Bonn (ots)
In der Sendung „phoenix persönlich“ spricht Inga Kühn mit dem Historiker Andreas Rödder über seine Erwartungen an eine Regierung von Friedrich Merz, über Asyl- und Einwanderungspolitik, den Umgang mit der AfD und seinen Blick auf Donald Trump.
„Mir ist sogleich aufgefallen, dass Friedrich Merz sich auch nicht um Quoten gekümmert hat, sondern dieses Kabinett offensichtlich nach Köpfen zusammengestellt hat und nicht nach Proporz und Quoten. Und das finde ich eigentlich eine gute Nachricht“, sagt der Historiker Andreas Rödder, der an der Universität Mainz den Lehrstuhl für Neueste Geschichte hält und von 2022 bis 2023 Vorsitzender der CDU-Grundwertekommission war. Mit Karsten Wildberger, Wolfram Weimer und Katherina Reiche seien drei Personen in der Ministerliste, die „nicht aus dem innersten Politikbetrieb der Fraktion oder der Partei kommen“, so Rödder weiter. „Das ist ein Kabinett, dem man jetzt erst mal Kredit geben muss und das jetzt mal loslegen muss.“ Er habe die Hoffnung, „dass diese Regierung jetzt mit den Köpfen in die Richtung geht, die die Wähler der CDU von der CDU oder von der Union auch erwartet haben.“
In der Migrationspolitik müsse ein „substanzieller Wechsel“ stattfinden, sagt Rödder, der auch Leiter der liberal-konservativen Denkfabrik R21 ist. Dies würde bedeuten, „dass wir endlich dazu kommen, Flucht und Asyl, Migration auf der einen Seite und Einwanderung auf der anderen Seite voneinander zu unterscheiden, weil beides ganz unterschiedlichen Logiken folgt. Die Flucht, Migration folgt der Logik des Flüchtenden und seinen Rechten auf Schutz. Die Einwanderung folgt den Interessen der aufnehmenden Nationen an Fachkräften. Und wenn man auf die Idee käme, das mal wirklich konsequent zu trennen und nicht nur immer durcheinander zu werfen, dann könnten wir ein konzentriertes humanitäres Asylrecht auf der einen Seite betreiben und zugleich eine konstruktive Einwanderungspolitik, die unser Land ja auch dringend braucht, auf der anderen.“
Mit Blick auf den Umgang mit der AfD, erklärt Rödder, dass der künftige Unions-Fraktionschef Jens Spahn eine „überfällige Diskussion“ angestoßen habe und er die Rede von der Brandmauer für „unterkomplex“ halte, weil sie Menschen „pauschal und generell“ ausschließe.“Deswegen habe ich schon vor einiger Zeit vorgeschlagen, keine Brandmauern zu bauen, sondern rote Linien zu ziehen. Rote Linien, die Themen markieren, die auch radikale Personen markieren und die einen Habitus der Verächtlichkeit markiert und sagt: Hier ist die rote Linie, jenseits derer wir als Demokraten nicht sprechen. Aber diesseits dieser roten Linie sollten wir miteinander im Gespräch sein und genau die demokratische Auseinandersetzung führen, die die Demokratie verdient und von der die Demokratie auch lebt.“
Bei der Betrachtung der Politik Donald Trumps mahnt Historiker Rödder zu Differenzierung: „Wenn wir in Deutschland über die USA und über Trump reden, dann sind wir da mit einem Maß an Herablassung und an Überlegenheitsgefühl im Gange, wo ich mir denke, Freunde, machen wir uns doch mal klar, wer hier eigentlich wo steht. Und Trump ist total disruptiv, auch sehr erratisch im Auftreten, der hat einen ganz eigenen Politikstil.“ Diese Art der Außenpolitik, Selenskyj im Oval Office zu demütigen und dann die große Versöhnungsgeste im Petersdom zu inszenieren, falle aus jedem Lehrbuch der Diplomatie. „Aber ich glaube, wir tun gut daran, jetzt uns nicht einfach darüber zu erheben, sondern das Ganze differenziert zu betrachten.“
Pressekontakt:
phoenix-Kommunikation
Telefon: 0228 / 9584 192
[email protected]
Twitter.com: phoenix_de
Original-Content von: PHOENIX, übermittelt durch news aktuell
Zur Quelle wechseln
Author: