• 5. Dezember 2024

Osteuropa vor Erschütterungen

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Dez 4, 2024

Der Sensationssieg eines rechtskonservativen Politikers in Rumänien, der am Sonntag bei der Stichwahl sogar Präsident seines Landes werden könnte, hat ein Schlaglicht auf die Situation in Osteuropa und der EU geworfen. Die Unzufriedenheit und wirtschaftliche Unsicherheit in den früheren Mitgliedern des Warschauer Pakts und anderen Staaten wächst. Die guten Jahre dort gehen zu Ende, für viele Osteuropäer hat es diese ohnehin nie gegeben. Denn unzählige Menschen aus diesen Ländern mussten sich in Westeuropa mehr oder weniger schlecht bezahlte Arbeit suchen, um sich und ihre Familien zu ernähren.

In Deutschland dürfte es kaum eine Großbaustelle geben, in der Rumänen, Bulgaren oder Arbeiter aus den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens nicht beteiligt sind. Was in der Brüsseler EU-Ideologie als „Freiheit“ und „grenzenlose Mobilität“ von Arbeitskräften gefeiert wird, war und ist für Menschen aus Osteuropa harte Maloche fern der Heimat. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass der neue Favorit auf die Präsidentschaft in Rumänien besonders viele Stimmen von seinen in Westeuropa lebenden Landsleuten bekam. Es war gleichzeitig eine Misstrauenserklärung gegen jene politischen Kreise in Bukarest, die sich an EU-Subventionen bereichern.

Nach der Befreiung von der sowjetischen Dominanz ab 1990 haben die osteuropäischen Staaten ihr Heil in der Mitgliedschaft in der EU und der NATO gesucht. Das hat ihnen auch lange nicht erkennbar geschadet, ihre Ökonomien verzeichneten Wachstum. Doch sie waren wirtschaftlich vor allem abhängig vom Westen, insbesondere von Deutschland. Diese Abhängigkeit wird in der jetzigen Krise hierzulande, in Frankreich oder England zum großen Nachteil für die Osteuropäer. Und noch etwas anderes kommt hinzu: Die Lebenschancen für die neuen Generationen dort sinken.

Hatten die noch im Kommunismus aufgewachsenen Osteuropäer meist ein gutes Bildungs- und Ausbildungsniveau, so ist dieses in den letzten Jahrzehnten gesunken. Zwar geht es den Mittelschichten dieser Länder meist besser als vor 1990, doch die Zahl des sozialen Prekariats wächst, was folgerichtig zu Unzufriedenheit führt. Wachsen tut auch die Verschuldung in Ungarn, Polen, der Slowakei oder Rumänien. Die EU-Mitgliedschaft schützt davor nicht. Und die Beteiligung an den Sanktionen gegen Russland schadet diesen Staaten (mit Ausnahme Ungarns) mehr noch als Deutschland.

In dem Kapitel: „Postmoderne Russophobie im östlichen Europa“ kommt Emmanuel Todd, französischer Verfasser des Buches „Der Westen im Niedergang“, zu dem bitteren Fazit, dass die osteuropäischen Staaten „durch Mittelschichten beherrscht werden, die der Kommunismus gebildet hat und die, kaum dass sie befreit waren, ihr Proletariat in den Dienst des westlichen Kapitalismus stellten“. In Rumänien ist bereits zu erkennen, wie sich das rächen kann.

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Author: Gast Autor
Journalistenwatch

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