Von Kai Rebmann
Stadtrat, Gerichte und Heimatschutz in Zürich liefern sich seit Monaten eine hitzige Debatte, man könnte es wohl auch eine Posse nennen – um vermeintlich rassistische Begriffe. Es geht um zwei Inschriften auf Torbögen über historischen Gebäuden, die am Neumarkt in Niederdorf unter Denkmalschutz stehen. „Zum Mohrenkopf“ und „Zum Mohrentanz“ steht dort schon seit Jahrhunderten zu lesen.
Doch damit soll jetzt Schluss sein, jedenfalls wenn es nach dem rot-grün dominierten Stadtrat geht. Die Schriftzüge seien rassistisch, gehören abgedeckt und sollen so zumindest visuell aus dem Zürcher Stadtbild verschwinden. Dagegen wiederum klagten die Heimatschutzverbände von Kanton und Stadt Zürich und bekamen vor dem Baurekursgericht zunächst noch Recht – bis das Verwaltungsgericht die Entscheidung aus erster Instanz vor wenigen Wochen wieder einkassierte.
Frage von Denkmalschutz und historischem Wert blieb außer Acht
Brisant: Das Verwaltungsgericht hat sich in seinem Urteil aber überhaupt nicht damit beschäftigt, ob die umstrittenen Begriffe rassistisch sind, sondern habe diese Frage „bewusst offen gelassen“, wie die NZZ berichtet. Stattdessen, offenbar um die Kuh vom Eis zu bekommen und den woken Zeitgeist zu bedienen, konzentrierten sich die Richter auf die weitaus weniger verfängliche Frage, ob die vom Stadtrat verfügten Abdeckungen wieder reversibel seien.
Ja, das sind sie wohl. Doch das spielt aus Sicht des Heimatschutzes, wenn überhaupt, nur eine sehr untergeordnete Rolle. Denn die fraglichen Gebäude, deren Geschichte teilweise bis mindestens ins 15. Jahrhundert zurückreicht, gehörten zu den historisch wertvollsten im gesamten Stadtgebiet und der Wert des Denkmalschutzes der Immobilien werde zu einem sehr wesentlichen Teil eben durch diese Inschriften begründet, wie die Kläger argumentieren. Dies mache die Inschriften zu Zeitzeugen der Kultur- und Wirtschaftsgeschichte Zürichs: „Wir sind überzeugt, dass eine Abdeckung der Schriftzüge, auch wenn sie reversibel sein soll, den Anliegen des Denkmalschutzes nicht gerecht wird.“
Zudem wirft der Heimatschutz dem Verwaltungsgericht eine Reihe von handwerklichen Fehlern vor. So hätten es die Richter mehrheitlich unterlassen, „eine vollumfängliche Prüfung der Rechtsfragen“ anzustellen, insbesondere in Bezug auf den historischen Wert der Inschriften im Gesamtkontext mit den Gebäuden. Oder bildlich vielleicht etwas greifbarer: Was bliebe von einem Fachwerkhaus übrig, wenn dessen Fachwerk (durch reversible Maßnahmen) abgedeckt würde?
Entscheidung fällt in Lausanne
Wie umstritten das Urteil des Verwaltungsgerichts auch in juristischen Kreisen ist, zeigt nicht zuletzt die Tatsache, dass sich das dreiköpfige Gremium nicht auf einen einstimmigen Entscheid verständigen konnte. Die abweichende Stimme monierte vor allem, dass es „keine denkmalpflegerisch fundierte Schutzabklärung“ gegeben habe. Das wiederum mache die Beurteilung unmöglich, ob der historische Wert der Liegenschaft durch das Fehlen der Inschriften geschmälert werde oder nicht.
Wie der Fall in letzter Instanz entschieden wird, liegt nun in den Händen des Bundesgerichts in Lausanne. Dort sollen demnächst alle Fragen geklärt werden, die das Verwaltungsgericht noch offen gelassen hat. Dabei zeigen sich die Vertreter des Heimatschutzes sogar kompromissbereit und werben für eine salomonische Lösung: der Stadtrat soll auf eine Abdeckung der Inschriften verzichten und stattdessen eine Tafel anbringen, auf denen der historische Kontext mit Blick auf „Geschichte und Hintergrund der Namensgebungen“ eingeordnet wird.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
Bild: Kagan Kaya / Shutterstock
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