Von Kai Rebmann
Im Nürnberger Zoo wurden Ende Juli insgesamt 12 Guinea-Paviane getötet und anschließend an Raubtiere in den benachbarten Gehegen verfüttert. So weit, so normal – eigentlich! Das wohl größte „Verbrechen“ der Verantwortlichen in der Franken-Metropole bestand wohl darin, dass sie mit dem Problem der Überbevölkerung ihrer Pavian-Kolonie – und letztlich auch der dafür angedachten Lösung – von Anfang an offen und transparent umgegangen sind.
Nur deshalb konnte sich die Empörung über Wochen und Monate hinweg aufbauen, oder besser: künstlich konstruiert werden und schließlich in wüsten Beschimpfungen bis hin zu Morddrohungen gegen Zoo-Direktor Dag Encke und dessen Mitarbeiter gipfeln. Das Ergebnis: rund um den Nürnberger Zoo herrscht seit Tagen ein Belagerungszustand, der nach dem Willen etwa der selbsternannten „Aktivisten“ von „Animal Rebellion“ noch bis mindestens Anfang nächster Woche andauern soll. Mancher wird sich in diesem Zusammenhang eventuell fragen – ähnlich wie einst bei den Klimaklebern – was solche Leute das restliche Jahr so machen und wovon sie eigentlich leben.
Die Zoo-Direktion reagiert derweil diplomatisch und teilt dazu erfrischend lapidar mit: „Jeder Protest, der friedlich bleibt, ist für uns in Ordnung.“ Und damit zurück zu den Pavianen und dem Auslöser der ganzen Aufregung. Weil die Population der Primaten auf weit über 40 Exemplare angewachsen ist und damit das für 25 Tiere ausgelegte Gehege seit Jahren hoffnungslos überbelegt war und sich auch keine anderen Abnehmer fanden, musste jetzt die ultimativste aller denkbaren Lösungen her.
Das ist, ob man es nun gutheißen mag oder nicht, durchaus Alltag in Zoos, in Deutschland wie auch anderswo auf der Welt. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass nur in den seltensten Fällen so breit darüber berichtet wird, wie das zuletzt im Nürnberger Beispiel der Fall war. Und: es geht sogar noch weit radikaler, und zwar ohne dass dies für irgendeine Empörung, ja nicht einmal den Anflug irgendeiner Aufregung sorgen würde – eben weil es so etwas wie den natürlichen Lauf der Dinge gibt.
Zoo in Dänemark wirbt um Haustiere als Futterspende
„Tatort“ Aalborg, Dänemark: der dortige Zoo geht gleich mehrere Schritte weiter als die Kollegen in Nürnberg. Auf der Homepage des Tierparks wird ganz ungeniert gefragt: „Willst du dein Pferd als Futter spenden?“ Aber auch Hühner, Kaninchen, Meerschweinchen oder sonstige altersschwachen, aber ausdrücklich noch lebendige Haustiere werden demnach gerne genommen. Zur Erklärung heißt es recht unaufgeregt: „Auf diese Weise wird nichts verschwendet und wir gewährleisten natürliches Verhalten, Ernährung und Wohlbefinden unserer Raubtiere.“
Die Reaktionen in Dänemark? Nicht mal ein Pfeifen im Walde – keine medial geschürte Empörung, keine Protestcamps in und um Aalborg und schon gar keine Morddrohung oder sonstige Aufrufe zur Gewalt gegen die Verantwortlichen. Weil es eben so normal und in Zoos auch als „Breed-and-Feed-Strategie“ – also „Züchten und (ver)füttern“ bekannt ist.
Und seien wir einmal ehrlich zu uns selbst: eine Tier-Doku im Fernsehen wird ja erst dann richtig spannend und mitreißend, wenn darin auch das natürliche Jagdverhalten der Bewohner der afrikanischen Savannen beleuchtet wird – je detailreicher und großteiliger, desto besser für die Quote! Oder anders gefragt: Was hätte der Nürnberger Zoo tun sollen? Wäre es besser bzw. die Empörungswelle weniger hoch gewesen, wenn die Paviane nach der offenbar alternativlosen Tötung einfach achtlos entsorgt worden wären?
Und ja, natürlich: Über Sinn oder Unsinn von Zoos, Zirkussen und ähnlichen Einrichtungen, in denen Tiere fernab ihres ureigenen Lebensraums gehalten werden und letztlich (auch) der Belustigung des humanen Publikums dienen, lässt sich ganz generell mit wohl gutem Recht immer streiten – Argumente werden beide Seiten zur Genüge vorzubringen wissen. Nur sollte dies in gesitteten Bahnen geschehen und nicht als auch aktivistische Bühne missbraucht werden. Denn auch das wird den Tieren in keinster Weise gerecht!
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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