande ist, so lange wird der entsprechende Blödsinn in die Welt gesetzt und damit Umsatz generiert werden.

Und natürlich finden sich die ersten Abnehmer für einen solchen Blödsinn in öffentlich-rechtlichen Anstalten. Man kann eigentlich nicht mehr tun, als diese Aufenthaltsorte als „ANSTALT“ auszeichnen. Wer es dennoch nicht merkt, dem ist nicht mehr zu helfen. Also liest man bei der ARD-Tagesschau:

Stundenlang zocken, Videos auf TikTok schauen oder durch Instagram scrollen – mehr als eine Million Kinder und Jugendliche haben laut einer DAK-Studie einen riskanten oder krankhaften Medienkonsum. Experten sind alarmiert.

Mehr als 25 Prozent der Kinder und Jugendlichen nutzen soziale Medien riskant oder krankhaft oft. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Ohne Ende Online?!“ der Krankenkasse DAK und des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE). Demnach zeigen mehr als 25 Prozent aller 10- bis 17-Jährigen einen riskanten oder krankhaften Medienkonsum. 4,7 Prozent von ihnen gelten als süchtig. Insgesamt betroffen sind der Studie zufolge 1,3 Millionen Kinder und Jugendliche.

Natürlich wurde in der Studie nicht nach TikTok gefragt, offenkundig ist TikTok derzeit der erste Feind, der den Statthaltern einer sterbenden Mainstream-Medienbranche als Konkurrent einfällt… Eine Phantasie in ARD-Groll.

Und wenn Sie bis zum Ende gelesen haben, was der ARD-Troll schreibt, dann wissen Sie, was die Überschrift bei der DAK schon verkündet hat: Millionen: 1.3 Millionen Kinder und Jugendliche sind krankhaft oder riskant in SOZIALEN MEDIEN, wo sonst, unterwegs.

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Schauen wir uns das Ergebnis, an dem man sich bei der ARD gerade weidet, denn Konsum Sozialer Medien, nicht Konsum der ARD-Kinderprogramme wird untersucht und steht am Pranger (= Manipulation durch Auslassung, aber das nur nebenbei), etwas genauer an:

Und siehe da, der Anteil „pathologischer Nutzer“ geht zurück, von 6,7% und 6,1% in den Jahren 2022 und 2023 auf 4,7% im Jahr 2024 … Kein Hinweis bei der ARD, eher der Versuch, Leser zu veralbern:

„Vor der Corona-Pandemie zeigten demnach nur 11,4 Prozent der Kinder und Jugendlichen eine problematische Social-Media-Nutzung. Das entspreche einem Anstieg von 126 Prozent im Zeitraum von 2019 bis 2024.“

Da kommt ein abnehmender Tsunami auf uns zu.
Öfter mal was Neues.
Aber die Hochrechnung, die muss man natürlich mit dem ihr gebührenden Kontext versorgen: 283.800, nicht 291.281 oder 216.987 Kinder und Jugendliche zeichnen sich durch eine „pathologische Nutzung“ SOZIALER MEDIEN aus. Errechnet wurde diese Zahl auf Basis von 45 bis 47 Kindern und Jugendlichen, deren Angaben man in dieser Weise entstellen und für sich missbrauchen konnte. Aus 45 werden 283.800: Die Magie der Repräsentativität, ein Humbug, der sich für die Taschenspieler, die ihn betreiben, mehr als lohnt.

Indes bei all dem stellt sich natürlich die Frage, wie ein riskanter und ein pathologischer Konsum von SOZIALEN MEDIEN überhaupt bestimmt wurde. Machen wir uns auf die Spurensuche:

Das sind Aussagen, die den 1.008 Kindern und Jugendlichen vorgelegt und denen sie zustimmen oder die sie ablehnen konnten [von stimme voll und ganz, eher, weder noch bis eher nicht, überhaupt nicht zu]. In der Abbildung sind diejenigen, die voll und ganz bzw. eher zustimmen, zusammengefasst. Wie man sieht, gibt es eine Reihe von Fragen, die sich auf das Ressourcenmanagement und die Einschätzung, ob sich Zeitaufwand für Soziale Medien jenseits vereinbarter Zeiträume bewegt, jenseits einer „vernünftigen“ Dauer, was auch immer das sein mag, befindet, die ergänzt werden durch Einschätzungen dahingehend, ob sich die Nutzung sozialer Medien NEGATIV im täglichen Leben ausgewirkt hat, durch Verlust wichtiger Kontakte oder Vernachlässigung der Körperpflege usw. Die Abfrage folgt einer Guttman-Scale, d.h. die Zustimmungsraten nehmen in dem Maße, in dem härtere NEGATIVE Konsequenzen der Mediennutzung berichtet werden, ab. Am Ende sind gerade 3% Zustimmung für den Verlust als wichtig von den Kindern eingeschätzter Kontakte übrig. 3% entsprechen 28 bis 30 befragten Kindern, je nachdem, wie viele der 1008 Kinder und Jugendlichen hier überhaupt eine Angabe gemacht haben.

