• 7. August 2025

Sieg für die Demokratie: Brosius-Gersdorf kapituliert – Verzicht einer hochumstrittenen Kandidatin

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Aug. 7, 2025

Frauke Brosius-Gersdorf erklärt heute in einem Schreiben, das über ihre Anwälte an offenbar politisch genehme, ausgewählte Medien wie die „Zeit“ verteilt wurde, ihren Verzicht auf die Kandidatur als Richterin am Bundesverfassungsgericht.

Die Juristin begründet ihren Schritt mit Äußerungen aus der Unionsfraktion im Bundestag, die ihr signalisiert hätten, dass ihre Wahl ausgeschlossen sei. Teile der CDU/CSU-Fraktion lehnten ihre Wahl kategorisch ab, was auch die Wahlchancen der beiden anderen Kandidaten gefährde, die sie schützen möchte.

Es müsse verhindert werden, so Frau Brosius-Gersdorf weiter, dass der von der gescheiterten Richterwahl im Juli entfachte Streit in der schwarz-roten Koalition eskaliere und eine Entwicklung in Gang gesetzt werde, deren Auswirkungen auf die Demokratie nicht absehbar seien.

Zwar würde ihr Verzicht viele Menschen enttäuschen, die ihr schriftlich ihre Unterstützung ausgesprochen hätten, doch Durchhalten mache nur Sinn, wenn es eine reelle Wahlchance gebe, die leider nicht mehr existiere.

Über die SPD-Bundestagsfraktion, die sie aufgestellt hatte, schreibt Brosius-Gersdorf, diese habe uneingeschränkt vor und hinter ihr gestanden. Für sie sei es eine Prinzipienfrage, dem Druck unsachlicher und diffamierender Kampagnen nicht nachzugeben. Dafür bedankt sie sich bei der SPD-Fraktion sowie bei den Fraktionen der Grünen und Linken, die sie ebenfalls unterstützt hätten.

Brosius-Gersdorf kritisiert die Vorbehalte der Unionsfraktion gegen ihre Kandidatur, die in ihrer vermeintlichen Haltung zum Recht auf Schwangerschaftsabbruch begründet seien. Der Unionsfraktion sei es nicht gelungen, sich mit ihren Themen inhaltlich auseinanderzusetzen.

Der ihr vorgehaltene Satz „Es gibt gute Gründe dafür, dass die Menschenwürdegarantie erst ab Geburt gilt“ sei durch Desinformation und Diffamierung geprägte Kampagnen zu einem Plädoyer für ein Recht auf Schwangerschaftsabbruch bis zur Geburt verzerrt worden, während er in Wirklichkeit eine juristische Begründung für den derzeit geltenden Rechtszustand sei, um unlösbare Konflikte zu Grundrechten der Schwangeren zu verhindern.

Die ablehnende Haltung von Teilen der CDU/CSU-Fraktion stehe im Widerspruch zum Koalitionsvertrag. Die Unionsfraktion habe sich darüber aber nicht mit ihr austauschen wollen: Eine Einladung zu einer Fraktionssitzung habe sie bis zuletzt nicht ausgesprochen.Die Verbreitung von Fakenews und Schmähungen im Internet sei kein neues Phänomen. Neu und bedrohlich sei jedoch, dass sich in sozialen Netzwerken organisierte und zum Teil KI-generierte Desinformations- und Diffamierungskampagnen Bahn brächen zur Herzkammer unserer Demokratie, dem Parlament.

Von politisch Verantwortlichen wie Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion könne erwartet werden, dass sie ihre Entscheidungen nicht auf Grundlage ungeprüfter Behauptungen fällten.Brosius-Gersdorf warnt vor Folgen der gescheiterten Richterwahl für das Verfassungsgericht. Es drohe eine nachhaltige Beschädigung des Verfahrens der Richterwahl, wenn sich die Politik von Kampagnen treiben lasse.

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Die entscheidende Frage nach der Kompetenz von Kandidatinnen und Kandidaten dürfe nicht von öffentlichen Diskussionen über vermeintliche politische Richtungen oder angebliche persönliche Eigenschaften überlagert werden, zumal wenn diese ohne Tatsachenbezug erfolgten. Die Richterwahl müsse künftig mit mehr Verantwortungsbewusstsein praktiziert werden.

Beginnen wir mit jenem Punkt, den Brosius-Gersdorf für sich geltend machen kann: Tatsächlich wurden zentrale Aussagen der 54-Jährigen zum Schwangerschaftsabbruch vielfach missdeutet. Hier kann durchaus eine Kampagne gegen den Wahlvorschlag behauptet werden, mit Blick insbesondere auf radikale katholische und freikirchliche Akteure, die die politische Debatte aufgenommen hatten.

So zentral dieser Aspekt für die Beurteilung sein mag, er bleibt bei weitem nicht das einzige Ausschlusskriterium für eine Verfassungsrichterin Brosius-Gersdorf. Sie dokumentiert es in ihrer in Richtung Union bitter und emotional gefärbten Verzichtserklärung selbst, wenn sie sich explizit bei den Grünen und Linken bedankt und hier ihrer eigentlichen politischen Gesinnung eine Plattform gibt – schon früher hatte sie aus ihrer Ablehnung der AfD keinen Hehl gemacht.

Jetzt also eine Art Outing, das jene Abgeordneten der Union bestätigt, die Brosius-Gersdorf nicht gewählt hätten, und jene beruhigt, die noch unsicher waren.Auch auf der Meta-Ebene ist diese eine Reihe kaum kaschierter persönlicher Empfindlichkeiten zeigende Verzichtserklärung auffällig: Brosius-Gersdorf beschreibt eine Kampagne gegen sie selbst, welche den Bundestag als „Herzkammer unserer Demokratie“ erreicht habe. Erstaunlich ist hier aber vor allem, dass dieses Phänomen eine Kreation der SPD, der Grünen und der Linken ist – der Union in Teilen:

Denn es waren die etablierten Parteien, die in den vergangenen zehn Jahren Kampagne um Kampagne gegen die AfD gefahren haben, welche in ihrem Ausmaß über ein milliardenschweres Vorfeld (etwa „Demokratie leben!“) und mit Hilfe politischer Verfassungsschutzämter, der öffentlich-rechtlichen Medien und regierungsnaher Leitmedien regelmäßig weit über jene Kritik hinausgeht, welche Brosius-Gersdorf hier dazu inspiriert, über ihre Person den Untergang des Abendlandes heraufzubeschwören.

Es ist sogar so: Mit dieser Verzichtserklärung hat Brosius-Gersdorf eindrucksvoll bestätigt, dass dieses Land recht getan hat, auf eine politische Verfassungsrichterin Brosius-Gersdorf zu verzichten. Ihr Scheitern ist nochmals ein eindrucksvolles Aufbäumen der Demokratie.

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Author:
Alexander Wallasch

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