Kurze Version
Will uns Nius-Chef Julian Reichelt zu Nachfahren von Michael Kohlhaas machen, der für Gerechtigkeit wütete? In einem Leitartikel stellt er sich als Opfer der „lügenlinken Cancel Culture“ dar. Doch er erinnert an Katrin Göring-Eckardt, die Anfeindungen beklagt, während ihre Kreise gewalttätige Antifa fördern. Reichelt schreibt: „Wir Vernünftigen sahen es kommen, wir Mutigen benannten es.“ Aber wo war er mutig? Als er mit „Bild“-Chef Kai Diekmann Merkels Massenzuwanderung propagandistisch unterstützte? Selbst Ulf Poschardt wirft ihm die „Welcome-Refugees“-Kampagne als Pull-Faktor vor. Beide zeigen auf andere, Brandstifter als Feuerwehr.
Autor André Knips fordert Demut: „Die Erinnerung an Ihre Vergangenheit bleibt.“ Ich schrieb: „Milde können ‚Täter‘ nicht einfordern.“ Reichelt fordert Milde, zeigt auf andere: „So viele lagen falsch, Corona war traumatisierend.“ Er hätte sagen sollen: „Ich habe mitgemacht.“ Stattdessen inszeniert er sich als Opfer. Wer ihn für seine Kampagnen kritisiert, ist für ihn „links“. Reichelt ist nicht nur Göring-Eckardt, sondern auch Wagenknecht mit Bewegungsaufrufen. Er ist Journalist, doch Vierte Gewalt muss verdient sein. Sein Text ist beschämend, weil er seine Rolle seit 2015 nicht aufarbeitet. Ich habe nicht mitgemacht, baute Tichys Einblick auf, arbeitete bei Reitschuster. Reichelts „Cancel Culture“-Klage ist Täter-Opfer-Umkehr. Mein Brief an ihn blieb unbeantwortet: „Mach reinen Tisch!“ Er schuldet uns seine Geschichte.
Will uns Nius-Chef Julian Reichelt alle zu Nachfahren von Michael Kohlhaas machen? So kommt es mir jedenfalls vor. Kohlhaas wurde Unrecht getan, und er wütete und wütete und wütete, um es auch jedem klarzumachen. Heinrich von Kleist hat seinem Gerechtigkeitswüterich den Satz sagen lassen:
„Es soll Gerechtigkeit geschehen, und gehe auch die Welt daran zugrunde!“
Aber was hat das mit Reichelt zu tun? Der schrieb jetzt einen Leitartikel, in dem er sich selbst zum Opfer des Systems erklärte, zum Leidenden, zum Verbitterten „einer brutalen Ungerechtigkeit der lügenlinken Cancel Culture“, wie er es nennt.
Zu seinem Artikel im Detail gleich mehr. Mir ist beim Lesen des Reichelt-Textes zuerst Katrin Göring-Eckardt eingefallen. Die hatte nämlich zuletzt in einem Podcast davon berichtet, wie Politiker wie Kevin Kühnert und sie selbst massiv angefeindet und angegriffen werden. Schwarz ist weiß, hell ist dunkel – das ist die Welt von 1984.
Denn Göring-Eckardt weiß natürlich ganz genau, dass sich ihresgleichen auf der Straße eine gewalttätige Antifa herangezüchtet hat, die oppositionelle Politiker und Medienvertreter aufsucht, bedroht und den Hammer herausholt. Oppositionelle Demonstrationen werden immer von diesen Prügelgarden begleitet. Viele trauen sich deswegen nicht mehr auf die Straße. Die Parteigenossin Künast hatte im Bundestag einmal eine Subventionierung dieser modernen SA verlangt. AfD-Politiker sind seit Jahren überwiegend Ziel von gewalttätigen Attacken, aber Göring-Eckardt macht sich zum Opfer.
Daran musste ich beim Lesen von Reichelts Leitartikel denken. Aber warum? Reichelt schreibt:
„Wir Vernünftigen haben es kommen sehen, wir Mutigen haben es ausgesprochen und benannt, wir haben zu oft einen hohen Preis dafür bezahlt, jetzt kommt der schwierigste Teil: den Sieg gestalten, ohne in nachtragende Wut zu verfallen.“
Reichelt ist Göring-Eckardt! Wo war Reichelt vernünftig, wo war er mutig? Etwa als er gemeinsam mit „Bild“-Chef Kai Diekmann den inoffiziellen wirkmächtigen Propagandachef für Angela Merkels illegale Massenzuwanderung gemacht hat, die bis heute anhält?