Im mehr oder minder spartanisch gehaltenen Methodenteil des Berichts zur Pressemeldung, der sich hier findet, kann man rudimentär erfahren, wie die Einstufung einer pathologischen Nutzung Sozialer Medien Zustande gekommen ist:

„Zur Ermittlung der Prävalenz einer riskanten oder pathologischen Nutzung digitaler Spiele wurde basierend auf den ICD-11 Kriterien der Computerspielstörung der validierte Fragebogen GADIS-A (engl. Gaming Disorder Scale for Adolescents) eingesetzt [5]. Für das Vorliegen einer pathologischen Nutzung müssen sowohl kognitiv-behaviorale Symptome (z.B. „Ich spiele häufig öfter und länger, als ich mir vornehme, oder es z.B. mit meinen Eltern abgesprochen war.“) als auch daraus resultierende negative Folgen in verschiedenen Lebensbereichen auftreten (z.B. „Ich spiele weiter, obwohl die Schule (oder Ausbildung/ Job) darunter leidet. Zum Beispiel komme ich wegen des Spielens zu spät, mache nicht im Unterricht mit, mache keine Hausaufgaben und bekomme schlechtere Noten.“).“

Nun kann man davon ausgehen, dass diejenigen Kinder, die davon berichten, ihre Nutzung sozialer Medien habe zu einer Vernachlässigung ihrer Körperpflege geführt, Nachteile in Schule und Ausbildung zur Folge gehabt [welche auch immer und was auch immer Kinder und Jugendliche unter entsprechenden Nachteilen verstehen] und es seien ihnen „wichtige Kontakte“ wegen ihrer Nutzung sozialer Medien abhanden gekommen, eine große Schnittmenge aufweisen, es sich dabei weitgehend um dieselben Kinder handelt. Daraus muss man schließen, dass die Autoren, in ihrer Not, pathologische Verhaltensweisen zu finden, ALLE, die eine entsprechende Konsequenz berichtet haben, ergänzt um diejenigen, die berichten, ihre Interessen sowie Schule und Ausbildung hätten unter ihrem Konsum sozialer Medien gelitten, zusammengeklaubt haben [dass die Auswirkungen auf Schule oder Ausbildung doppelt erfasst werden, kann nur dadurch erklärt werden, dass Fälle geschaffen werden sollen, um überhaupt etwas „Pathologisches“ zu finden].

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht: Ich finde die Zuschreibung eines pathologischen Verhaltens zu Kindern und Jugendlichen, die davon berichten, dass ihre Nutzung negative Konsequenzen auf was auch immer hatte, für ethisch bedenklich, zumal die wenigsten der Kinder und Jugendlichen, die FORSA bereitwillig Auskunft gegeben haben, auf der Rechnung hatten, dass ihre Selbstkritik, die sie vermutlich geübt haben, z.B. um ihre schlechte Noten zu erklären, von ruchlosen Leuten benutzt werden wird, um sie zu pathologisieren und sich selbst ein Auskommen auf Kosten von Steuerzahlern oder denen, die in Krankenkassen einzahlen, zu verschaffen.

Jenseits davon ist es natürlich interessant, welche Nutzungsdauer überhaupt zur Grundlage einer Einordnung pathologischer  Mediennutzung gemacht wurde. Lesen Sie das Kleingedruckte zur zweiten Abbildung:

„Basis: Kinder im Alter von 10 bis 17 Jahren, die zum Befragungszeitpunkt mindestens einmal pro Woche Social Media genutzt haben“.

Es ist somit nicht ausgeschlossen, dass unter denen, die von sich sagen, ihre Nutzung sozialer Medien habe dazu geführt, dass Schule oder Ausbildung oder ihre persönliche Hygiene usw. gelitten hätten, Kinder und Jugendlichen zu finden sind, die einmal oder zweimal pro Woche soziale Medien nutzen. Normalerweise stratifiziert man seine Ergebnisse nach der Nutzungsdauer, um überhaupt herauszufinden, ob man mit seinen seltsamen Fragen mehr als heiße Luft gemessen hat. Aber natürlich ist das dann problematisch, wenn man gerade einmal um die 45 Befragte hat, die man überhaupt pathologisieren kann … Mit anderen Worten: JUNK.

Kinder und Jugendliche werden von Erwachsenen pathologisiert, Erwachsene, die sozialen Medien nicht positiv gegenüber stehen, weil ihr Arbeitsplatz bei Shitstream-Medien von Sozialen Medien gefährdet wird, nehmen die Etikettierung auf und verbreiten sie weiter, und so kommt es, dass maximal 45 befragte Kinder und Jugendliche, bei denen wir gar nicht wissen wollen, wie viele von Ihnen sich angesichts von blödsinnigen Aussagen wie, sie hätten durch ihren Konsum Sozialer Medien ihr Aussehen, ihre Körperpflege oder ihre Gesundheit vernachlässigt, einen Spaß mit dem Interviewer gemacht haben, zu einem „Tsunami der Scuhstörungen“ werden. Davon abgesehen ist die zitierte Aussage nutzlos, denn sie enthält drei Stimuli, so dass man nicht weiß, worauf der Befragte reagiert hat.

Aber ein solcher Einwand setzt natürlich voraus, dass man die Methoden der empirischen Sozialforschung einsetzen will, um valide und reliable Ergebnisse zu erzielen. Das wollen die Leute von der DAK und vor FORSA wohl nicht. Ihnen geht es wohl darum, einen Tusami aus nichts zu schaffen, um der Öffentlichkeit einmal mehr die Gefahren SOZIALER MEDIEN für Kinder vor Augen zu führen, Gefahren, lukrative Gefahren, die sie sich gerade ausgedacht haben.

Übrigens haben wir vor einem Tsunami der Suchtstörungen bei Kindern angesichts des Tsumanis der Persönlichkeitsstörungen, der mit Personen in öffentlichen Ämtern über uns gekommen ist, keine Angst.

Es ist schlimmstenfalls mehr vom selben.


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