Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Vorsitzende Markus Söder ist zuletzt damit im Gespräch geblieben, weil seine Tochter in einer TV-Show nicht wusste, wer Helmut Kohl ist. Söder hat aber auch zwei Söhne. Die sind heute 18 und 21 Jahre alt, also im besten wehrfähigen Alter. Irgendwo stand, sie seien sportlich, es besteht demnach grundsätzlich kein Problem für beide, eine Knarre zu halten und ein paar Russen totzuschießen.
Da hat der Papa aber keinen Bock drauf. Und er hat auch keinen Bock darauf, endlich alles – wirklich alles! – dafür zu tun, damit dieser wesentlich mit deutschem Steuergeld geführte Krieg endlich auf diplomatischem Wege zu Ende gebracht wird.
Es steht doch außer Frage: Wenn sich deutsche Regierungen mit dem gleichen Aufwand und Furor für eine Friedenslösung einsetzten, mit welchem sie den Krieg befeuern, rettete das Woche für Woche Hunderte, wenn nicht Tausende Leben. Aber sie wollen den Krieg um jeden Preis. Präziser: Sie wollen den Siegfrieden, Russland soll in die Knie gezwungen werden. Längst geistert die bedingungslose Kapitulation in den Köpfen der Sofakrieger aus Berlin, souffliert von einem kleinen Mann im Pullover aus Kiew.
Es ist eine einfache Rechnung, seit sich Menschen gegenseitig totschießen: Wer den Krieg will, der muss auch seine Söhne dafür hergeben. Aber wie viele Stunden, Tage oder Wochen überleben die Söder-Jungs im Schützengraben an der Ostfront? Und auf welche grausame Weise werden sie namenlos irgendwo da draußen verrecken? Werden sie noch ein paar Stunden schreien, immer wieder versuchen, ihre Därme zurück in den Körper zu drücken, oder ist das Schicksal gnädiger und tritt der Tod sofort ein, weil die Drohne über den Köpfen der Söderjungs keine halben Sachen gemacht hat?
Ja, das ist drastisch formuliert. Aber Hunderttausende ukrainische und russische Mütter, Väter, Großmütter, Großväter und Geschwister stellen sich seit über drei Jahren regelmäßig diese quälenden Fragen und bekommen selten Antworten. Und längst nicht jede Familie bekommt die sterblichen Überreste ihrer Jungs zurück. Zum militärischen Equipment gehören auch Kühlwagen, die Leichen oder was von den Gefallenen übriggeblieben ist, aus dem Kampfgebiet schaffen. Deutschland soll bereits hilfreich zehn solcher Kühlwagen in die Ukraine geliefert haben.
Der bayerische Ministerpräsident gab jetzt der Rheinischen Post ein Interview, als er sich in Nordrhein-Westfalen befand, um dort seinen Unions-Ministerpräsidenten-Kollegen Hendrik Wüst im Kommunalwahlkampf der CDU zu unterstützen.
Nach einer Reihe belangloser Aufwärmfragen wollte die Zeitung von Söder wissen:
„Sollte der Krieg in der Ukraine irgendwann enden – was sind die Pläne für die Ukrainer, die bei uns sind?“
Und Söder antwortete wörtlich:
„Ein Frieden ist derzeit nicht absehbar. Es ist daher legitim zu überlegen, wehrfähige Ukrainer in ihre Heimat zurückzusenden, um in ihrem eigenen Land für die Sicherheit zu sorgen. Zweitens: Das Bürgergeld führt dazu, dass wir im Vergleich zu anderen europäischen Ländern einen deutlich geringeren Anteil an Ukrainern haben, die in Arbeit sind. Das muss dringend geändert werden – nicht nur für neu ankommende Ukrainer.“
Will hier einer seine Jungs schützen, weil die eigene Politik droht, diese an der Ostfront zu verheizen in einem von den Söders dieses Landes finanzierten Blut- und Scheißegemetzel?
Söder weiß sehr genau, dass es rechtlich bisher unmöglich ist, diese theoretisch „Wehrfähigen“ – an anderer Stelle soll mal genauer über dieses zynische Wort nachgedacht werden – auszuliefern. Er formuliert diese Sauerei öffentlich, weil er damit den Druck auf geschätzt ein- oder zweihunderttausend männliche Ukrainer erhöhen kann und will.
Söder ist hier ganz nah bei der linksradikalen Ex-Bundesinnenministerin Nancy Faeser, die sich kurz vor Ende ihrer Amtszeit mit dem ukrainischen Vize-Präsidenten traf, um konkrete Maßnahmen zu besprechen, wie auch noch diese Männer an die Front getrieben werden können.
Die Bundesregierung knobelt seit Monaten daran, wie man es der Ukraine gestatten kann, auf deutschem Boden Behörden zu betreiben, die diesen Männern nachstellen können – Feldjäger einer fremden Macht gewissermaßen. Die deutschen Jobcenter sollen die Daten rausrücken, aber noch wird im Geheimen ausgedacht, wie man es rechtlich bewerkstelligen kann.
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So, wie schon der ukrainische Vize gegenüber Faeser in zynischer Weise eine Pseudo-Beruhigung für die friedliche deutsche Nachkriegsseele eingebaut hat, als er erklärte, wer partout nicht an die Front wolle, könne ersatzweise in die Munitionsfabriken – solche, die Rheinmetall dort gerade hochzieht – so bietet Söder den Männern den Ausweg, hier quasi in Zwangsarbeit zu gehen, wenn sie nicht abgeschoben werden wollen.
Man mag sich kaum vorstellen, welche Macht das deutschen Arbeitgebern gibt, die hier mit Daumen hoch oder runter – Job oder Kündigung – über das Leben von Hunderttausenden entscheiden. Für seine verstörenden Äußerungen muss Markus Söder frühzeitig zur Verantwortung gezogen und an seine beiden Jungs erinnert werden. Wer noch einen Funken Menschlichkeit in sich trägt, dem muss doch die Empörung überlaufen.
Unnötig zu erwähnen, dass Söder die Wehrpflicht will – das ist übrigens auch das mit Blut geschriebene Kainsmal auf der Stirn von Alice Weidel – bei Tino Chrupalla besteht aktuell noch Hoffnung, dass er diese unsägliche Verknüpfung von deutscher Kriegstreiberei in der Ukraine und Wiedereinführung der Wehrpflicht erkennt und letztlich ablehnt.
Aber der Bayer Söder will unbedingt. Er erwähnt zwar noch die „erforderliche Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag für eine Verfassungsänderung“, aber noch gebe es eine Sperrminorität von Linksaußen und Rechtsaußen. Zwar ist die Linke tendenziell gegen die Wehrpflicht, aber für eine entsprechende Gegenleistung verkaufen die Sozialisten auch ihre pazifistische Grundhaltung.
Was für eine düstere Ironie, wenn die Brandmauer zur AfD ausgerechnet dort fällt, wo es um die Wehrpflicht im Kontext Ukraine geht. Ist das die Idee von Alice Weidel? Dagegen spricht, dass die AfD schon vor dem Ukrainekrieg pro Wehrpflicht war. Die Idee, dass man pazifistisch und stolz auf sein Vaterland sein kann, ist am ehesten noch bei Tino Chrupalla und den AfD-Vertretern im Osten verortet. Aber Wetten sollte man auch hier keine abschließen.
Das milliardenschwere Engagement der Scholz- und Merz-Regierung im Ukrainekrieg basiert auf keinem Beistandspakt – der soll jetzt nachgereicht installiert werden – und auf einer Nato- oder EU-Mitgliedschaft sowieso nicht. Die offensichtliche Verweigerung, diesen Krieg auch über den Kopf von Selenskyj hinweg mit allen denkbaren diplomatischen Mitteln und Möglichkeiten zu beenden, ist der Blutsturz im Arbeitsbuch der Bundesregierungen.
Der Jurist Markus Söder weiß sehr genau, dass es rechtlich unmöglich ist, Ukrainer in den sicheren Heldentod zu schicken. Aber Söder findet nichts dabei, diese Menschen, wenn sie nicht freiwillig an der Front Suizid begehen, diesen eine Höllenangst zu bereiten, sie auszuhungern und ihnen alle Leistungen zu entziehen.
Söder will den Krieg, aber er will, dass die Söhne Russlands und der Ukraine verrecken, während Rheinmetall und die US-amerikanischen Konzerne auf diesen Leichenbergen das nächste Wirtschaftswunder errichten. Seine beiden Söhne will Söder aber nicht dafür hergeben. Irgendwer muss ja übrigbleiben und von diesem neuen Wirtschaftswunder profitieren. Die zerstörte deutsche Automobilindustrie wird bereits kriegstüchtig gemacht, VW soll Panzer herstellen, Volkswagen-MAN ist ebenso wie Mercedes schon länger aktiv im Bereich militärische Logistik- und Support-Fahrzeuge.
Söders BMW-Werke sind aber noch nicht so weit. Sie konzentrieren sich weiter drauf, gepanzerte Modelle für den Personenschutz zu bauen, damit Söder und seine Söhne weiter sicher durchs schöne Bayernland fahren können.
Es wird wieder Zeit, Menschen in den Kellern zu verstecken. Bevor es zu spät ist, muss dieser zivile Ungehorsam geplant und organisiert werden. Wo sind die NGOs, die Kirchen und Gewerkschaften? Die IG Metall hat zuletzt ihr Okay zur Kriegswirtschaft bei Volkswagen signalisiert. Söder sagte gegenüber der Rheinischen Post, es sei legitim zu überlegen, wehrfähige Ukrainer in ihre Heimat zurückzusenden, um in ihrem eigenen Land für die Sicherheit zu sorgen.
Legitim ist hier gar nichts. Legitim ist es, Söder an seine eigenen Söhne zu erinnern. Und wenn in den sozialen Medien jemand erklärt, bevor wir deutsche Söhne losschicken, sollen erst die Ukrainer dran glauben, dann ist der nicht besser als Söder. Der Grundgedanke ist hier nämlich falsch: Niemand soll in diesem Schießkrieg verrecken. Aber es waren oder sind Söder, Merz und Scholz, die diesen Krieg finanzieren, befeuern und nicht enden lassen wollen.
Immer klarer wird, dass es hier auch um Kriegsgewinne geht. Und es ist nur noch eine Randnotiz, dass es auch noch die Kriegsgewinne der anderen sind – hier vornehmlich der Amerikaner. Auch Trumps „Make America great Again“ hat seine Unschuld verloren.
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Author:
Alexander Wallasch