Von Kai Rebmann
Nicht wenige Berliner wähnten sich zum Jahreswechsel einmal mehr im Bürgerkrieg. Ganze Stadtteile waren fest in der Hand von Randalierern, die mit gezielten Angriffen auf Polizei und Rettungskräfte, aber auch mutwilliger Sachbeschädigung, für Empörung sorgten. Und wieder einmal tönte es mit Blick auf eine mögliche Bestrafung der Täter die üblichen Zusicherungen nach der „ganzen Härte des Rechtsstaats“ aus der juristischen wie auch politischen Gebetsmühle.
Geschehen ist seither – nichts. Zwar konnten „im Zusammenhang mit Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz“ und „Straftaten mit dem Tatmittel pyrotechnischer Gegenstand oder Rakete“, wie es in bestem Beamten-Deutsch heißt, nicht weniger als 670 Verdächtige ermittelt werden, denen mindestens 230 Ordnungswidrigkeiten und mehr als 1.450 Straftaten zur Last gelegt werden. Die Bilanz liest sich dafür umso ernüchternder: Bis heute kam es gerade mal zu zwei Verurteilungen zu Geldstrafen in Höhe von 50 Tagessätzen zu je 15 Euro bzw. 40 Tagessätzen zu je 40 Euro – gefühlten Freisprüchen also. Hinzu wurden in einer Hand voll Fällen im Zuge von Ordnungswidrigkeitsverfahren Bußgelder im Bereich zwischen 50 und 500 Euro verhängt.
Am „härtesten“ traf es dabei noch den Influencer Attalah Y., der mit einem gezielten Raketenschuss durch ein geöffnetes Fenster eines Kinderzimmers zweifelhafte Berühmtheit erlangte – und mit einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von sechs Monaten davonkam. Für Aufsehen hatte in den Tagen nach der neuerlichen Silvester-Schlacht eine Liste mit den Vornamen der Tatverdächtigen gesorgt, die an die Medien durchgestochen wurde, alsbald im Internet kursierte – und zu internen Ermittlungen bei der Berliner Polizei geführt hat.
Umfassendes Böllerverbot in den Niederlanden ab Silvester 2026/27
Besonders brisant: Nach offizieller Lesart sollte es sich bei nur etwas mehr als einem Drittel der Tatverdächtigen um Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit handeln, beim Rest demnach um solche mit deutschem Pass. Die oben erwähnte Namensliste legte jedoch umgehend nahe, was nicht zuletzt aufgrund der dazugehörigen Bilder ohnehin jeder ahnte: Die allermeisten Tatverdächtigen haben ganz offensichtlich einen Migrationshintergrund. Insofern spricht angesichts der aktuellen Einbürgerungspraxis in der Hauptstadt vieles dafür, dass sich diese ominöse Statistik in den kommenden Jahren weiter im politisch gewünschten Sinne wird aufhübschen lassen.
Oder aber es kommt an Silvester bald auch in Deutschland zu „holländischen Verhältnissen“. In den Niederlanden haben unlängst beide Kammern des Parlaments für ein umfassendes Verbot für das Abbrennen von Feuerwerkskörpern ab dem Jahreswechsel 2026/27 im privaten Rahmen gestimmt. Ausdrücklich begründet wurde dies mit der auch bei unseren Nachbarn seit Jahren eskalierenden Gewalt rund um den Jahreswechsel mit Übergriffen auf Polizei, Feuerwehr und Notärzte. Immer wieder würden Menschen durch schwere Böller verletzt oder getötet und teilweise mutwillig Brände gelegt.
Es versteht sich von selbst, dass der Vorstoß in den Niederlanden umgehend auch hierzulande aufgegriffen wurde. So forderten vor allem Tier- und Umweltschützer, aber auch Vertreter der Polizei, auch für Deutschland ein generelles Feuerwerksverbot insbesondere an Silvester. Auch beim jüngsten Gipfel der Innenminister vor wenigen Wochen stand das Thema auf der Tagesordnung, zu einer Einigung kam es aber (noch) nicht.
Was bei der ganzen Debatte – sowohl in den Niederlanden als auch in Deutschland – jedoch geflissentlich ignoriert wird: Es sind nicht die Böller an sich, die per se gefährlich sind, sondern die Menschen, die damit in unguter Absicht hantieren. Oder anders ausgedrückt: Einmal mehr sollen die Symptome bekämpft werden, aber bloß nicht die Ursachen.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
Bild: Screenshot Youtube
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