Wie bedeutend ist die Social-Media-Plattform X für die AfD geworden, insbesondere auch mit Blick auf den Wahlkampf?
Absolut positiv, muss man sagen. Wir erreichen dadurch eine große Menge an Wählern und Interessenten. Und wir sind unabhängiger vom journalistischen Mainstream. Wir haben die Möglichkeit, alte und neue Wähler noch direkter zu erreichen und eine große Reichweite zu generieren. X ist ein sehr wichtiges Element für uns.
Welche Hoffnung setzt die AfD jetzt auf Facebook und Zuckerberg?
Das ist eine gute und wichtige Entscheidung, dass auch dort einiges kritischer beäugt wird, was die Propaganda und Tatsachenverdrehung angehen. Dass dort die selbsternannten „Faktenchecks“ irgendwann hinterfragt werden. In Deutschland soll es aber offenbar nicht sofort der Fall sein, es wird im Wahlkampf zunächst so weitergehen, wie es vorher war.
Aber wir sehen dem in Gelassenheit entgegen und kommen damit auch klar. Wir sind es gewohnt, uns gegen Angriffe wehren zu müssen. Wir sind die Partei, die am professionellsten seit vielen Jahren damit umzugehen weiß. Wir sind in neuen Medien grundsätzlich professioneller unterwegs, weil wir dazu von Anfang gezwungen waren. Uns wurde der Zugang zu anderen Medien vielfach verwehrt. Wir mussten uns Nischen suchen, um Öffentlichkeit generieren zu können. Und das waren immer die neuen Medien. Deswegen sind wir dort allen anderen Parteien um Lichtjahre voraus.
Jetzt ist gestern der Server von Kontrafunk zusammengebrochen. Der Radiosender hatte angekündigt, das Gespräch mit Elon Musk zu verbreiten und live mitzugestalten. Welche Hoffnungen setzt Ihr in das Gespräch mit Elon Musk?
Idealerweise wird das ein Kennenlerngespräch sein zwischen den beiden. Eine Art Erstaufschlag. Frau Weidel geht da völlig frei rein und freut sich sehr darauf. Was dabei konkret herauskommt, das werden wir dann sehen. Wir haben natürlich schon im Vorfeld eine unglaublich große Aufmerksamkeit dadurch bekommen. Das ist nie schlecht im Wahlkampf. Insbesondere auch, wenn man ein Thema hat, bei dem die AfD nicht durchweg negativ transportiert und diffamiert werden kann.
Großes Rätselraten in den letzten Stunden und Tagen. Wo passiert das, fliegt Frau Weidel dort hin? Oder kommt Musk nach Berlin, ist es mit oder ohne Bild …
Es sind wirklich viele Spekulationen ins Kraut geschossen. Ich konnte als Pressesprecher gar nicht gegen alle Spekulationen anarbeiten. Es wird aber nüchterner als es die Gerüchteküche ausgeschmückt hat. Aber es ist natürlich schön, dass alle so begeistert sind. Alice Weidel wird diesen X- Space aus ihrem Büro machen. Wir bauen dort Mikros auf, damit von unserer Seite technisch alles einwandfrei laufen wird. Es wird ein klassischer X-Space, Audio und ohne Bilder.
Das heißt, dass man sich Frau Weidel dann in der lässigen grauen Jogginghose vorstellen darf?
Das wohl nicht, weil wir danach noch ein RTL-Interview haben.
Ich staune aktuell über die Kritiklosigkeit Herrn Musk gegenüber. Der ist ja immerhin Teil der Regierung Trump. Und die US-Regierung hat gleich eine ganze Reihe gewichtiger Interessen, die nicht wirklich deckungsgleich sind mit denen der Bundesrepublik. Die AfD ist hier zweifellos die energischste Vertreterin deutscher Interessen. Ich kann mir auch deshalb einen Kuschelabend Weidel/Musk nur schwer vorstellen …
Es geht gar nicht darum, dass man einhundert Prozent einer Meinung sein muss. Und schon gar nicht darum, dass die AfD oder Alice Weidel sagt, wir nicken jetzt mal brav alles ab, was die USA, bzw. was Trump plant. Da stoßen durchaus zwei Interessenlagen aufeinander, die nicht immer unbedingt deckungsgleich sein werden.
Aber darum geht es auch gar nicht. Sondern es geht erst einmal darum, dass man versucht, halbwegs auf Augenhöhe miteinander zu agieren. Ich glaube, das ist auch das, was Musk interessiert. Zu sagen: Hier ist eine Partei, die die Interessen ihres Landes vertritt. Das finden wir grundsätzlich sympathisch. Das „America First“-Pendant ist „Deutschland zuerst“. Und dafür steht die AfD wie sonst keine andere Partei. So werden wir in den USA wahrgenommen bei Elon Musk und auch bei den MAGA-Leuten. Das finden wir interessant und spannend.
