Ich kann, nein, ich mag es mir nicht verkneifen: Hier mal ein paar persönliche Worte zur Werteunion und zum Rücktritt von Hans-Georg Maaßen vom Parteivorsitz samt Rückgabe des Parteibuchs.
Zunächst einmal bin ich die immer gleichen Phrasen leid, diese hilflosen Kommentare von hunderten Hobby-Psychologen, die im Brustton der Überzeugung vor dem einsamen Zubettgehen im Morgengrauen um 4:30 Uhr vom Sofa aus in die sozialen Medien trompeten, Hans-Georg Maaßen wäre eben kein Politiker, er habe keine Ausstrahlung und auch kein Charisma.
Was sind das für Kategorien, um Deutschland aus den Fängen der antideutschen Ideologen zu befreien? Was wollen diese Sofa-Strategen genau, einen charmanten Rex Gildo mit dem Gepolter eines Donald Trump, dem Schmelz von Schwiegermutters Liebling Habeck und dem Handwerkergestus von Tino Chrupalla? Welcher Politstar sollte hier gebacken werden, um dann für möglichst alle kompatibel zu sein?
In der Politik kann es nicht darum gehen, auf einen Heiland mit Kennedy-Qualitäten und Jesus-Gen zu warten. Wer etwas verändern will, braucht kluge Köpfe mit Herz für Deutschland, die sich idealerweise in Sachen Parteiführung und Organisation eines Parteiapparates auskennen. Und wer wäre dafür besser geeignet als der Ex-Chef einer großen deutschen Behörde?
Wer hier die Person Maaßen kritisiert und echte Inhalte hintenanstellt, der sollte sich eingestehen, dass er den etablierten Medien und ihren Inszenierungen von politischen Gestalten auf den Leim gegangen ist. Wer Dr. Maaßen näher kennt, der weiß, dass er nicht für billige Showeffekte zur Verfügung steht. Maaßen ist niemals Hütchenspieler. Er ist der nachdenkliche Analyst. Die übergroßen Probleme dieses Landes lassen sich nicht mit einem Knallbonbon auf der Bühne angehen, an dem man nur an beiden Enden kräftig genug ziehen muss, um politisches Lametta und Konfetti zu bekommen.
Noch etwas wird hier von vorschnellen, immerzu im emotionalen Sektor operierenden „Kritikern“ übersehen: Alle diese gewünschten Knalleffekte, die mit Charisma und Ausstrahlung verwechselt werden, sind mediale Effekte, die zustande kommen, wenn jedes Hüsteln und jedes Räuspern des Objekts der Begierde maximal verstärkt wird. Beispielhaft dafür stehen Baerbock und Habeck.
Will hier jemand behaupten, die beiden Grünen wären die Kennedys der deutschen Politik gewesen? Und dennoch titelte etwa die „Welt“ in der Hochphase der künstlich erzeugten Hysterie um diese politischen Figuren über Habeck: „Dieser gut Aussehende – dieser Kennedyeske“.
Mit anderen Worten: Was hier einige an Maaßen zu vermissen glauben, war nicht Charisma oder Ausstrahlung, sondern der mediale Verstärker, der erst diesen künstlichen Übermenschen formt, der das Soufflé backt, bis es mit dem Entzug der Aufmerksamkeit so jämmerlich in sich zusammenfällt, wie man es etwa bei Habeck beobachten konnte.
Hans-Georg Maaßen ist sich immer treu geblieben. Kompetenz erkennt man bei Maaßen daran, dass er auch komplizierte Sachverhalte bis zum Ende hin analysiert und anschließend Lösungen entwickelt. Eine Einschätzung, die ich in vielen Gesprächen gewonnen habe. Ich befrage den ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz seit Juni 2022 einmal die Woche zur Weltlage und zur deutschen Situation.
