Nein, natürlich nicht.
Auch wenn so mancher der Ansicht ist, die „Heimtückeverordnung“, genau: „Verordnung zur Abwehr heimtückischer Angriffe gegen die Regierung der nationalen Erhebung“, die am 21. März 1933 erlassen wurde, weise doch einigen Vorbildcharakter für den Kampf gegen heutige Kritiker der Gesinnungsjunta auf, heißt es doch im ersten Paragraphen:
„(1) Wer vorsätzlich eine unwahre oder gröblich entstellte Behauptung tatsächlicher Art aufstellt oder verbreitet, die geeignet ist, das Wohl des Reichs oder das Ansehen der Reichsregierung oder das der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei oder ihrer Gliederungen schwer zu schädigen [die heutige Delegitimierung des politischen Systems, der Demokratie], wird, soweit nicht in anderen Vorschriften eine schwerere Strafe angedroht ist, mit Gefängnis bis zu zwei Jahren … bestraft.“
Aber natürlich gibt es einen riesigen Unterschied zwischen der Delegitimierung eines demokratischen Systems und der Verächtlichmachung, nein, der Schädigung des Ansehens der Reichsregierung. Obschon in beiden Fällen die Bewertung der Aussagen durch diejenigen, die sich gerade per Verordnung geschützt haben, den Ausschlag gibt.
Aber es ist dennoch etwas anderes, auch wenn in Paragraph 2 die Majestätsbeleidigung, die heute wieder so sehr nicht nur bei Grünen in Mode gekommen ist, unter Strafe gestellt wird:
(1) Wer öffentlich gehässige, hetzerische oder von niedriger Gesinnung zeugende Äußerungen über leitende Persönlichkeiten des Staates oder der NSDAP, über ihre Anordnungen oder die von ihnen geschaffenen Einrichtungen macht, die geeignet sind, das Vertrauen des Volkes zur politischen Führung zu untergraben, wird mit Gefängnis bestraft.
Nein, §188 StGB ist etwas ganz anderes:
„1) Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) eine Beleidigung (§ 185) aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. Das politische Leben des Volkes reicht bis hin zur kommunalen Ebene.“
Es ist etwas vollkommen anderes, schon weil man die Heimtückeverordnung in ihrem historischen Kontext betrachten muss. Sie wurde am 21. März 1933 letztlich als Fortführung der „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“, die wiederum am 23. Februar 1933 erlassen wurde, auch als Reichstagsbrandverordnung bekannt, erlassen. Die Reichstagsbrandverordnung, mit der Grundrechte wie Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, Vereins- und Versammlungsrecht sowie Schutz vor willkürlichen Verhaftungen außer Kraft gesetzt wurden, war wiederum die Reaktion auf die Brandstiftung von Marinus van der Lubbe am deutschen Reichstag.
Marinus van der Lubbe war, ein Schluss, den sein Name nahelegt, Holländer und zudem Kommunist, indes hatte er keinerlei Verbindungen zu deutschen Kommunisten, hat beständig behauptet, den Brand alleine gelegt zu haben, und zwar um Arbeiter gegen den Faschismus zu mobilisieren. Mobilisiert hat er lediglich die Reichsregierung und die SA gegen die Kommunistische Partei Deutschlands, die unter Annahme einer Kollektivschuld für den Brand mitverantwortlich gemacht wurde, so wie heute jede strafbare Handlung, die ein „Rechter“ ausübt, der AfD oder Björn Höcke und seinem Flügel in der AfD zugeschrieben wird.
Aber natürlich hat beides wieder nichts mit einander zu tun, denn die Zuschreibung heute, ist zwar genau so unbegründet, wie damals, aber als demokratische Zuschreibung legitimiert durch die Statthalter „Unserer Demokratie“, während die Zuschreibung 1933 bestialisch und unbegründet war und von der Reichsregierung legitimiert war.
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Wie dem auch sei, die „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ wurde zur Grundlage der zunächst systematischen und dann weitgehend wahllos betriebenen Verhaftung von Kommunisten, Willkür ist immer ein gutes Mittel, um den politischen Gegner madig zu machen, besonders, wenn sie von den Organen des Rechtssystem betrieben wird und in Verhaftung wegen eines Tweets auf x oder ebensolcher wegen Teilnahme an einer Parteiveranstaltung der KPD münden kann, die den politischen Gefangenen nach Stuttgart Stammheim, weil er sich als Querdenker ausgewiesen hat oder nach Dachau bringt. Aber natürlich und obschon auf den ersten Blick ähnlich, ist beides nicht vergleichbar.