Und deswegen auch dieser Austausch, um mal abzuklopfen: Wo sind womöglich die Schnittmengen, wo sind vielleicht auch Kontroversen? Davor scheuen wir uns nicht. Das wollen wir diskutieren und auf den Tisch bringen, ohne dass wir jetzt unsere eigene Rolle überinterpretieren wollen.
Wir sind keine Regierungspartei, sondern Opposition. Das ist auch den Republikanern klar. Und Trump weiß das auch. Aber wir sehen das auf jeden Fall – und das ist auch das, was wir aus den USA gespiegelt bekommen – sehr positiv, dass es eine Kraft in Deutschland gibt, die selbstbewusst die deutschen Interessen vertritt. Die müssen nicht unbedingt immer mit denen der USA in Einklang zu bringen oder deckungsgleich sein.
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Aber was für eine Zwickmühle ist das denn für jemanden wie Merz oder Scholz, die tendenziell als besonders US-freundlich eingeschätzt werden, sich aber im US-Wahlkampf massiv anti-Trump eingemischt haben? Die deutschen Etablierten wären einfache und devote Verbündete einer Regierung Trump. Das Musk-Bekenntnis zur AfD spricht demnach für einen starken freiheitlichen Aspekt von Musk und der Trump-Regierung …
Wir haben den spannenden Punkt, dass wir Präsident Trump nicht widersprechen in seiner Ansicht, dass Europa, gerade auch was die Sicherheitspolitik angeht, souveräner und selbstständiger agieren muss. Wenn Trump sagt, die NATO hat auch Verpflichtungen und kann sich nicht immer an die USA hängen, dann würden wir das auf jeden Fall unterschreiben. Das heißt nicht, dass wir keine Partnerschaft mehr haben wollen oder in Gegnerschaft sind. Sondern wir wollen klar den europäischen Arm innerhalb der NATO stärken. Das ist unsere Ansicht innerhalb der AfD.
Wir wollen nicht bequem unter die amerikanische Decke schlüpfen, sondern schon auch als selbstbewusstes Europa, als selbstbewusstes Deutschland agieren. Für diese Sichtweise gibt es starke Sympathien in den USA.
Welche Rolle hat die Influencerin Naomi Seibt bei der Gesprächsvermittlung gespielt?
Offenkundig hat sie Elon Musk auf diese Idee gestoßen. Da hat Naomi Seibt daran mitgewirkt. Von unserer Seite gab es Kontakte zum Musk-Umfeld, direkt zu seinem Stab. Die gibt es aber schon länger. Schon vor der Europawahl waren wir im längeren Austausch. So haben wir ihm zum Beispiel das Europawahlprogramm auf Englisch zugeleitet. Und er hat von sich aus nochmal aktiv nachgefragt.
Mich würde interessieren – aber das werden wir beide nicht beantworten können –, ob die deutschen Geheimdienste der Bundesregierung damals das AfD-Musk-Dossier rübergeschickt haben …
(Lacht) Das halte ich nicht für sonderlich unwahrscheinlich. Ansonsten müssen wir uns auch über unsere Nachrichtendienste Sorgen machen.
Wann folgt das Gespräch von Frau Weidel mit Mark Zuckerberg?
Schauen wir mal! Vielleicht hat er jetzt auch Interesse. Warum sollten wir uns verschließen? Aber es ist definitiv nicht so, dass wir das als nächstes anstoßen müssen. Und wir wollen natürlich den guten Elon Musk nicht zu sehr ärgern.
Der Ukraine-Verdienstordensträger Ulf Poschardt spricht schon von einer neuen Ära bezogen auf Zuckerberg. Erwarten Sie eine Neuaufstellung der alten Medien gegenüber der AfD?
Es ist schon so, dass die Atmosphäre eine andere ist als im letzten Bundestagswahlkampf. Wir können uns vor Presseinterviewanfragen kaum retten. Da können wir uns nicht beschweren, Das ist tatsächlich eine andere Qualität geworden mittlerweile.
Man merkt durchaus, dass die Mainstreammedien ins Grübeln geraten. Da gibt es kein stumpfes ‘Weiter so!‘ mehr. In den verkrusteten Strukturen werden mittlerweile auch Stimmen laut, die sagen: Wir haben diese Entwicklung auf Social Media jetzt über viele Jahre verschlafen. Dort merkt man, dass sie ihr Monopol komplett verlieren.
Im Mainstream beginnt ein gewisser Lernprozess. Wir haben es bei der „Welt“ gesehen, wie die Reaktionen darauf waren, als man Musk seinen Kommentar hat schreiben lassen. Das sind Dinge, welche die deutsche Medienlandschaft in Aufruhr versetzen. Ich denke, da wird sich noch viel bewegen.
Danke für das Gespräch!
Daniel Tapp ist seit dem Bundestagseinzug der AfD 2017 persönlicher Pressesprecher von Alice Weidel.
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Author:
Alexander Wallasch