Und ich kann es aus dem persönlichen Erleben heraus versichern: Hans-Georgs Maaßens Antworten sind wohlüberlegt und papierreif formuliert. In einem dieser Gespräche erklärte er einmal die Motivation dahinter: „Ich will verstehen!“ Auf Nachfrage sagte Dr. Maaßen, man könne nur gestalten, wenn man etwas versteht. Eine große Sehnsucht nach Wissen als Charaktereigenschaft.
Man sagt ja gemeinhin, Wissen sei Macht. Von der Warte aus betrachtet ist Maaßen ein Machtpolitiker. Aber Wissen ist vor allem Befreiung aus der Unwissenheit und Freiheit. Ohne den Wunsch nach mehr Wissen gäbe es keine Aufklärung. Oder noch besser: Aufklarung!
Als ich die Entscheidung von Dr. Maaßen las, sich aus Vorsitz und Partei zurückzuziehen, sind mir die vielen Bomben eingefallen, die man der Werteunion in den Weg geworfen hatte. Maaßen hätte die Partei sicher nicht gegründet, wenn da nicht eine Hoffnung auf Erfolg gewesen wäre. Und sie war absolut berechtigt.
Was nämlich schnell vergessen wird: Politik, Medien und diverse staatsfinanzierte NGOs haben nichts unversucht gelassen, eine weitere Alternative zur antideutschen Politik zu verhindern. Die Brutalität der Angriffe von außen war beispiellos und überraschte ein ums andere Mal – in einem unserer Interviews äußerte er sich so – auch Hans-Georg Maaßen. Nein, darauf kann man sich nicht vorbereiten. Und diese Angriffe waren immer auch persönlicher Natur, mit maximalem Vernichtungswillen ausgestattet.
Kommen wir zu den internen Auseinandersetzungen. Fehler in der Kommunikation sind zunächst einmal systemimmanent. Wichtig ist der Wille, sie aus dem Weg zu räumen. Aber nicht nur das: Man muss auch befähigt dazu sein! Und dafür braucht man idealerweise ominöse Neandertaler-Unternehmer-Gen: Den Henkerblick. Oder um es zivilisierter auszudrücken: Da muss man auch Trump sein, um jemandem ohne Umschweife ins Gesicht sagen zu können: „You’re fired!“
Weiterlesen nach der Werbung >>>
Tatsächlich hat mich das bei Dr. Maaßen überrascht. Hier wäre anzunehmen gewesen, dass man als Leiter einer so großen Behörde gelernt hat, seinen Laden sauber zu halten bzw. sich die Steine selbst aus dem Weg zu räumen und dabei grob zu sein. Woher also die Beißhemmung? Ich habe mir das damit erklärt, dass Maaßen 2018 selbst aus dem Amt gemobbt wurde, weil er sich gegenüber der Bevölkerung der Wahrheit (keine Chemnitz-Verfolgungsjagden) verpflichtet fühlte und darin zunächst sogar von Horst Seehofer gestützt wurde. Aber zuletzt ging auch dem damaligen Bundesinnenminister die Puste aus.
In einem unserer umfangreichen Interviews äußerte sich Dr. Maaßen zum Ende seiner Karriere an der Spitze der Behörde. Damals habe ihn ein Abteilungsleiter aus dem Bundeskanzleramt „sichtlich schockiert“ erklärt, er könne doch der Kanzlerin nicht widersprechen:
„Dieser blinde Gehorsam eines Spitzenbeamten zeigt die Mentalität von vielen in der Bundesverwaltung. Wahrer als die reine Wahrheit ist für diese leitenden Beamten die politische Wahrheit, nämlich das, was Minister und Kanzler als Wahrheit verkünden, und alles andere hat sich dem zu fügen. Und offensichtlich war es beim Spitzenpersonal des RKI als einer Bundesoberbehörde ganz genauso: Der Minister hat immer Recht und man widerspricht ihm nicht.“
Die Dinge nicht persönlich zu nehmen, gehört sich auch für Dr. Maaßen zu den täglichen Exerzitien. Dabei hilft ihm ein positiver Charakterzug: Hans-Georg Maaßen ist verbal hochgerüstet, aber er zieht den Colt niemals vorschnell.
