• 7. Januar 2025

Thomas de Maizière und das arme „Beurteilungsfreiwild“: Eine Runde Mitleid für all die geschundenen Politikerseelen!

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Jan. 5, 2025
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von Dennis Riehle

Heulen Sie bitte etwas leiser, Thomas de Maizière! Dieser Appell an den ehemaligen Staatssekretär geht mir nicht nur deshalb mit einer gewissen Wut über die Lippen, weil wir in der jüngeren Vergangenheit immer öfter von Politiker-Senioren belehrt werden, die unterschiedliche Medien aus der Mottenkiste kramen. Ob das nun Gerhart Baum, Christian Wulff, Peer Steinbrück oder Joachim Gauck ist: Sie alle sehen sich genötigt, dem hiesigen Bürger ungebetene Ratschläge mit auf den Weg zu geben. Ins gleiche Horn stößt aktuell der anfangs benannte CDU-Grande, der sich zum Befund hinreißen lässt, wonach seine Spezies im augenblicklichen Klima wie Freiwild gejagt werde – und der Beurteilung durch den Souverän schutzlos ausgeliefert sei. Mein Mitleid hält sich allerdings in Grenzen. Denn wer sich entscheidet, in dieser Domäne aktiv zu werden, von dem kann man ein dickes Fell erwarten. Ungeeignet für einen Job an vorderster Stelle ist dagegen jemand, der infantil nach der Mutter ruft, wenn ihm Schäufelchen und Eimerchen geklaut werden.

Mit Verlaub, werter Herr Bundesinnenminister a.D., allein der Umstand, dass ich auf dem Stimmzettel ein Kreuz gesetzt habe, welches in einem repräsentativen System zu nichts mehr taugt als einem ziemlich allgemeinen Votum über parteiliche Präferenzen, entzieht mir keinesfalls die Berechtigung, ausführende Personen auf dem Berliner Parkett auch entsprechend deutlich zu kritisieren und anzuprangern. Wo kommen wir hin, wenn wir am Wahlabend vier Jahre das Credo ausgeben: „Friss oder stirb!“? Zwar ist das Parlament manchmal kaum noch von einer Theaterbühne zu unterscheiden – wobei man mit einem solchen Vergleich letztgenannter ohnehin unrecht tun würde. Aber der Untertan ist nicht dazu verdammt, aus falsch verstandenem Respekt oder eingefahrenen Gewohnheiten lediglich applaudieren zu dürfen – und für den Rest der Vorstellung zu schweigen. Die irrwitzige Vision, man habe als Gast in einem Restaurant keinen Anspruch darauf, Führung serviert zu bekommen, obwohl man sie eindeutig bestellt hat, gleicht Hohn und Spott.

Die Lage ist zu ernst für Sandkastenspiele

Selbstverständlich gehört es zu den Aufgaben des Volkes, ihre Stellvertreter beständig auf deren Authentizität, Integrität und Zuverlässigkeit zu prüfen. Und wer nun einmal nach ein paar Tagen in seiner Funktion beweist, dass er es nicht kann, dem muss zugemutet werden, mit einem Sturm der Entrüstung und Unzufriedenheit konfrontiert zu werden. Gerade die Ampel war ein Bündnis von Tiefschlägen, Versagen und Zerrüttung. Ohne die immer lauter werdende Stimme der Gesellschaft würde sie auch jetzt noch vor sich hin wurschteln. Und wenn ein Grüner, der einen bisher kaum dagewesenen Wohlstandsverlust, eine Wirtschaftskrise und die Destruktion eines Exportweltmeisters zu verantworten hat, dann darf man sich nicht wundern, wenn der Pöbel nicht nur mit Wattebällchen wirft, sondern auch Vokabeln wie „Schwachkopf“ oder „Hohlbratze“ in den Mund nimmt. Obwohl es anders anmuten mag, ist die Lage zu ernst für Sandkastenspiele. Und so sind deutliche Worte nicht nur angebracht, sondern legitime Artikulation jener, die den ganzen Irrsinn bezahlen.

Und um abschließend auch noch den Gedanken der Fairness aufzugreifen: Es sind wieder einmal die Etablierten, die auf die Tränendrüse drücken, weil sie mit angeblichen Beleidigungen aus Richtung der Bevölkerung überhäuft werden. Doch es gehört eben zur Wahrheit dazu, dass die am stärksten verhasste und am häufigsten mit physischer Gewalt überzogene Gruppe jene der Anhänger, Sympathisanten und Mandatare der AfD ist. Sie müssen nicht nur mit verbalen Übergriffen rechnen, beschweren sich letztlich aber am seltensten. Und so mag man den Christdemokraten an die menschenunwürdige Doppelmoral erinnern, wonach eine Weltanschauung der „Guten“ hehr und unterstützenswert scheint, die zweideutige Aussage „Nazis töten“ zu postulieren, aber bei jeder noch so kleinen Widerrede des einfachen Mannes gegenüber den eigenen Leuten den gesamten Sicherheitsapparat von Verfassungsschutz bis Kavallerie in Gang zu setzen. Nein, wer Zwietracht, Spaltung und Polarisierung sät, muss die Ernte aus Verbitterung, Frustration und Missgunst auch ernten.

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Author: Gast Autor
Journalistenwatch

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