• 21. Mai 2025

Thyssengas und Branche im Dialog: Was der Wasserstoff-Hochlauf jetzt braucht

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Mai 21, 2025
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Thyssengas und Branche im Dialog: Was der Wasserstoff-Hochlauf jetzt braucht

Dortmund (ots)

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Knapp zwei Wochen nach Amtsantritt der neuen Bundesregierung setzte Thyssengas mit ihrem jährlichen Branchenevent, dem Thyssengas Dialog, ein klares Zeichen: Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit müssen beim Aufbau der Wasserstoff-Wirtschaft zusammengedacht werden. Unter dem Motto „Zwischen Aufbruch und Unsicherheit: Wie erklimmen wir die nächste Etappe Richtung H2-Hochlauf?“ diskutierten rund 130 geladene Gäste im Dortmunder U sowie zahlreiche Online-Teilnehmende über den aktuellen Stand und die nächsten Schritte. Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Industrie und Energiewirtschaft forderten einen stärkeren Schulterschluss von Erzeugung, Infrastruktur und Nachfrage. Moderiert wurde die Veranstaltung von energate-Chefredakteur Christian Seelos.

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„Der Wasserstoff-Hochlauf ist in vollem Gange“, damit eröffnete Dr. Thomas Gößmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Thyssengas GmbH, die Veranstaltung. Mit der Bestätigung des H2-Kernnetzes im Oktober 2024 sei der offizielle Startschuss gefallen – seither arbeiten die Fernleitungsnetzbetreiber offiziell am Aufbau der Infrastruktur. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette entstehen neue Projekte, Partnerschaften und sichtbare Fortschritte. „Wir reden nicht mehr über Visionen – wir reden über Umsetzung.“

SEDO

Dennoch bleibe der Hochlauf fragil. Gößmann sprach von einem Spannungsfeld zwischen Aufbruch und Unsicherheit. Zwar bewege sich viel, doch das notwendige Tempo fehle. Der Grund: Angebot, Nachfrage und Infrastruktur seien nicht aufeinander abgestimmt.

  1. Vielerorts sei ungeklärt, woher der Wasserstoff in ausreichender Menge und zu wettbewerbsfähigen Preisen kommen soll.
  2. Die Industrie zögere, da es an Planungssicherheit und wirtschaftlicher Perspektive mangele.
  3. Ohne verbindliche Abnahme bleibe der Netzausbau ein Balanceakt: Ein zu großes Netz verursache unnötige Kosten, ein zu kleines könne den Markthochlauf ausbremsen.

„Wir erleben derzeit einen Stillstand durch fehlende Synchronisation“, warnte Gößmann. „Der Hochlauf funktioniert nur, wenn alle Zahnräder ineinandergreifen.“

Was es jetzt brauche, seien investitionsfreundliche Rahmenbedingungen, klare politische Impulse und ein belastbares Wasserstoff-Angebot – abgesichert durch internationale Importe und gezielte Förderung der heimischen Produktion.

Ohne Nachfrage kein Hochlauf – warum es jetzt ein klares Commitment braucht

Dr. Sopna Sury, COO der RWE Generation SE, forderte in ihrer Keynote insbesondere mehr Verbindlichkeit auf der Abnehmerseite. Wer Wasserstoff einsetzen wolle, müsse konkrete Bedarfe benennen. Der von RWE verhandelte Vertrag mit TotalEnergies sei Vorreiter dafür, wie Angebot und Nachfrage konkret zusammenfinden. „Ohne Nachfrage keine Wasserstoffwirtschaft. Viele potenzielle Abnehmer verhalten sich wie ein scheues Reh – verständlich bei unklaren Rahmenbedingungen. Und doch braucht es jetzt ein klares Commitment“, so Sury. Dafür sei auch die Politik gefragt. Der Abbau von Überregulierung könne dabei helfen, Kosten zu senken, beispielsweise durch eine weniger strikte Fassung der Produktionskriterien des delegierten Rechtsakts sowie eine Fortführung der nationalen Netzentgeltbefreiung.

H2-Infrastruktur: Das Kernnetz ist die Autobahn – jetzt braucht es Abfahrten

Wie künftige Kunden an das Wasserstoff-Kernnetz angebunden werden können, erläuterten Jan Eisenberg, Leiter Netzpartner und technische Verträge, und Dr. David Janoschka, Referent für Wasserstoffstrategie der Thyssengas. Ihre Botschaft: Das Kernnetz allein schaffe noch keinen Markt. Die Kernnetzleitungen, vergleichbar mit Autobahnen, müssen durch regionale Anschlüsse ergänzt werden, um Wasserstoff flächendeckend nutzbar zu machen. „Genau hier setzt unsere Arbeit bei Thyssengas an – wir bauen die Abfahrten“, so Eisenberg.

