Berlin (ots)
- Gefährlicher Wirkstoff Flufenacet hat schädliche Auswirkungen auf menschliches Hormonsystem und durch Abbauprodukt TFA langfristige Folgen für Umwelt und Trinkwasserversorgung
- Bundesamt hat Zulassungen von Flufenacet-Produkten bereits widerrufen, gewährt trotz bekannter Gefahren aber lange Aufbrauchfristen bis Ende 2026
- DUH legt Widersprüche ein und fordert den Stopp sämtlicher Flufenacet-Pestizide noch in diesem Sommer
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) geht rechtlich gegen lange Aufbrauchfristen für hochproblematische Flufenacet-Pestizide vor. Das zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) hatte die Zulassungen für mehrere Pestizide widerrufen, aber überwiegend Aufbrauchfristen bis Ende 2026 ermöglicht. Die EU-Kommission hatte die Genehmigung für den Wirkstoff bereits im Mai 2025 aus Gründen des Umwelt- und Gesundheitsschutzes nicht erneuert. Das Vorgehen des BVL ist aus Sicht der DUH völlig inakzeptabel und rechtswidrig. Wenn die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllt sind, sei die Behörde dazu verpflichtet, die Zulassung von Amts wegen ohne Übergangsfristen zu widerrufen. Die DUH hat daher fünf Musterwidersprüche eingelegt, in denen sie die Widerrufsbescheide des BVL anficht und auf einen unverzüglichen amtlichen Widerruf ohne Übergangsfristen pocht (Cadou, Elipris, Malibu, Herold SC und Bandur Forte). Darüber hinaus hat die DUH gemeinsam mit PAN Europe einen Antrag bei der EU-Kommission eingereicht, in dem sie fordert, die Aufbrauchfristen angesichts der erheblichen Gefährdung von Umwelt und Gesundheit umgehend EU-weit aufzuheben.
Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: „Die fahrlässigen Widerrufe des BVL führen dazu, dass Mensch und Umwelt noch lange diesem gefährlichen Wirkstoff ausgesetzt sind. Ohne Not und trotz des Wissens um die Gefährlichkeit Flufenacet-haltiger Pestizide werden den Herstellern unserer Auffassung nach rechtswidrig die größtmöglichen Aufbrauchfristen gewährt. Wir kämpfen dagegen, dass die hormonschädlichen und Ewigkeitschemikalien-bildenden Gifte derart lang unsere Umwelt verpesten dürfen. Mit unseren Widersprüchen wollen wir erreichen, dass die Aufbrauchfristen für Flufenacet-Pestizide deutlich stärker beschränkt werden. Noch vor Beginn der kommenden Herbstanwendung 2025 muss dieses Gift dringend von sämtlichen Äckern verbannt werden.“
Das BVL hat inzwischen für 33 Flufenacet-Pestizide Widerrufsbescheide erlassen. Aus Sicht der DUH stützt sich das BVL dabei auf eine falsche Rechtsgrundlage, da nur bei zwei Mitteln ein Widerruf von Amts wegen ausgesprochen wurde, der keine Übergangsfristen auslöst. Die übrigen Widerrufe sind auf Antrag der Zulassungsinhaber erfolgt, was nach dem nationalen Pflanzenschutzgesetz automatisch sehr lange Übergangsfristen bis Dezember 2026 auslöst. Zudem wurden die Zulassungswiderrufe vielfach aufschiebend befristet.
Hintergrund:
Der in Pestizidprodukten wie Cadou SC, Elipris und Tactic enthaltene Wirkstoff Flufenacet gehörte nach Daten des BVL im Jahr 2023 mit 683 Tonnen zu den absatzstärksten Pestizid-Wirkstoffen in Deutschland. Er wird großflächig im Getreideanbau sowie in anderen Kulturen verwendet. Ende September 2024 stellte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) fest, dass Flufenacet hormonell schädliche Auswirkungen auf Schilddrüsenfunktionen hat. Hieraus ergeben sich erhebliche gesundheitliche Bedenken. Im Falle von Veränderungen des Schilddrüsenstoffwechsels bei Schwangeren können auch irreversible neurologische Entwicklungsstörungen bei Föten nicht ausgeschlossen werden.
Das Abbauprodukt von Flufenacet ist die „Ewigkeitschemikalie“ Trifluoressigsäure (TFA). Der Einsatz von Flufenacet ist laut Umweltbundesamt die Hauptursache für den pestizidbedingten Eintrag von TFA in die Umwelt und führt zu einer massiven Belastung von Gewässern. Um TFA wieder aus der Umwelt und aus dem Trinkwasser zu entfernen, gibt es keine praktikablen Methoden.
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, [email protected]
DUH-Newsroom:
030 2400867-20, [email protected]
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