Sanktionen sind ein ideologisch geladenes Thema.
Folglich haben angebliche wissenschaftliche Arbeiten, die sich um die „Folgen“ von Sanktionen kümmern, bei denen, die ideologisch an Dinge herangehen, leichtes Spiel: Bedienen die Ergebnisse deren Agenda, dann werden sie zustimmend verbreitet und die ideologische Agenda wird leicht dadurch bedient, dass man Tod als Ergebnis von Sanktionen, am besten den Tod von (Klein-)kindern als Ergebnis von Sanktionen behauptet.
Egal, auf welcher Seite des politischen Spektrums, egal, ob alternative oder Shitstreammedien, sie alle werden herbeieilen, um sich auf den angeblich wissenschaftlichen Köder zu stürzen und mit der geschwellten Brust dessen, der es immer schon gesagt hat, durch die Welt zu stolzieren, die errechneten Toten als Fanal vor sich hertragend und die Anklage zu führen. Etwa so:
Sicher, vermeintlich wissenschaftliche Arbeiten, die Sanktionen und Tod zum Gegenstand haben, bedienen ein Bedürfnis: Wer will nicht für sich in Anspruch nehmen, gegen den Tod von Menschen (es sei denn, es geht um Charlie Kirk) zu sein und als guter Mensch Sanktionen und den sie Verhängenden, die Schuld zuzuschieben.
Hinzu kommt, dass gerade in heutiger Zeit Sanktionen zu einem Instrument verkommen sind, das letztlich dazu dient, Tugend zu wedeln, bei denen, die sie z.B. in der Europäischen Union gegen Russland verhängen und insofern weitgehend ihrem ursprünglichen Sinn, der im Wesentlichen darin bestand, einem Rogue-Staat, die meisten davon fanden sich früher im Ostblock, von einem NATO-Staat aus gesehen oder in Afrika, von Ost und West aus betrachtet, zuweilen auch in Asien oder im Nahen Osten, die Mittel zu entziehen, um z.B. einen der Kriege gegen die eigenen Bürger zu führen, die in vielen Ländern bis heute so gerne geführt werden.
Wer hat etwas dagegen einzuwenden, Sanktionen gegen Idi Amin und sein Regime zu verhängen? Wem gehen Sanktionen gegen die Rogue-Staaten Somalia oder Iran zu weit? Wer will seine Steuergelder als Entwicklungshilfe nach Venezuela gebracht sehen, um dort einen kommunistischen Diktator und sein Regime zu unterstützen? Wer weiß noch, dass nach dem Zweiten Weltkrieg vor oder nach der Unabhängigkeit die militärischen Auseinandersetzungen in den Staaten Afrikas an der Tagesordnung waren. Bürgerkriege in Algerien und im Kongo in den 1950er/60er Jahren, in Äthiopien und Uganda in den 1970er/8oer Jahren, in Somalia und einmal mehr im Kongo, seit 1990. Rund 100 militärische Auseinandersetzungen im Land oder zwischen afrikanischen Staaten sind seit 1950 gezählt worden, wobei die Zählung auf Großereignissen, nicht auf lokalen Konflikten basiert. All das sind Ursachen für Tod, die in die Sterbestatistik eingehen. Und es sind Gründe, um Sanktionen zu verhängen, Sanktionen gegen Regime, die dem anderen Lager im Stellvertreterkrieg in Afrika zugerechnet wurden…
Von den Sanktionen der Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg bis in die frühen 2000er Jahre zu den Sanktionen, die heute von einer Klasse politischer Kasper als Allheilmittel und Surrogat für fehlende diplomatische Fähigkeiten eingesetzt wird, ist es so ein weiter Weg, dass schon die Idee, Sanktionen alle in einen Topf zu werfen und im Hinblick auf ihre Folgen zu untersuchen, ein methodischer Irrsinn sondersgleichen ist. Und dennoch ist es genau das, was die Autoren der folgenden Arbeit getan haben:
Der oben abgebildete Beitrag auf tkp, einer von mehreren in alternativen Medien, den wir herausgegriffen haben, basiert auf dieser Studie.
Und die Studie ist – Stammleser ahnen es bereits: JUNK!
Man muss gar nicht tief in die Methoden einsteigen, um zu sehen, dass der Versuch, Sanktionen über einen Zeitraum von 71 Jahren in einen Topf zu werfen, durchzuschütteln und mit Mortalitätsraten zu konfrontieren, nur im Kopf ideologischer Krieger als sinnvoll ausgegeben werden kann.
