• 20. August 2025

Klöckner nennt „Nius“ die „taz“ von rechts – Reichelt darf die Nase rümpfen

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Aug. 20, 2025
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Ich verstehe die Empörung nicht über den Vergleich von Julia Klöckner zwischen „taz“ und „nius“, zwei Online-Portale, welche, so die Bundestagspräsidentin, jedes für sich ihre Berechtigung in der Medienlandschaft haben. Die beiden seien sich in der Methodik „nicht so sehr unähnlich“, das müsse man in einer Demokratie aushalten. Welche Methoden hier gemeint sind, blieb dabei etwas nebulös.

Was man weiß, ist, dass Reichelt mit „Nius“ der Politik der Ampel kritisch gegenüberstand und damit exakt das erledigte, was sich für eine vom Grundgesetz besonders geschützte Vierte Gewalt gegenüber Regierungen gehört, was ihr originärer Auftrag ist.

Die wird „taz“ sowohl in der Ampelregierung wie auch im staatsfinanzierten Aufbau eines linksradikalen Vorfelds der Ampel und im Kampf gegen die politische Opposition das Endziel des Marsches durch die Institutionen erkannt haben.

Die „taz“ machte während der Ampeljahre keinen Hehl aus ihrer Zustimmung, einzelne Scheinscharmützel gehörten zum Trommeln für die Ampel dazu. So war es ein Urgestein der „taz“, der ehemalige Chefredakteur Peter Unfried – der jetzt mit eigenem „taz“-Magazin noch politischer auftreten kann –, der immer wieder den grünen Robert Habeck live beim „taz-lab“ in Berlin zu Gast hatte . 2023 übte sie Unfried mit dem damaligen Wirtschaftsminister ganz unverhohlen in totalitären Geständnissen aus dem Herzen der Finsternis.

Einmal wurde es dabei sogar dem Grünen zu mulmig, als Unfried von ihm wissen wollte, „ob die Demokratie in der Lage ist, unangenehme Maßnahmen zu ergreifen auch gegen – sagen wir mal – das Freiheitsverständnis von Minderheiten, indem sie sich selbst und diese Gesellschaft schützt und eben militärisch oder auch klimapolitisch Maßnahmen ergreift, die nach unserer bisherigen Kultur nicht als superdemokratisch verstanden werden.“

Habeck staunt sichtbar, was Unfried da offen ausgesprochen hat, und murmelt: „Da würde ich widersprechen.“

Hier ist der Geist der „taz“ aus der Flasche geploppt und hat mächtig Dampf gemacht. Wo finden sich solche Forderungen, die Demokratie müsse sich einer Ideologie unterwerfen, bei Reichelt und „Nius“?

„Nius“ ist vergleichsweise neu auf dem Markt, Julian Reichelt war zuvor lange Jahre beim Springer Verlag beschäftigt und dort auch als Chef der „Bild“. Was die „taz“ in ihren Gründungsjahren zu bieten hatte, muss „Nius“ erst einmal schaffen.

Was könnte das heute sein, das übertrifft, was die DNA des linken Blatts ausmacht? Denn schon ein Jahr nach der Gründung sammelte das Blatt Geld für Waffen für den revolutionären Kampf in El Salvador. Was das Blatt selbst über diese Aktion schreibt, wird selbst Hollywood-Autoren zu klischeehaft und unglaubwürdig erscheinen, legte man es ihm als Skript vor:

„Kaum jemand hatte wirklich erwartet, dass da viel Geld zusammenkommen würde, als die taz am 3. November 1980 auf ihrer Titelseite den Aufruf ‚Waffen für El Salvador‘ veröffentlichte. Aber nach sechs Wochen waren schon über 400.000 Mark zusammen, und die ersten taz-Redakteure machten sich mit Plastiktüten voller Dollarscheine auf nach Zentralamerika, um Comandantes der salvadorianischen Guerilla FMLN zu treffen und ihnen das Geld zu übergeben, das die bundesdeutsche Linke gesammelt hatte.“

Ein Ausrutscher? Mitnichten. Weiter heißt es da, bis zum Ende der Kampagne nach dem Friedensschluss in El Salvador 1992 sollten es „rund 4,7 Millionen Mark werden – seinerzeit die größte Geldsammlung der Linken in der Geschichte der Bundesrepublik“, die man da zusammenbekommen hat.

Bewaffneter Widerstand, RAF 2.0 oder etwas Legales machen und auf den Marsch durch die Institutionen gehen – das wird damals die Fragestellung dieser Politjournalisten gewesen sein – als Journalisten verkleidete Aktivisten.

Aber das ist fast fünfzig Jahre her. Die Gegenwart dieser mittlerweile nur noch online erscheinenden Zeitung wird von Leuten wie dem bereits vorgestellten Peter Unfried oder auch von taz-Redakteurin Ulrike Herrmann geprägt, auch eine Talkshow-Nomadin, die immer wieder mal von den Öffentlich-Rechtlichen gebucht wird, aber auch von der eigenen Redaktion zum Interview eingeladen wird, wenn sich sonst keiner meldet.

