• 11. Juli 2025

Standortfaktor Energie: Zukunftsfähige Energiepolitik für die Ernährungsindustrie

ByRSS-Feed

Juli 11, 2025
Werbung
Standortfaktor Energie: Zukunftsfähige Energiepolitik für die Ernährungsindustrie

Ein Dokument

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Berlin (ots)

Werbung
Werbung
Werbung
Werbung

Die energieintensive Ernährungsindustrie ist ein zentraler Pfeiler der deutschen Lebensmittelversorgung – und steht zugleich unter enormem Druck. Steigende Energiepreise, komplexe regulatorische Anforderungen und internationale Wettbewerbsverzerrungen bringen viele Unternehmen an ihre Belastungsgrenze. Die Folgen: Produktionsverlagerungen ins Ausland, steigende Verbraucherpreise und eine zunehmende Abhängigkeit von Importen. Vor diesem Hintergrund hat das Forum für Zukunftsenergien am 9. Juli 2025 im Rahmen des Arbeitskreises „Zukunftsenergien“ mit Vertretern der Wirtschaft und Abgeordneten des Deutschen Bundestages darüber diskutiert, welche politischen Rahmenbedingungen notwendig sind, um die Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu sichern sowie Klimaschutz und wirtschaftliche Resilienz in Einklang bringen zu können.

SEDO

Dr. Christian v. Boetticher, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e. V. (BVE) kritisierte, dass die energieintensive Ernährungsindustrie in politischen Diskussionen häufig nicht ausreichend berücksichtigt werde, obwohl sie entlang ihrer Wertschöpfungskette jährlich rund 500 Milliarden Euro Umsatz in Deutschland erwirtschafte. Auch in der derzeitigen wirtschaftlichen Abschwächung sei der Umsatz weitgehend stabil geblieben. Von Boetticher wies jedoch darauf hin, dass insbesondere die hohen Bürokratiekosten, vor allem durch europäische Vorgaben, sowie die stetig steigenden Energiepreise die internationale Wettbewerbsfähigkeit zunehmend gefährdeten.

Besonders stark betroffen seien dabei energieintensive Branchen wie die Ölsaatenverarbeitung, die Kakaoindustrie sowie die Backwarenherstellung, die in besonderem Maße unter der Last hoher Energiepreise litten. Er betonte, dass es dringend notwendig sei, die Ernährungsindustrie bei Entlastungsmaßnahmen einzubeziehen. Der Carbon Leakage Schutz sei unerlässlich, um eine Verlagerung der Industrie ins Ausland zu verhindern. Als mögliche Lösung nannte von Boetticher eine grundlegende Reform des Strommarktdesigns und den Ausbau der Leitungsinfrastruktur. Er beteuerte, dass einzelne Maßnahmen nicht ausreichten, um das Marktgefüge neu zu gestalten.

Jaana K. Kleinschmit von Lengefeld, Präsidentin des OVID Verband der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland e. V., stellte in ihrer Keynote zentrale Anliegen der energieintensiven Ernährungsindustrie vor. Sie sprach sich dafür aus, die Attraktivität des Standorts Deutschland durch langfristig planbare Investitionsbedingungen zu sichern und forderte die Einführung eines wettbewerbsfähigen Industriestrompreises, der den Unternehmen den Umstieg auf klimafreundliche Technologien erleichtern könne.

Zudem sei es unerlässlich, die Branche in alle energiepolitischen Entscheidungsprozesse einzubeziehen und die bestehenden Regelungen zur Strompreiskompensation auf die Ernährungsindustrie auszuweiten. Zur Sicherung des Produktionsstandortes Deutschland müsse zudem eine wettbewerbsfähige Gasversorgung gewährleistet werden. Kleinschmit von Lengefeld verwies auch auf die Notwendigkeit einer Reform der Netzentgelte und forderte mehr Flexibilität. Zuletzt plädierte sie dafür, einen verbindlichen Carbon Leakage Schutz im EU-ETS2 zu etablieren.

Michael Haendel und Dr. Matthias Rehfeldt, Abteilung Energietechnologien und Energiesysteme, Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI, stellten in Ihrem Vortrag die Ergebnisse der Studie „Das Flexibilisierungspotenzial der energieintensiven Ernährungsindustrie“ vor. Im Fokus standen die Herausforderungen, die sich aus der Transformation ergeben würden. Diese bestünden insbesondere im erforderlichen Ausbau der Netzanschlüsse, in einem hohen bürokratischen Aufwand sowie in wirtschaftlichen Unsicherheiten und langen Amortisationszeiten.