In wissenschaftlichen Köpfen meldet sich sofort die Instanz, die auf die Unmöglichkeit, Aggregattote, deren Todesursache nicht bekannt ist, eindeutigen Ursachen zuzuordnen. Ein Versuch, der schon bei Variablen in direkter Linie (z.B. bei Kriegen) sehr schwieirig bis unmöglich ist, der indes vollkommen absurd anmutet, wenn er für eine Variable mit bestenfalls indirekten Effekten vorgenommen wird: Denn wie hat man sich die Verbindung zwischen Sanktion und (Kindes-)Sterblichkeit vorzustellen? Versiegt die Muttermilch nach EU-Sanktionen oder werden Kleinkinder nach US-Sanktionen dem Gott der Prosperität geopfert, um bessere Zeiten herbeizuhexen? Wie ist die zeitliche Wirkung der Verheerung? Wirken UN-Sanktionen sofort tödlich oder erst nach drei Monaten, einem Jahr, fünf Jahren? Und: WIE wirken sie tödlich? Warum soll in Bozoum ein Kleinkind, nachdem in Brüssel Sanktionen verhängt wurden eher sterben als davor und warum sterben in Chinhoyi mehr Kinder nachdem die US-Regierung Sanktionen verhängt hat?
Wird Nahrung knapper?
Bricht die Versorgung zusammen?
Gibt es überhaupt Nahrung, die knapper werden, eine Versorgung, die zusammenbrechen kann?
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Das Mindeste, das man tun MUSS, um die Wirkung von Sanktionen zu analysieren, ist longitudinal zu forschen, die Zeit VOR den Sanktionen mit der Zeit NACH den Sanktionen zu vergleichen. Nur so kann man überhaupt damit beginnen, die vielen Effekte, die zu Tod führen können, auseinander zu klamüsern.
Indes, nichts davon haben Rodríguez, Rendón und Weisbrot, die ihr Brot, schwarz wie weiß, an der Universität von Denver und am Center for Economic and Policy Research (CEPR) verdienen, getan. Das CEPR, Weisbrot ist einer von zwei Gründern, ist ein anerkannter Linksausleger in der politischen Landschaft der USA, bekannt dafür, die Wirtschaftspolitik von Hugo Chavez, die aus einem reichen Land, Venezuela, ein bettelarmes Land gemacht hat, zu verteidigen, bekannt als Ort, an dem Joseph Stiglitz seine zunehmend weniger ökonomischen und zunehmend link(sextrem)en Ansichten verbreiten und als „Wissenschaft“ ausgeben kann. CEPR, nicht unbedingt die Quelle, aus der man erwartet hätte, dass sich alternative Medien speisen.
But here we are.
Rodríguez, Rendón und Weisbrot haben nicht nur nicht versucht, der großen Probleme, die ihr Forschungsgegenstand mit sich bringt, durch longitudinales Studiendesign mit einem vor- und nachsanktions Zeitraum Herr zu werden, sie haben zudem alles zusammengeworfen, Sanktionen, die im Zeitraum von 1951 bis 2021 angefallen sind, in einen Topf gestopft, Mortalitätsraten dazugepackt und alles verrührt, um es anschließend durch einen Filter abzulassen, der so aussieht:
mit=γkSit+βk + Xit+ηi+δt+εit
Das ist eine ziemlich einfache Regressionsgleichung die für mehrere Jahre (t), unterschiedliche Länder (i) und bestimmte Altersgruppen (k) den Zusammenhang zwischen Sanktionen (S), Kontrollvariablen (X), landesspezifischen Variablen (η), zeitspezifischen Variablen (δ) und Unerklärtem (ε) beschreibt. Nicht dass Sie nun denken, landesspezifische und zeitspezifische Variablen seien tatsächlich erhoben worden. Nein, das wäre zu kompliziert. Die entsprechenden „Variablen“ werden durch Verteilungen simuliert, von denen die Autoren denken, sie würden das, was sie nicht kennen, am besten abbilden. Besonders apart an dieser Gleichung ist die Tatsache, dass S(anktionen) lediglich die Werte O und 1 annehmen können, was die Multiplikation mit dem Achsenabschnitt (y), als Ausgangsmessung insofern aussagekräftig macht als sie den Sanktionen (Wert = 1) grundsätzlich einen Startvorteil verschafft. Sie starten weiter oben auf der y-Achse …
Aber wir wollen Sie nicht mit dem technischen Junk langweilen. Es reicht darauf hinzuweisen, dass die Autoren die direkten Ergebnisse aus der Anwendung dieser Gleichung in ihrem Text, der Veröffentlichung im Lancet gefunden hat, NICHT ausweisen. Man muss sie in den Supplementary Materials suchen…
Bleiben wir zunächst bei dem, auf das sich all diejenigen stürzen bzw. stürzen werden, die Studien nach ihrem ideologischen, nicht nach ihrem wissenschaftlichen Wert beurteilen:
„The largest incidence of global sanctions occurred in children younger than 1 year, followed by the 60–80 years age segment. Altogether, deaths of children younger than 5 years represented 51% of total deaths caused by sanctions over the 1970–2021 period. Note that most deaths (77% over the same period) were in the 0–15 years and 60–80 years age groups, implying that the bulk of the mortality effects falls on groups that are traditionally not in the labour force. Over time, deaths attributable to sanctions among younger age groups have decreased, whereas those for the older age groups have increased.“
Man kann den Aufrschrei bei den UNICEFS dieser Welt fast hören. Kinder sterben besonders häufig.
