Ein Gastbeitrag von Thomas Rießinger
Üblicherweise werden hier keine Stellengesuche veröffentlicht, aber heute will ich eine Ausnahme machen. Es handelt sich um eine Anfrage, eine Art von Gesuch, vielleicht aber auch nur ein Vorgesuch eines der großen politischen Talente unserer Zeit: Jette Nietzard, noch immer mit dem Amt der Bundessprecherin der Grünen Jugend betraut, aber nur noch bis Oktober im Dienst, da sie angekündigt hat, nicht mehr anzutreten.
Ihre Bildung und Berufserfahrung ist kaum zu übertreffen. Erziehung und Bildung in der Kindheit hat sie bis 2022 studiert und das Studium entgegen grünen Gewohnheiten tatsächlich abgeschlossen mit einer „Abschlussarbeit zur Wechselwirkung von Ökonomisierung und Professionalisierung in der frühkindlichen Bildung aus einer kapitalismuskritischen Perspektive“. Danach hat sie nach ihren Worten mit Geflüchteten gearbeitet, um 2024 zum Deutschen Kinderhilfswerk zu wechseln. Folgt man Wikipedia, so hat sie diese Tätigkeit im November 2024 niedergelegt, rechtzeitig zu ihrem Amtsantritt als Bundessprecherin der Grünen Jugend.
Damit ist es aber im Oktober vorbei und somit sucht sie einen neuen Job, woraus ich die Vermutung ableite, dass sie für ihre verantwortungsvolle Arbeit als Bundessprecherin entlohnt worden ist. Was sie über ihren beruflichen Neuanfang denkt, kann man sich bei TikTok ansehen. Da sie zu einer eher schnellen Sprechweise neigt und man nie wissen kann, wie schnell Videos das Licht der Welt, das sie gerade erblickt haben, wieder verlassen, erlaube ich mir, dem wohlmeinenden Publikum ihren Aufruf auf schriftliche Weise zu präsentieren. Überschrieben ist er mit den Worten: „Was soll ich machen?“
„Leute, sagt mal, ich bin ja auf Jobsuche ab Oktober, November, Dezember, so mal kucken. Und es ist voll schwierig, weil ich hab ja jetzt so mega den Job gehabt mit so Reisen und politisch was machen und Presse und dies das, und jetzt, äm, ich will nicht wieder irgendwie 40 Stunden im Büro sitzen, und ich hab mich gefragt, es gibt ja voll die geilen Sachen, aber man weiß nix davon, wisst ihr, so? Ich kann mir Ausland vorstellen, ich kann mir Inland vorstellen, ich kann mir so viel vorstellen, ich will alles machen, alles gleichzeitig. Und ich hab mich gefragt: So, droppt mal eure Sachen, die es so gibt, von denen niemand weiß, was so der geilste Shit ist, den man so machen kann, weil ich hab übelst Bock, ich hab jetzt gerade so in meinem Leben, ich kann auch so frei entscheiden, was ich machen will, aber ich weiß gar nicht, was es für Möglichkeiten gibt. Und ich muss Geld verdienen, die einzige Bedingung. Aber ja, droppt mal, was es so für geile Sachen gibt, die man nicht kennt, die man machen kann – und sorry für meine Hände, ich renovier gerade“ – an dieser Stelle hält sie ihre farbbekleckste Hand in die Kamera – „aber ja, ich überleg so voll viel. Also was sind so geile Sachen, die ihr so gemacht habt, die ihr von denen ihr gehört habt, die man einfach so, die man mal machen sollte, wenn man gerade so frei ist wie ich.“
Ich habe mich um Wörtlichkeit bemüht, das war bei der Sprechgeschwindigkeit nicht immer einfach. In jedem Fall haben wir es mit einer jungen Frau zu tun, die „übelst Bock“ hat, aber nicht so recht weiß, worauf. „Geile Sachen“ sollten es schon sein, gerne auch „der geilste Shit“, und Geld muss man damit verdienen können, doch weitere Bedingungen scheint sie nicht zu stellen. Da muss sich doch etwas machen lassen. Spontan fällt mir der ehrenwerte Beruf des Schiffschaukelbremsers ein oder korrekter: des/der Schiffschaukelbremser:in. Vielleicht aber auch Friedhofswärter – nicht Friedhofsgärtner, das ist etwas anderes – da hat man viele Leute unter sich, die keinen Widerspruch erklingen lassen.
Es ist zu hoffen, dass viele Hinweise eingehen. Und da es die junge Fachkraft selbst angesprochen hat: Ausland, fernes Ausland wäre nicht übel.
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Thomas Rießinger ist promovierter Mathematiker und war Professor für Mathematik und Informatik an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Neben einigen Fachbüchern über Mathematik hat er auch Aufsätze zur Philosophie und Geschichte sowie ein Buch zur Unterhaltungsmathematik publiziert.
Bild: Screenshot Tiktok
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