Haendel verdeutlichte, dass besonders fehlende verlässliche Rahmenbedingungen ein wesentliches Hemmnis für Investitionen darstellten. Besonders die Netzentgelte hemmten die Flexibilisierung, ebenso wie fehlende Netzanschlusskapazitäten. Eine erfolgreiche Transformation könne nur dann gelingen, wenn Politik und Regulierung durch klare Strategien und verlässliche Planungsgrundlagen die notwendigen Investitionen überhaupt erst möglich machten.

In der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Ulrike Drachsel, Geschäftsführerin des Forum für Zukunftsenergien e.V., diskutierten Dunja Kreiser, MdB (SPD), Jörg Cézanne, MdB (DIE LINKE), Hans Koller, MdB (CDU/CSU), Steffen von Glahn, Geschäftsführer Crespel & Deiters GmbH & Co.KG sowie Vorsitzender im Industrieausschuss der IHK Nord Westfalen und Jaana K. Kleinschmit von Lengefeld, die energiepolitischen Perspektiven der energieintensiven Ernährungsindustrie.

Die Diskutanten waren sich einig, dass die energieintensive Ernährungsindustrie mehr öffentliche und politische Sichtbarkeit benötige, um anstehende Herausforderungen gezielter adressieren zu können. Da es sich um eine systemrelevante Industrie handele, sei es umso wichtiger, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken und eine Abwanderung der Produktion ins Ausland zu verhindern. Dies wurde besonders durch die wiederholte Forderung des Carbon Leakage Schutzes deutlich.

Koller betonte die tragende Rolle des Mittelstands für die deutsche Wirtschaft und sprach sich dafür aus, regulatorische Anforderungen realistischer und praxisnäher zu gestalten. Es müsse konkreter gehandelt werden. Die Abwanderung von Industrie sei eine Folge zahlreicher struktureller Hemmnisse, die nur durch langfristige und durchdachte Maßnahmen überwunden werden könnten.

Kreiser wies darauf hin, dass nicht nur die Strompreise gesenkt werden müssten, sondern auch andere Kostenfaktoren wie Netzentgelte, Gasspeicherumlagen und Abschreibungsbedingungen berücksichtigt werden sollten, um die energieintensive Ernährungsindustrie zu entlasten und den Mittelstand zu fördern. Gleichzeitig forderte sie mehr Eigenverantwortung von Seiten der Verbraucher, um Ressourcen nachhaltiger zu nutzen. Es bedürfe eines intensiveren Dialogs, um die konkreten Bedarfe der Industrie kennenzulernen und sichtbar zu machen.

Cézanne verwies auf notwendige und zielgerichtete Regulierungen und führte den Industriestrompreis von vier bis sechs Cent je Kilowattstunde zunächst für eine begrenze Zeit als Maßnahme an. Die bisherige Strompreiskompensation sei seiner Einschätzung nach nicht ausreichend zielgenau. Zusätzlich sprach er sich für die Abschaffung des Negativstrompreises aus und unterstützte ebenfalls die Forderung nach einem wirksamen Schutz vor Carbon Leakage.

Im Verlauf der Diskussion wurde deutlich, dass die unzureichende politische und öffentliche Sichtbarkeit der Branche ein zentrales Hindernis für deren erfolgreiche Transformation darstelle. Der Schutz vor Carbon Leakage und die daraus resultierende Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland seien wesentliche Voraussetzungen, die Transformation der energieintensiven Ernährungsindustrie aktiv zu unterstützen. Die Industrie forderte daher eine stärkere institutionelle Anbindung an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, um ihre Anliegen künftig strukturiert und wirksam vertreten zu können.

In der Ernährungsindustrie erwirtschaften knapp 6.000 Betriebe einen jährlichen Umsatz von 232,6 Mrd. Euro. Mit rund 644.000 Beschäftigten ist diese Branche der viertgrößte Industriezweig Deutschlands. Dabei ist die Branche klein- und mittelständisch geprägt: 90 Prozent der Unternehmen der deutschen Ernährungsindustrie gehören dem Mittelstand an. Die Exportquote von 35 Prozent zeigt, dass Kunden auf der ganzen Welt die Qualität deutscher Lebensmittel schätzen.

Pressekontakt:

Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V. (BVE)
Oliver Numrich
Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Telefon: +49 30 200786-167
E-Mail: [email protected]

Original-Content von: Bundesvereinigung Ernährungsindustrie (BVE), übermittelt durch news aktuell

Zur Quelle wechseln
Author:

Teile den Beitrag mit Freunden
Werbung