Mit einer strukturierten Customer Journey will Thyssengas potenzielle Kunden beim Anbindungsprozess frühzeitig begleiten – vom Erstgespräch bis zur finalen Abnahme. „Wer künftig auf Wasserstoff setzen möchte, sollte nicht auf die fertige Leitung vor der Tür warten“, appellierte Janoschka. Frühzeitige Planung sei entscheidend, selbst wenn die Nutzung erst in einigen Jahren realisiert werden soll.

Neben dem Netzausbau braucht es aus Sicht von Thyssengas zudem ein marktgerechtes Umfeld: Planungssicherheit, ein belastbares Buchungssystem, gezielte Förderung – und Offenheit für Brückentechnologien wie Biomethan oder blauen Wasserstoff.

Drei Perspektiven, ein Ziel: den H2-Hochlauf beschleunigen

In einer moderierten Interviewrunde brachten Fabian Weber, Hydrogen Marketing, Equinor, Axel Pompe, Leiter Business Unit Energy, Currenta, und Wilfried Klein, Director Net Zero Infrastructure & Cluster Development Europe, LyondellBasell, ihre Perspektiven entlang der H2-Wertschöpfungskette ein.

Weber betonte, dass die Erzeugerseite bereit sei zu investieren – doch ohne verbindliche Abnahme blieben Projekte auf der Kippe. Es brauche Planungssicherheit und verlässliche Geschäftsmodelle, um Produktionskapazitäten in Gang zu bringen.

Pompe erklärte, dass Currenta bereits konkrete Maßnahmen ergreife – etwa die technische Vorbereitung zur Umstellung eigener Anlagen und die geplante Netzanbindung. Die größte Hürde bleibe jedoch der Preis: Wasserstoff sei aktuell noch zu teuer, und die Industrie könne die entstehende Wirtschaftlichkeitslücke nicht allein schließen. Klein ergänzte, dass die Industrie bereit sei, Tempo zu machen – doch ohne eine gesicherte Nachfrage auf Endkundenseite fehle der wirtschaftliche Anreiz. Die Märkte für kohlenstoffarme Produkte stünden noch am Anfang, die Zahlungsbereitschaft sei bislang kaum vorhanden.

Ihr gemeinsamer Appell: Nur wenn Erzeugung, Abnahme und Infrastruktur gezielt aufeinander abgestimmt werden, könne ein funktionierendes Gesamtsystem entstehen. Es brauche einen verbindlichen Rahmen, der Zuständigkeiten klar regelt, Investitionen absichert – und aus parallelen Entwicklungen eine koordinierte Bewegung macht.

Die Kostenlücke schließen – damit der Markt funktioniert

Für Dr. Julian Reul, Programm Lead bei der H2Global Stiftung, ist klar: Die zentrale Hürde im Hochlauf ist der Preis. Solange grüner Wasserstoff deutlich teurer bleibt als fossile Alternativen, fehlen Investitionsanreize. Entscheidend seien deshalb gezielte Marktmechanismen – von mehr Preistransparenz bis hin zu Instrumenten, die die Finanzierungslücke schließen. Reul betonte zudem die Bedeutung funktionierender Importlogistik: Der Wasserstoff komme über die Häfen, werde aber im industriellen Hinterland benötigt – diese Verbindung müsse gelingen, sonst stocke der Markt.

Abschlussdiskussion: Hochlauf braucht Führung – und Zusammenspiel

In der abschließenden Podiumsdiskussion herrschte Einigkeit: Der H2-Hochlauf hat begonnen – jetzt braucht es politischen Takt, ökonomische Klarheit und institutionelle Koordination.

Dr. Thomas Gößmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Thyssengas GmbH, stellte die zentrale Frage: „Mit welchen Kosten kann die Industrie jetzt die größte CO2-Minderung erreichen?“ Genau hier müsse die Politik ansetzen. Auch für die Fernleitungsnetzbetreiber sei politischer Rückenwind zentral – insbesondere bei Genehmigungsverfahren und einem verlässlichen Finanzierungsrahmen.