Indes: Erinnern Sie sich noch daran:
Das Live AID Konzert des Jahres 1985 im alten Wembley Stadium in London. Es war eine Reaktion auf die bis dato schlimmste Hungersnot in Äthiopien, die in den Jahren 1983 bis 1985 verheerende Ausmaße angenommen hat. Rund 1 Million Tote soll es in dieser Zeit in Wollo und Tigray gegeben haben, Folge von Dürre, Bürgerkrieg und einem Umsiedlungsprogramm der äthiopischen Regierung, die zur Flucht von rund 8 Millionen Menschen geführt haben, wobei die Dürre das geringste der drei Probleme gewesen ist. Als Folge der Katastrophe in Äthiopien, die Bilder der unterernährten und reihenweise versterbenden Kinder gingen damals um die Welt, verschlimmerte sich auch die Lage im Sudan (vor allem in Dafur), rund eine viertelmillion Tote sind dort dazu gekommen. Und natürlich gab es Sanktionen gegen die Regime in Äthiopien und im Sudan, die Krieg gegen die eigene Bevölkerung geführt haben. Wollte man wissen, welche der 1,25 Millionen Tote auf das Konto dieser Sanktionen gehen, man müsste die Kriegstoten und die Dürre-Opfer und die Opfer der Umsiedlungspolitik herausrechnen. Ein Unterfangen, das so aussichtslos ist, dass es nicht einmal Rodríguez, Rendón und Weisbrot in Angriff nehmen. Sie geben die Toten lieber gleich und allesamt als Ergebnis von Sanktionen aus. Indes muss man ihr Vorgehen als Betrugsversuch werten, wenn man sich die Mühe macht, das, was die Autoren im Text nicht veröffentlichen, in den Supplementary Materials nachzulesen. Dort findet sich unter anderem die folgende Tabelle:
Abgebildet sind die Ergebnisse von sechs Regressionen, in denen nicht nur die Sanktionen, von UN, EU oder den USA verhängt (global sanctions), beinhaltet sind, sondern eine Reihe von Kontrollvariablen, zu denen wir gleich kommen. Zunächst wollen wir darauf hinweisen, dass in den sechs Modellen offenkundig etwas durch sich selbst erklärt wird, denn eine erklärte Varianz von >92% kann nur so interpretiert werden, dass unabhängige und abhängige Variablen dasselbe messen.
Jenseits davon sieht man, dass die Mortalität von der Höhe des Einkommens, dem Ausmaß der Verstädterung, einer geringeren „dependency ratio“ und der Frage, ob es einen Krieg gibt oder nicht, beeinflusst wird. Wenig verwunderlich steigt die Sterblichkeit, wenn es einen Krieg gibt und noch weniger verwunderlich steigt die Kindersterblichkeit, wenn es MEHR KINDER gibt (ausgedrückt in der Dependency Ratio, die den Anteil der nicht erwerbstätigen Bevölkerung Kinder und Alte der erwerbstätigen Bevölkerung im Alter von 15 bis 65 Jahren gegenüberstellt). Eine klassische Ringmessung, ein Modell das zeigt, dass der Löscherfolg letztlich über die eingesetzte Menge an Löschmittel unter Kontrolle von Wasserdruck und Anzahl der Wasserschläuche erklärt werden kann.
Blödsinn im Quadrat, aber Blödsinn, der ideologische Vorlieben bedient und deshalb Verbreitung findet.
Tragen wir noch ein paar Dinge nach, die von Rodríguez, Rendón und Weisbrot in ihrer bornierten Sichtweise auf UN, EU und US-Sanktionen unterschlagen werden. Die folgende Abbildung zeigt BILATERALE Sanktionen zwischen Ländern, wie sie 2015 in Kraft waren. Wie man sieht, wird die größte Anzahl von Saanktionen von Afrikanischen Staaten gegen andere Afrikanische Staaten verhängt. Aber offensichtlich üben diese Sanktionen im Kopf von Rodríguez, Rendón und Weisbrot keinerlei Einfluss auf die Sterblichkeit aus, woraus man den Schluss ziehen muss, dass ausschließlich Sanktionen von EU, US und UN Killer sein können, während afrikanische Staaten nicht einmal Sanktionen auf die Reihe bekommen.
Übrigens hat sich, wenn es um Sanktionen geht, zwischen 1975 und 2015 bzw. heute wenig verändert, wie die folgenden Abbildungen zeigen:
Und wenn wir schon dabei sind: Eingangs haben wir darauf hingewiesen, dass Sanktionen vom Versuch, ein korruptes Regime daran zu hindern, mit westlicher Hilfe die eigene Bevölkerung oder die des Nachbarstaates zu ermorden, zum politischen Instrument, in der Absicht eingesetzt, größtmöglichen ökonomischen Schaden zuzufügen, verkommen sind. Die folgende Abbildung zeigt das in sehr anschaulicher Weise:
Sanktionen sind vor allem für europäische Polit-Darsteller zum Surrogat für Leistung und Krieg verkommen. Per Sanktion versuchen sie ihre Hilf- und Kompetenzlosigkeit und ihre Unfähigkeit zur Diplomatie zu vertuschen.
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Author: Michael Klein
Michael Klein