Selbst Reichelt-Intimus Ulf Poschardt, Herausgeber der Welt, kommt in seinem Buch „Shitbürger“ nicht umhin, Diekmann und Reichelt ihre „Welcome-Refugees“-Kampagne als Pull-Faktor dieser Massenzuwanderung von überwiegend muslimischen jungen Männern vorzuhalten.
Auch Poschardt ist Göring-Eckardt. Und ebenso wie Reichelt ist der Welt-Herausgeber ein ausgewiesener „Shitbürger“, der auf andere mit dem Finger zeigt und „Shitbürger!“ ruft. Der Brandstifter als Feuerwehrmann. Keine Sorge, zu den jüngeren Verdiensten von Reichelt kommen wir noch.
Der kluge Autor André Knips schrieb dazu gestern auf X:
„Und doch – so viel Licht auch jetzt von Ihrer Arbeit ausgeht, die Erinnerung an Ihre Vergangenheit bleibt nicht stumm. (…) Auch Sie waren Teil der Chöre, die der Pharmaindustrie und den Dogmen der Angst ihre Stimme liehen.“
Demut fordert Knips ein. Er formuliert es milde, aber auch Knips ist in der Rolle ein sanfter zwar, aber doch ein Nachfahre von Kohlhaas. Knips endet mit dem Satz:
„Wer einmal gefallen ist und dennoch den Mut gefunden hat, neu zu bauen, darf nie vergessen, wie dünn das Eis unter den Füßen bleibt – für uns alle.“
Illegale Massenzuwanderung, Corona-Regime, Ukraine-Krieg – ich schrieb gestern via X dazu unter anderem:
„Milde kann man als ‚Täter‘ nicht einfordern – das müssen die Opfer anbieten.“
Warum schrieb ich das? Weil Reichelt in seinem Leitartikel „sieben Regeln für den Sieg über die Verrückten im Kulturkampf“ aufgestellt hat und eine davon die Überschrift trägt: „Milde walten lassen!“
Und da passiert etwas Ungeheuerliches, das jeden Vergleich von Reichelt mit Göring-Eckardt zwingend macht, wo ausgerechnet Reichelt mit dem Finger auf andere zeigt und schreibt:
„So viele lagen falsch, so viele haben mitgemacht, so viele haben sich der kollektivistischen Drangsalierung erst angeschlossen und dann mitgemacht. Corona war das mit Abstand traumatisierendste Beispiel für jeden freiheitsliebenden Menschen. Nichts hat das Vertrauen in den Staat und die Gesellschaft so erschüttert wie Corona, aber auch die sozialistische Verarmungsbewegung namens Klima und die Migrationspolitik waren und sind gruselige Beispiele des Wahns.“
Es ist an Tragik schwer zu überbieten! Es wäre souverän und menschlich und journalistisch einwandfrei gewesen, wenn Reichelt so begonnen hätte: „Ich habe mitgemacht …“ Aber anstatt um Milde für sich selbst zu bitten, inszeniert er sich als Opfer und bittet um Milde für jene, zu denen er nicht gehören will.
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Es ist tatsächlich bestürzend, wie durchsichtig Reichelts Vorhaben hier wird, wenn er quasi aus dem Blickwinkel der Opfer, der ihm nicht zusteht, erklärt, wie mit den Tätern zu verfahren sei:
„Es bringt nichts, gegen alles und jeden, gegen jede kleinste verfehlte Äußerung zurückzuschlagen, alles nachzutragen, unerbittlich und unversöhnlich zu sein. Es gab Protagonisten und Mitläufer. (…) Für Mitläufer braucht es die Möglichkeit der gesichtswahrenden Rückkehr. Straflager-Phantasien sollten wir allein den Linken überlassen, sie haben genug davon.“
Wer Reichelt für seine Refugees-Welcome-Kampagne, für seine Haltung im Corona-Regime und seine unklare Haltung zum Ukraine-Krieg kohlhaast, muss also eine linke Socke mit Straflagerfantasien sein? Pfui!
Reichelt baut offenbar auf jene neuen Leser, die sich nicht mehr an den alten Reichelt erinnern. Reichelt arbeitet weiter mit Kampagnen und Bewegungen, Reichelt ist nicht nur Göring-Eckardt, er ist hier auch Sahra Wagenknecht!
