• 12. Juni 2025

Minister macht gegen Tugendterror mobil – ausgerechnet in der SZ

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Juni 10, 2025

Man muss schon ein paarmal blinzeln. Und dann nochmal von vorn lesen.

Denn was da in der „Süddeutschen Zeitung“ steht – also in jenem Blatt, das man bisher kaum verdächtigte, sich zur Bühne kulturpolitischer Gegenrede zu machen – ist kein zartes Debattenpflänzchen, sondern ein veritabler Frontalangriff. Nicht auf einzelne Aktivisten oder Projekte. Sondern auf den ideologischen Zugriff selbst: auf die Verengung von Kunstfreiheit, die Moralisierung des Ästhetischen, den staatlich abgesegneten Tugendterror – von links wie von rechts.

Das Erstaunlichste daran: Der Text stammt nicht von einem aufmüpfigen Kolumnisten, nicht von einem pensionierten Theaterintendanten – sondern vom amtierenden Kulturstaatsminister der Bundesrepublik Deutschland.

Wolfram Weimer, gerade erst ins Kabinett Merz berufen, meldet sich zu Wort. Und wie. Sein Gastbeitrag trägt den Titel „Verteidigt die Freiheit“, ist ein Hochamt des Bildungsbürgertums – und zugleich ein Befreiungsschlag gegen jene neue Prüderie, die sich hinter Gerechtigkeitsrhetorik und Opfernarrativen verschanzt hat.

Er beschreibt den Kulturkampf als globales Phänomen: autoritär in China und Russland, repressiv in Indien und den USA. Doch sein eigentlicher Gegner sitzt vor der eigenen Haustür – in deutschen Amtsstuben, Universitäten, Redaktionen. Dort, wo ausgerechnet staatliche Institutionen sich anmaßen, Werke zu zensieren, Künstler zu stigmatisieren und Geschichte umzuschreiben.

Weimer nennt Beispiele.
Die Entfernung einer nackten Venus-Statue aus einer Berliner Behörde, weil sie angeblich frauenfeindlich sei.
Die Bücherverbote in Florida, das Trump’sche Dekret gegen die Smithsonian-Museen.
Die cancelbereiten Algorithmen der Tech-Konzerne.
Die Moralisierung der Literatur, das Misstrauen gegenüber dem Urteil der Bürger.

Und Weimer zieht eine Linie: Wer Kunst ihre Mehrdeutigkeit nimmt, wer sie zur pädagogischen Hilfskraft umerzieht, der hat ihren Sinn nicht verstanden.

Das alles wäre bemerkenswert genug – käme es von einem liberalen Intellektuellen. Aber es kommt von einem Regierungsmitglied. Und zwar nicht irgendeinem, sondern vom obersten Kulturvertreter dieser Regierung.

Was sagt das über das Kabinett Merz? Über den Zustand der deutschen Debatte? Und über den Kulturminister selbst?

Weimer ist kein klassischer Politiker. Er kommt aus dem Journalismus, war Chefredakteur von „Cicero“ und „Focus“, wo er auch mein Chef war; später wirkte er als Verleger. Man könnte sagen: Er weiß, wie man Worte setzt. Aber der Essay ist mehr als nur schöne Sprache. Er ist ein politisches Statement – und ein strategischer Testballon. Denn der Text trifft ins Zentrum einer schwelenden Unzufriedenheit, die viele Kulturschaffende, Bildungsbürger, Theaterbesucher und Literaturfreunde umtreibt – quer durch alle Lager. Das Gefühl, dass nicht mehr Vielfalt herrscht, sondern eine neue Orthodoxie. Dass das Sagbare enger wird, der moralische Zugriff größer, der Staat zunehmend als Erzieher auftritt.

Weimer stellt sich dem entgegen. Und er tut es mit einer überraschenden Klarheit. Ohne anbiederndes Genderdeutsch, ohne soziologisches Drumherum. Stattdessen mit einer fast altmodischen Verbeugung vor der Freiheit – nicht als Schlagwort, sondern als Grundlage aller Kultur.

Natürlich bleibt die Frage, wie viel politische Substanz dahinter steckt. Wird aus diesem Essay auch ein neuer Kurs? Werden Förderprogramme künftig wieder risikofreudiger, weniger moralpädagogisch? Wird man die Quotenpädagogik in Theatern und Museen hinterfragen – oder bleibt es bei einem intellektuellen Zwischenruf?

All das steht bislang in den Sternen.

Leider.

Auffällig ist auch etwas anderes: Weimer nennt zwar beide Extreme – rechts und links – aber die eigentliche Schärfe richtet sich gegen das linke Spektrum. Gegen die Sprachwächter, die Verbotsästheten, die identitäre Bevormundung. Das dürfte nicht jedem im Berliner Kulturbetrieb gefallen – zumal der Text implizit auch die Politik seiner Vorgängerin Claudia Roth konterkariert. Sie hatte auf Diversität, Transformation, Nachhaltigkeit gesetzt – Weimer nun auf Ambiguität, Urteilskraft und Liberalität. Ein Paradigmenwechsel?

Vielleicht ist es zu früh, das zu sagen. Aber eines steht fest: Der Ton hat sich verändert. Und der Ort, an dem dieser Text erscheint – ausgerechnet die „Süddeutsche“ – macht ihn doppelt brisant. Denn wer dort Widerspruch übt, widerspricht nicht nur einer Ideologie, sondern einem ganzen Milieu. Und genau das könnte seine Wirkung entfalten.

Ist das der Beginn eines echten Richtungswechsels?
Ich wünschte, ich könnte daran glauben.
Aber ich fürchte: Es ist nur ein glänzender Feuilleton-Moment.
Nicht mehr. Nicht weniger.

Wolfram Weimer hat geliefert. Mit Worten.
Jetzt wird man sehen, ob es auch Folgen hat.
Mit Taten.

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