Ist Dr. Maaßen wehrloser gegenüber Intrigen als andere? Angriffe aus den eigenen Reihen scheinen ihn mehr zu überraschen als Personen in vergleichbaren Führungspositionen. Man muss hier allerdings relativierend festhalten, dass die Werteunion per se ein Auffangbecken für freiheitliche Charaktere ist, die vielfach deshalb in der CDU keine Heimat mehr gefunden haben, weil sie gegen den Linkskurs aufbegehrt haben. Hier sind zunächst einmal Nein-Sager zusammengekommen, die allesamt mit Trennungsnarben oder noch offenen Wunden ins neue Haus eingezogen sind.
Aber vor allem auch mit einem Bündel voller Hoffnungen auf eine neue Rolle in der neuen Partei. Aber so viele Rollen sind dann naturgemäß nicht zu vergeben, und der oft über Jahrzehnte durchlittene Politikbetrieb hat diesen CDU-Meuterern Ellenbogen gemacht, die sie schwer einziehen konnten. Anzuecken war hier vorprogrammiert. Solche Kabbeleien müssen dann untereinander befriedet werden. Wenn der Zirkusdirektor bei den Springpferdchen eingreifen muss, wird es fast zwangsläufig eine Dressur.
Zuletzt sei noch auf den Begriff „Premium-Partner CDU“ hingewiesen. Der spielt in etwa in der Kategorie „Misthaufen der Geschichte“ von Alexander Gauland. Äußerungen, die grundsätzlich stellvertretend herhalten müssen, wenn es dem Gegner nur darum geht, das Objekt im Fadenkreuz zu diskreditieren. Das ist der Joker der Diffamierungen – allzeit bereit, gezogen zu werden. Noch schmerzlicher, wenn die Angreifer, wie hier, aus den eigenen Reihen kommen.
Man muss die Giftzwerge nicht einzeln aufzählen, die sich schon in der Startphase der Werteunion zurückgesetzt fühlten und zum Angriff übergingen, bis hin zum Ausbreiten schmutziger Wäsche. Schlimmer geht immer.
Ich bin davon überzeugt, dass Hans-Georg Maaßen gestern das Richtige getan hat. Ich musste dabei für einen Moment an den Frühling 2021 zurückdenken, als es ihm – schon damals gegen viele Widerstände – in Südthüringen gelang, in einem Wahlkreis für die CDU als Bundestagskandidat aufgestellt zu werden.
Was wäre gewesen, wenn Maaßen damals mehr als nur ein beachtliches Ergebnis erzielt und den Platz im Parlament in der Unionsfraktion auch bekommen hätte? Was hätte ein Hans-Georg Maaßen unter einem Fraktionsführer und Parteichef Friedrich Merz erreichen können für Deutschland? Wäre das nicht am Ende das viel größere Scheitern gewesen?
Ich wage das Urteil, dass Maaßen auf dem Weg, den er stattdessen mit der Werteunion gegangen ist, deutlich mehr Menschen erreicht und beeindruckt hat, als er es in einer CDU-Bundestagsfraktion als einfacher Abgeordneter je hätte erreichen können.
Ist Maaßen gescheitert? Er selbst muss es mit Blick auf die Werteunion wohl so sehen, die Ziele waren ja hochgesteckt. Ich glaube aber, die Werteunion hat das Maximale versucht und das Maximale erreicht. Mehr war nicht drin. Hier ist nicht Hans-Georg Maaßen gescheitert, sondern die Idee, Deutschland zu retten, indem man das Parteiensystem von innen heraus zum Implodieren bringt. Der Widerstand der Herrschenden war einfach zu groß.
Zur Quelle wechseln
Author:
Alexander Wallasch