Die Meldung ist kurz. Zu kurz. „Verfassungsbeschwerde gegen Rettungsdienst-System“ titelt die „Zeit“ – als wäre das bloß ein abstraktes Verwaltungsproblem. Dabei geht es um Menschen, die sterben, weil niemand mehr kommt, wenn sie den Notruf wählen.
Die Björn-Steiger-Stiftung – ein Urgestein der deutschen Notfallhilfe – schlägt Alarm: In mehreren Bundesländern wird die im Grundgesetz garantierte Versorgung der Bevölkerung im Notfall de facto nicht mehr erfüllt. Notärzte fehlen, Einsatzzeiten werden überschritten, Kliniken schließen, Personal kündigt. Die Stiftung sieht sich gezwungen, den Staat beim Bundesverfassungsgericht zu verklagen – weil er seine grundlegendste Pflicht nicht mehr erfüllt: Leben zu retten.
Aber kein Grund zur Sorge. Deutschland hat schließlich andere Probleme. Zum Beispiel den „Kampf gegen rechts“. Mehr als eine Milliarde Euro gibt die Bundesregierung dafür aus. Nicht etwa für Krankenhäuser, Schulen, Polizei oder Gerichte – sondern für „zivilgesellschaftliche Initiativen“, deren inhaltliche Kriterien oft schwammig bleiben. Hauptsache, es wird „Haltung“ an den Tag gelegt. Dann fließt das Geld wie Sekt auf einem NGO-Empfang. Und CDU/CSU machen da jetzt munter mit laut dem neuen Koalitionsvertrag, der Programme gegen Rechtsextremismus ausdrücklich unterstützt und damit eine Entwicklung weiterführt, die sie früher selbst noch kritisch sahen. Und deren Opfer sie gerade erst wurden, als ein staatlich mitfinanzierter Mob ihre Mitglieder terrorisierte und Geschäftsstellen attackierte.
Kein Arzt, aber Haltung
Man kann sich die Szene gut vorstellen: Ein Mann bricht auf offener Straße zusammen, jemand ruft den Notruf – doch der Wagen kommt nicht. Zu wenig Personal, zu lange Wege, zu wenig Geld. Gleichzeitig sitzt eine Arbeitsgruppe im Ministerium zusammen und entwirft ein neues Förderprogramm gegen „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“. Mit Workshops, Leitfäden und „Empowerment“-Projekten für junge Aktivisten.
Das ist keine Satire, sondern die Wirklichkeit eines Landes, das seine Prioritäten verloren hat. Während Rettungssanitäter unter Mindestlohnbedingungen schuften, werden linke angebliche „Nichtregierungs-Organisationen“ (NGOs) mit Millionen gefüttert. Während Notärzte aufgeben, weil sie keine Kraft mehr haben, wird das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ aufgestockt. Dank Friedrich Merz und Markus Söder. Und während die Menschen am Mangel ersticken, verkündet Innenministerin Nancy Faeser mit stolz geschwellter Brust, wie wichtig es sei, „Hass im Netz“ zu bekämpfen.
Dabei funktioniert nicht einmal mehr der Polizeinotruf zuverlässig: In Berlin wurde bei hoher Belastung bereits eine Wartezeit von bis zu elf Minuten gemessen, ehe überhaupt jemand abhebt. Bei einem Notruf. Das ist kein dystopisches Planspiel – das ist Realität in der Hauptstadt.
Niemand bestreitet, dass es Rechtsextremismus gibt. Niemand will, dass Menschenrechte untergraben werden. Aber wenn ein Staat nicht einmal mehr die körperliche Unversehrtheit seiner Bürger garantieren kann – wozu braucht es dann noch Demokratieprogramme?
Die Reichen ins Flugzeug, die Armen in den Tod
Was in Großstädten noch einigermaßen funktioniert, ist auf dem Land längst jenseits der Belastungsgrenze. Patienten müssen stundenlang auf eine Einweisung warten, Rettungswagen fahren zu weit, zu spät oder gar nicht mehr. Wer Geld hat, organisiert sich privat. Wer arm ist, hat einfach Pech – oder stirbt.
Schon 2022 schlug der Berliner Notarzt Janosch Dahmen Alarm: In Städten wie Berlin herrsche bereits regelmäßig Ausnahmezustand. Rettungswagen stünden stundenlang vor Notaufnahmen, weil keine Betten mehr frei seien – während gleichzeitig Bagatelleinsätze den Betrieb blockierten (siehe hier). Strukturelle Reform? Fehlanzeige.
Gleichzeitig wird mit Steuergeldern ein ideologischer Apparat gefüttert, der unter dem Deckmantel der Toleranz längst selbst zur Gefahr geworden ist: zur Gefahr für genau diese Toleranz, zur Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, zur Gefahr für Meinungsfreiheit – und zur Gefahr für die Vernunft.
Denn wie soll man es anders nennen, wenn der Staat lieber in Haltung investiert als in Heilung? Wenn linke Aktivisten problemlos Fördermittel erhalten – aber eine Notaufnahme aus Personalmangel schließt? Wenn ein Staat Unsummen für politische PR ausgibt, aber seine Bürger beim Infarkt alleine lässt?
Verlorene Bodenhaftung
Es geht nicht um Links oder Rechts. Es geht um Oben und Unten. Um eine politische Klasse, die sich in moralischer Selbstgefälligkeit eingerichtet hat – und dabei das vergisst, was einst den Kern staatlicher Legitimität bildete: Sicherheit, Versorgung, Daseinsvorsorge.
Der Weg zurück zur Vernunft wäre einfach. Man müsste nur zuhören. Nicht den Parteitagsreden, nicht den Empörungsprofis, sondern jenen, die draußen die Trage heben. Die nachts um drei ins Blaulicht steigen. Die ihre Pausen opfern, um Menschenleben zu retten – ohne Förderung, ohne Haltungspreis, ohne Hashtag.
Aber danach sieht es nicht aus. Die Verfassungsbeschwerde wird kommen. Vielleicht sogar ein Urteil. Doch bis dahin wird es weiter Menschen geben, für die der Krankenwagen zu spät kommt. Und niemand wird sagen können: Wir haben es nicht gewusst.
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