Zumal die Bausteine im Dritten Reich natürlich ganz andere waren, als heute. So wurde am 4. März 1933 unmittelbar vor der Reichstagswahl am nächsten Tag, von der sich das Kabinett Hitler eine absolute Mehrheit versprochen hat, die „Verordnung gegen Verrat am Deutschen Volk und hochverräterische Umtriebe“ in Kraft gesetzt, ein Mittel, das höchst wirksam war, um jeden Wahlkampf gegen der KPD zu unterbinden bzw. dessen Unterbindung nachträglich zu legalisieren. Ab sofort waren alle Wahlkampfmaterialien der KPD der Beihilfe zum Hochverrats verdächtig und wurden entsprechend eingezogen, deren Besitzer in ein Konzentrationslager verfrachtet. Schließlich war die „Verordnung gegen Verrat am Deutschen Volk“ Grundlage, um der KPD die in der Wahl vom 5. März 1933 trotz aller Einschüchterungsversuche errungenen Mandate zu entziehen. Die Gemeinsamkeit zwischen der heutigen Volksverhetzung und dem etwas veralteten „Verrat am deutschen Volk“ drängt sich zwar auf, dessen ungeachtet ist es nicht vergleichbar.
Denn die Zusammenhänge, die etwa zwischen der Formulierung „Alles [oder Nichts] für Deutschland“ und Volksverhetzung hergestellt werden, um politische Gegner aus dem Verkehr zu ziehen, sind natürlich vollkommen andere Zusammenhänge als die, die zwischen dem Wahlkampfposter der KPD zur Wahl am 5. März 1933 (siehe rechts) und deren „Verrat am deutschen Volk“ hergestellt wurden, inhaltlich und formal. Und deshalb hat beides nichts miteinander zu tun.
Zumal die „staatsgefährdenden Aktivitäten“, die 1933 Anlass zur Verhaftung von Personen nur aufgrund ihrer politischen Affiliation gegeben haben, damals ganz andere „staatsgefährdende Aktivitäten“ waren, als die die Freiheitlich-demokratische Grundordnung gefährdenden Worte, die heute von Verfassungsfeinden gesprochen werden, Leute, die Worte wie „Volk“ benutzen, die der Ansicht sind, Gleichheit in der Belohnung setze Gleichheit in der Leistung voraus [übrigens die Definition von Gerechtigkeit], und es gebe eine eher erschreckende Häufung der Korrelation von Terrorismus und Islam, Verfassungsfeinde eben, die nach neutraler und unabhängiger Prüfung durch ein weisungsgebundenes Amt, auf das keinerlei politischer Einfluss genommen wurde als solche identifiziert wurden, so wie auf die Polizei, die landauf landab Kommunisten verhaftet hat, kein Einfluss genommen wurde, war die Polizei doch schon 1933 zwar weisungsgebunden aber frei von jeder politischen Einflussnahme und nur ihrem Gewissen und den Rechtssätzen, erlassen durch die Reichsregierung, verpflichtet.
Nein, es gibt keinerlei Möglichkeit, das damals mit dem heute zu vergleichen. Schon das Gesetz zur Verhängung und Vollstreckung der Todesstrafe vom 29. März 1933 ist hier Beleg. Ein nachträglich und für bereits Inhaftierte, Verurteilte eingeführtes Gesetz, das nachträglich die Todesstrafe legitimiert hat, vermutlich auch um die große Zahl von Kalamitäten, die die bisherigen Verhaftungswellen zur Folge hatten, zu kaschieren.
Und wem das noch nicht reicht, dem sei ein Gesetz vom 14. Juli 1933 zitiert:
Die Reichsregierung hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
§ 1
In Deutschland besteht als einzige politische Partei die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei.§ 2
Wer es unternimmt, den organisatorischen Zusammenhalt einer anderen politischen Partei aufrechtzuerhalten oder eine neue politische Partei zu bilden, wird, sofern nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit einer höheren Strafe bedroht ist, mit Zuchthaus bis zu drei Jahren oder mit Gefängnis von sechs Monaten bis zu drei Jahren bestraft.Berlin, den 14. Juli 1933.
Der Reichskanzler
Adolf Hitler
Der Reichsminister des Innern
Frick
Der Reichsminister der Justiz
Dr. Gürtner
Gesetz gegen die Neubildung von Parteien
Damals wurden alle Parteien verboten, nur eine zugelassen.
Heute soll nur eine verboten werden, alle Einheitsparteien sollen weiter zugelassen bleiben.
Und wenn Sie immer noch nicht überzeugt sind, dass man das Dritte Reich und Deutschland nicht vergleichen kann, dann kommt nun der Coup de Grace für jeden Zweifel:
Im Dritten Reich gab es keine weiblichen Minister.
Gar keine.
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Author: Michael Klein
Michael Klein