Nina Scholz, Country Manager Germany, Equinor, griff diesen Ball auf – und forderte klare Prioritäten von der Bundesregierung: „Mein Wunsch an die Bundesregierung: eine ehrliche Bestandsaufnahme. Woran hakt es? Warum kommen keine FIDs zustande? Es sind vor allem die Kostenlücke und die regulatorischen Hürden – insbesondere auf EU-Ebene. Diese Unsicherheiten müssen aus dem Weg geräumt werden. Dafür braucht es eine klare deutsche Position in Brüssel und den Dialog mit Industrie und Wirtschaft.“

Auch Hans Gennen, Chief Operating Officer, Currenta, bestätigte das aus Sicht der Industrie: „Was ist der finanzielle Gegenwert reduzierter CO2-Emissionen?“ Die Antwort müsse jetzt durch konkrete politische Maßnahmen kommen. „Genau dafür braucht es jetzt Schnelligkeit und einen klaren politischen Rahmen. Wir kümmern uns heute sowohl um CCS als auch um Wasserstoff – aber ohne Klarheit wird es schwer, voranzugehen.“

Michael Theben, Abteilungsleiter Klimaschutz im Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, argumentierte für klare Leitlinien: „Die Landesregierung hat bereits frühzeitig eine umfassende Carbon-Management-Strategie auf den Weg gebracht. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie wir effizient das Entstehen von CO2 vermeiden können. Die Abscheidung und Speicherung – CCS – ist bei Industrieprozessen ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Klimaneutralität, bei denen CO2 prozessbedingt anfällt, zum Beispiel in der Kalk- und Zementindustrie sowie der Abfallwirtschaft, und wo die Vermeidungskosten sehr hoch sind. “ Für ihn sei klar: Es brauche Rahmenbedingungen, die CCS und den Wasserstoffhochlauf bestmöglich aufeinander abstimmen, sodass keine Lock-in-Effekte für Übergangstechnologien entstünden. Diese Richtung müsse die Bundesregierung vorgeben.

Dr. Rafael Gralla, Referatsleiter Netzentwicklung Wasserstoff-/Gastransportnetze, Bundesnetzagentur, plädierte für mehr Initiative auch seitens der Unternehmen: „Netzausbau dauert – und währenddessen bewegt sich der Markt. Deshalb ist klar: Unternehmen müssen aktiv auf Netzbetreiber zugehen.“ Der Aufbau einer effizienten Infrastruktur sei ein dynamischer Prozess – und verlange Mitgestaltung auf allen Seiten.

Den Blick nach vorn richtete schließlich Wilfried Klein, Director Net Zero Infrastructure, LyondellBasell: „Für den Thyssengas Dialog 2026 erwarte ich: schnelle Entscheidungen, stabile Rahmenbedingungen – und klare Konzepte für die Etablierung von Leitmärkten in der Chemieindustrie.“

Das Fazit: Der Hochlauf ist kein Selbstläufer – er braucht Richtung, Mut zur Entscheidung und das Zusammenspiel aller Akteure.

Die vierte Ausgabe des Thyssengas Dialogs wurde aufgezeichnet und steht allen Interessierten in voller Länge zum Abruf bereit: www.thyssengasdialog.com

Über Thyssengas

Die Thyssengas GmbH ist ein deutscher Fernleitungsnetzbetreiber. Hauptsitz des Unternehmens, das im Jahr 2021 sein 100-jähriges Bestehen gefeiert hat, ist Dortmund. Thyssengas betreibt ein rund 4.400 Kilometer langes Gasnetz – zum Großteil in Nordrhein-Westfalen, einzelne Leitungen aber auch in Niedersachsen. Darüber werden sowohl nachgelagerte Verteilnetzbetreiber als auch Industriebetriebe und Kraftwerke versorgt. Für die klimaneutrale Zukunft setzt Thyssengas auf den gasförmigen Energieträger Wasserstoff. Der Dortmunder Netzbetreiber engagiert sich dazu in zahlreichen Initiativen. Gleichzeitig investiert er gezielt in die Umstellung seines Leitungssystems, um einen schnellen Wasserstoff-Hochlauf als Teil der Energiewende möglich zu machen. An acht Standorten im Netzgebiet beschäftigt das Unternehmen aktuell rund 550 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Tendenz steigend.

Pressekontakt:

Peter Alexewicz
Leiter Unternehmenskommunikation und Energiepolitik
[email protected]
+49 231 91291 3189

Original-Content von: Thyssengas GmbH, übermittelt durch news aktuell

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