So etwa 2022, als sie dem Kapitalismus und der freien Wirtschaft den Kampf ansagte, um das Klima zu retten. Unfried opfert die Demokratie, Herrmann verzichtet auf den Kapitalismus – alles zusammen für das Klima:

„Man kann nur noch die Wirtschaftsleistung erzeugen, für die der Ökostrom reicht. Im Augenblick haben wir sowieso fast gar keinen Ökostrom. Der Plan ist zwar, noch viele Windräder aufzubauen. Trotzdem ist es realistisch anzunehmen, dass man die Wirtschaftsleistungen halbieren muss.“

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Nicht weniger, als eine „Überlebenswirtschaft“ verlangte Herrmann. Ohne private Autos und ohne Flugzeuge, wie sie es wörtlich formulierte. „Taz“-Chefredakteur Peter Unfried veröffentlichte 2008 „Öko“. Der rote Daniel (Dany) Cohn-Bendit, ein enger Weggefährte des grünen Ex-Außenministers Joschka Fischer, hinterließ ein Zitat auf dem Buchrücken von „Öko“:

„Mit Peter Unfrieds Buch beginnt die gesellschaftliche Revolte, die wir brauchen: Die Öko-Revolte.“

Der Journalist als Revolutionär. Die „taz“ steht hier in einer jahrzehntelangen Tradition; schmort weiter im eigenen Saft. Und die etablierten Medien von T-Online bis Spiegel empören sich jetzt über Vergleiche von „taz“ und „Nius“? Das klingt wie Satire und das ist es auch.
Julian Reichelt hat exzellente Journalisten wie Alexander Kissler und Ralf Schuler um sich versammelt. Und er weiß sogar das linkspolitische Ansehen der Mitbewerber lustig anzurempeln, wenn er seine Leser bittet, „Teil unserer Bewegung“ zu werden, als ginge es um einen revolutionären Akt, nur um dann im Nachsatz verschmitzt zum Einkauf zu bitten:

„Werden Sie Teil unserer Bewegung! Shoppen Sie jetzt exklusive NIUS-Artikel.“

Aber kommen wir zurück zur Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU). Über sie schreibt etwa der Spiegel aktuell: „Julia Klöckner schadet ihrem Amt und der Demokratie.“ Sie habe mit ihrem „Nius“- und „taz“-Vergleich schwer danebengegriffen.

Dazu muss man wissen: Die „taz“ ist schon lange das Vorfeld für regierungsnahe Magazine und Zeitungen wie Spiegel und Co. Die „taz“ ist die schlecht bezahlte Kaderschmiede hin zu den dicken Honigtöpfen. Das Personalkarussell ist beachtlich.

Was man Julia Klöckner aber vorwerfen könnte, geht beim „Spiegel“ ganz unter: Der CDU-nahe Geldgeber von „Nius“ veranstaltete in seinen Räumlichkeiten das Sommerfest der CDU-Koblenz, dem Nachbar-Wahlkreis von Klöckner. Präziser in den Räumen des „Innovationszentrums“ des Koblenzer Unternehmens CompuGroup Medical (CGM), das zum Imperium von „Nius“-Geldgeber Frank Gotthardt gehört.

Ausgerechnet jene Klöckner, die am ersten Arbeitstag als Bundestagsvizepräsidentin in Richtung AfD-Fraktion anmahnt, diese dürfe die anderen Parteien nicht als „Kartell“ bezeichnen. Nun ist es der „Nius“-Chef selbst, der von einem „Kartell gegen die Mehrheit“ spricht.

Wie passen die beiden also hier zusammen? Über den milliardenschweren Investor, dem Klöckner in Koblenz unter dem Schirm der CDU die Aufwartung macht. Und als Gastgeschenk hat sie eine Art Ehrenerklärung für „Nius“ mitgebracht, die man durchaus als Scharnierfunktion hin zur CDU und ihren Wählern verstehen darf.

Schon in der Causa Brosius-Gersdorf hatte Reichelt den Vorhang weiter aufgezogen und neue Lesergruppen erschlossen. Der smarte Blattmacher weiß sehr wohl, dass es unter dem Label „Neue Medien“ eine große, aber für seine Ambitionen nur begrenzte Leserzahl gibt, die man schwer skalieren kann. Folgerichtig ist der CDU-affine Leser, der mit der aktuellen CDU schwer unzufrieden ist, der natürliche Premiumpartner von „Nius“.

Wer also die „taz“ mit „Nius“ vergleicht, der diffamiert damit eigentlich „Nius“ und nicht die Demokratie- und Kapitalismusverächter der Öko-Revolution bei der „taz“.

(Ich habe Anfang der 2000er Jahre eine Reihe von Artikeln für die „taz“ geschrieben. Auch mit Peter Unfried bin ich damals gut bekannt gewesen.)

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Author:
Alexander Wallasch

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