Da ploppt bei Nius immer so ein Pop-up-Fenster mit Reichelt-Porträt auf, das mich auffordert, „Teil einer Bewegung“ zu werden. Das hatte zuletzt Sahra Wagenknecht versucht, als sie vor der Gründung des BSW die Bewegung „Aufstehen“ gründete.
Aber Reichelt ist kein Politiker, er ist Journalist! Und in der Rolle vom Grundgesetz mit besonderen Rechten ausgestattet als Vierte Gewalt. Aber diese Sonderrechte kann es nicht zum Nulltarif geben, die muss man sich verdienen!
Reichelt-Kumpel Poschardt hat in der Rolle des Springer-Journalisten eine Waffen- und Milliarden-Beschaffungskampagne für die Ukraine inszeniert und wurde dafür von Selenskyj mit dem Verdienstorden ausgezeichnet.
Und ganz ohne Kohlhaas an der Seite: Was Reichelt gestern mit seinem Text versucht hat, ist beschämend. Nicht einmal deshalb, weil er hier Ulf Poschardt als Welt-Herausgeber nacheifern wollte und beide Sehnsucht nach den viel zu großen Fußstapfen des viel zu früh verstorbenen FAZ-Herausgebers Frank Schirrmacher haben – diesem Giganten gegenüber sehen wir Winzlinge!
Nein, Reichelts Text ist beschämend, weil er sich ein ums andere Mal davor drückt, endlich einmal seine Rolle in den Jahren nach 2015 aufzuarbeiten, bevor er mit dem Finger auf andere zeigt und sich selbst in eine Opferrolle stellt, die dem Springer-gepuderten nun weiß Gott nicht zusteht.
Wenn Reichelt schreibt: „So viele lagen falsch, so viele haben mitgemacht, so viele haben sich der kollektivistischen Drangsalierung erst angeschlossen und dann mitgemacht“, dann kann ich mit gutem Gewissen erwidern: Nö, ich habe nicht mitgemacht. Ich habe keine Regierungskampagnen gemacht und meinen Beruf nicht verraten.
Ich habe stattdessen ab 2015 Tichys Einblick mit aufgebaut und dort bis 2021 weit mehr als eintausend Artikel geschrieben. Anschließend habe ich bei Reitschuster mitgetan, diesem Leuchtturm der kritischen Corona-Berichterstattung. Ich habe einfach meine Arbeit gemacht! Und ich habe diese Arbeit gemacht, weil es nötig war, weil wir auch den regierungsnahen Polit-Kampagnen eines Julian Reichelt etwas entgegensetzen mussten!
Wenn uns Julian Reichelt heute Sätze wie diesen hier entgegenschleudert:
„Die brutale Ungerechtigkeit der lügenlinken Cancel Culture, all die Verletzungen, Verleumdungen und Verluste, die man erlitten hat …“,
dann ist das die bewusste Täuschung seiner Leser, dann ist das eine unanständige Anmaßung – sogar eine Täter-Opfer-Umkehr!
Ich habe Julian Reichelt im Januar einen sehr milden offenen Brief geschrieben mit der sehr milden Überschrift:
„Nie warst Du so wertvoll wie heute: Mach endlich reinen Tisch!“
Ich habe keine Antwort erwartet, es kam auch keine. Stattdessen will Reichelt jetzt so sein wie Roland Tichy – am Personal hat er sich ja hinlänglich bedient – und erlebt in der Konsequenz seinen kafkaesken Moment – ich habe kein Mitleid! Julian Reichelt liegt auf dem Rücken und ist Göring-Eckardt, während sein fleißiger Nius-Redakteur Julius Böhm bei Nius-live neulich auf fast rührende Art und Weise versuchte, die Stille und das Schweigen seines Chefs zu durchbrechen, als er nach Worten suchend meinte, die Welcome-Refugees-Kampagne von Reichelt sei doch nur deshalb entstanden, weil Assad seine Leute mit Giftgas umgebracht hatte oder so ähnlich. Der Arme.
In meinem offenen Brief schrieb ich damals an Julian Reichelt und es gilt bis heute:
„Du bist heute sehr vielen Menschen deine Erzählung dieser Entwicklung schuldig! Der Grund ist so einfach wie einleuchtend: Deine Propaganda für Springer und die Merkel-Regierung ab 2015 und in den Jahren darauf war Steigbügelhalter einer massiven Diffamierungskampagne gegen die Neuen Medien.“
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Author:
Alexander Wallasch