Wie geht man damit um, wenn eine Redaktion nicht nur einen Fehler macht, sondern diesen Fehler auch noch stoisch ignoriert? Früher hätte ich gesagt: Das kann einem seriösen Medium nicht passieren – schon gar nicht der „Augsburger Allgemeinen“. Dort habe ich selbst meine ersten Schritte Ausbildung absolviert, und Fairness war ein eiserner Grundsatz, den man uns damals energisch beibrachte. Heute muss ich erleben, dass es offenbar keinen Wert mehr hat, wenn man einen klar belegbaren Fehler anspricht. Man wird behandelt wie ein Störenfried.
Konkret geht es um eine Falschbehauptung in einem Artikel vom 22. April 2025. Darin berichtete die Zeitung, mit Tagen Verspätung nach meiner Seite, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen mich wegen der unsäglichen Anzeige von Augsburgs rot-grüner CSU-Oberbürgermeisterin Eva Weber eingestellt hat. Dem Artikel war klar anzumerken: Dem Blatt, das agiert wie eine Pressestelle der CSU-Politikerin und massiv gegen mich hetzte, war die Einstellung bitter aufgestoßen – und man versuchte nun, nachzutreten.
In ihrem gehässigen Text (Details hier) schrieb die Zeitung unter anderem, ich sei als Beschuldigter „vernommen worden“. Das klingt nach Polizei, nach Verhör, nach einschüchternden Fragen. Die Realität war weit banaler: Mein Anwalt beantwortete einen Vernehmungsbogen. Kein Verhör, kein Gespräch, nichts. Ein sachlicher Fehler, leicht zu korrigieren. Ich habe in einem direkten Schreiben an die direkte Mail-Adresse von Chefredakteur Peter Müller höflich um eine Korrektur, vorzugsweise durch Abdruck eines Leserbriefs, gebeten. Das war vor drei Monaten. Seitdem: Schweigen. Keine Korrektur, keine Entschuldigung.
Hier der Leserbrief, den man offenbar für zu unbequem hält:
Leserbrief zu Ihrem Artikel vom 22.4.2025:
Fehler durch Einseitigkeit
Sie schreiben, ich sei als Beschuldigter „vernommen worden“.
Das klingt nach Polizei, Verhörraum und intensiver Befragung.
Tatsächlich erhielt ich lediglich einen Vernehmungsbogen, den mein Anwalt beantwortete.
Weder eine persönliche Vernehmung noch ein Verhör fanden statt.
Genauso tendenziös ist Ihre absurde Einordnung meiner Person als „rechter Blogger“.
Wer sich an klassischen journalistischen Prinzipien orientiert und kritische Fragen stellt, wird offenbar inzwischen pauschal politisch etikettiert und diffamiert. Das sagt mehr aus über Ihre Redaktion als über meine Arbeit.
Ihre Fehlinformationen wären leicht zu vermeiden gewesen – vorausgesetzt, es hätte den Willen zu fairer und sorgfältiger Berichterstattung gegeben. Sie hätten dazu nur das Prinzip anwenden müssen, stets beide Seiten anzuhören. Das war eine der ersten Lektionen meiner journalistischen Ausbildung – bei der Augsburger Allgemeinen. Doch genau dieses heilige Prinzip haben Sie ignoriert.
Wie schon in Ihrer ursprünglichen Berichterstattung sprachen Sie ausschließlich mit der CSU Oberbürgermeisterin, während ich als Betroffener gar nicht erst befragt wurde.
Ein Trost bleibt: Ihre Redaktion liest nach eigenem Bekunden aufmerksam meinen Newsletter – und nur so haben Sie von der Einstellung des Verfahrens gegen mich erfahren. Vielleicht klappt es ja beim nächsten Mal auch wieder mit Fairness und sauberer Recherche.
Zu meiner Zeit wäre das undenkbar gewesen – egal, von wem der Leserbrief kam. Wenn da so ein Schreiben an den Chef gekommen wäre, hätte der sich alles ganz genau angeschaut – und dass es keine Antwort gibt, wäre völlig undenkbar gewesen.
Aber der jetzige Chefredakteur, Herr Müller (https://x.com/petermueller9?lang=de) , kam vom „Spiegel“ und hat offenbar dessen hanseatische Arroganz nach Augsburg importiert. Auf der Website der „Augsburger Allgemeinen“ wird er genderkorrekt als „Autor*in“ tituliert. Gender-Groteske und journalistischer Niedergang in einem Screenshot. Zudem war er Redenschreiber für Ursula von der Leyen – also ein Mann mit politischem Spürsinn, aber offenbar ohne Gespür für journalistische Größe. Denn der Fehler wird nicht korrigiert. Der Betroffene nicht gehört. Der Brief nicht beantwortet. Die Kollegialität: gleich mit entsorgt.
Das ist ein journalistischer Offenbarungseid. Und ein menschlicher obendrauf.
Wenn unter Kollegen nicht einmal mehr ein klar belegbarer Fehler Anlass zur Reaktion ist, wenn selbst ein direkter Hinweis auf eine Falschbehauptung ignoriert wird, dann ist das nicht mehr nur unprofessionell – es ist ein Tiefpunkt an Anstand und Selbstachtung.
Die „Augsburger Allgemeine“ war einmal ein Haus, in dem journalistische Werte galten. Wer dort arbeitete, wusste: Fehler passieren – aber sie müssen korrigiert werden. Ich kann mich noch gut an meine alten Chefredakteure erinnern: gestandene Journalisten und Ehrenmänner, für die ich die Hand ins Feuer gelegt hätte. Kollegen wie Gernot Römer, Winfried Striebel oder Rainer Bonhorst – der heute für die „Achse des Guten“ schreibt und damit in den Augen seiner früheren Kollegen wohl genauso „böse“ und „rechts“ ist wie ich.
Heute ist das Führungspersonal aus anderem Holz geschnitzt. Oder besser: aus rot-grünem Wachs. Der Grund liegt auf der Hand: Die steinreiche Verlegerfamilie möchte dazugehören – zur besseren Gesellschaft, zu den geladenen Zirkeln und Stiftungsempfängen. Und da schmückt man sich heute lieber mit einem rot-grünen Chefredakteur als mit einem soliden, bürgerlichen Journalisten an der Spitze des eigenen Hauses.
Die Leser? Die mehrheitlich eher bürgerlich sind? Was kümmern die die Verleger! Die können ja weiter zahlen – oder eben nicht. Hauptsache, das Staatsgeld fließt.
Und so scheinen komplett andere Maximen zu gelten als früher: Haltung vor Wahrheit. Eitelkeit vor Verantwortung.
Vielleicht liegt genau darin das wahre Problem: Wenn der Chefredakteur einer Regionalzeitung sich nicht einmal mehr bemüßigt fühlt, auf eine sachlich begründete Kritik zu antworten, dann ist das kein Einzelfall – sondern ein Symptom. Für eine Branche, die sich immer öfter als moralische Instanz inszeniert, dabei aber Moral mit Selbstbeweihräucherung verwechselt – und selbst an der simpelsten Form der Fehlerkultur scheitert.
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