Es ist schön, wenn man den Tag mit einem herzlichen Lachen beginnen kann. Das war heute bei mir der Fall, weil die Überschrift meiner Frühstückszeitung lautete: „Scholz fordert Putin zu Friedensverhandlungen auf“. Donnerwetter, was haben wir doch für harte Jungs in politischen Führungspositionen: Scholz-Rivale Friedrich Merz will Putin ein 24-Stunden-Ultimatum stellen und danach Taurus-Marschflugkörper nach Kiew schicken, damit Parteifreund Roderich Kiesewetter lustvoll den Kreml kaputtschießen kann. Und der gescheiterte Kanzler Olaf Scholz liest dem Zaren endlich mal wieder telefonisch die Leviten! Da muss uns nicht bange werden ums Vaterland.
Genug der Ironie: Selbstverständlich war der Anruf von Scholz bei Putin nichts anderes als der Hilferuf eines Politikers, der um sein Amt kämpft und deshalb alle Register zu spielen bereit ist. Schließlich steht er nicht nur von Merz und den Springer-Medien unter Druck, auch die Wagenknechte sitzen ihm im Nacken, dazu die Umfrageergebnisse von Parteigenossen Boris Pistorius und die baldige Machtergreifung von Donald Trump sowieso. Da macht es sich nicht schlecht, die im Kanzlertresor verwahrte Telefonnummer Putins mit zittrigen Händen herauszuholen, um dem einheimischen Publikum zu zeigen: Ich tue was für den Frieden.
Wladimir Putin war höflich genug, um den Hörer nicht gleich wieder aufzulegen, als Scholz brav seinen Pflichtappell aufsagte. Danach aber bekam der Kanzler auch die russischen Vorstellungen zu hören, die Scholz übrigens mühelos in vielen Stellungsnahmen Putins hätte nachlesen können. Da beide Telefonierende wissen, dass Kanzler-Telefonate mit einiger Sicherheit von US-Geheimdiensten abgehört werden, wird nichts von irgendeiner Brisanz geredet worden sein. Dafür müsste Scholz schon nach Moskau fahren, wofür er aber kaum die Erlaubnis von Ukraine-Diktator Selensky bekommen dürfte.
Für die Russen war der Anruf von Scholz nur ein weiterer Beleg, dass der Westen, in den sich Deutschland gefesselt hat, irgendwie nach einem gesichtswahrenden Ausweg aus der Ukraine-Fall sucht. Für Scholz war es ein Wahlkampfmanöver, um sich vom kriegslustigen Unionskandidaten abzusetzen. Für die Deutschen, die Milliarde auf Milliarde Steuergeld nach Kiew schicken, ist das Telefonat ohne Belang. Sie können nur hoffen, dass Präsident Trump dem Elend bald ein Ende bereitet. Ob dann aber Scholz noch als Kanzler mit Putin telefonieren kann, ist mehr als ungewiss.
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Author: Gast Autor
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