Wie entwürdigend ist es eigentlich, Menschen pauschal als entwürdigend zu betrachten?
Diese Frage drängt sich auf, wenn man die jüngsten Berichte aus Spanien liest: Dort wird nun offiziell geprüft, ob Lamine Yamal – Fußballstar beim FC Barcelona – auf seiner Geburtstagsparty Menschen mit Behinderung „zur Belustigung“ eingesetzt hat. Genauer gesagt: Entertainer mit Kleinwuchs. Und weil das laut spanischem Gesetz verboten ist, prüft die Gleichstellungsbehörde, ob sich der 18-Jährige strafbar gemacht haben könnte.
Wohlgemerkt: Es gibt keine Hinweise, dass diese Menschen verspottet oder erniedrigt wurden. Im Gegenteil: Ein beteiligter Künstler meldete sich sogar selbst zu Wort und betonte, er habe diesen Job freiwillig und gern gemacht. Und dennoch sieht sich Yamal nun dem Vorwurf ausgesetzt, gegen das Gesetz zur „Würde von Menschen mit Behinderung“ verstoßen zu haben.
Man muss das zweimal lesen, um es zu fassen. Denn hier liegt der eigentliche Skandal: nicht in der Feier, sondern in der Reaktion darauf.
Der eigentliche Skandal ist nicht, dass Menschen mit Kleinwuchs auftreten – sondern dass man ihnen das nun verbieten will.
Faktisch läuft diese Gesetzesauslegung darauf hinaus, dass Menschen mit Kleinwuchs vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden – zumindest aus dem Unterhaltungsbereich. Ganz gleich, ob sie gerne auftreten, gut verdienen oder stolz auf ihren Beruf sind – ihre Körpergröße allein macht sie zu „Verdachtsfällen“. Und das im Namen der Würde.
Wer so argumentiert, entzieht ihnen jede berufliche Selbstbestimmung. Er sagt: Du darfst auftreten – aber nur, wenn du keine Zuschauer hast. Denn sobald jemand lacht, könnte es ja „Belustigung“ sein. Eine groteske Verdrehung von Schutz und Zensur.
Die neue Moral: Wer ‚schützt‘, entscheidet, was verletzt
Der Fall steht exemplarisch für ein Zeitgeistphänomen, das sich wie Mehltau über westliche Gesellschaften legt: Der Schutz wird zum Zwang, das Opfer zur Norm und die Selbstbestimmung zum Risiko.
Die Unterstellung, Kleinwüchsige würden grundsätzlich nur dann auftreten, wenn sie zu Witzfiguren gemacht werden, ist nicht nur arrogant – sie ist selbst zutiefst diskriminierend. Sie reduziert Menschen auf ihre körperliche Abweichung und spricht ihnen die Fähigkeit ab, über ihre eigenen Entscheidungen zu bestimmen.
Wer so argumentiert, schützt nicht – er entmündigt.
Und genau das ist hier passiert. Ein Gesetz, das eigentlich Würde garantieren soll, wirkt plötzlich wie eine Bevormundungsmaschine. Denn es geht nicht mehr um die Intention, nicht um den Kontext, nicht um das Selbstverständnis der Beteiligten – sondern allein um die äußerliche Konstellation: Kleinwuchs + Party = Verdachtsfall.
Das ist kein Schutz mehr. Das ist eine automatische Tugendvermutung. Und sie ist brandgefährlich.
Wenn Gesetze zu Gesinnung werden
Natürlich: Niemand will zurück in Zeiten, in denen Menschen mit Behinderung zur Schau gestellt wurden. Das ist unanständig und hat mit Unterhaltung nichts zu tun. Aber was hier geschieht, ist das genaue Gegenteil einer zivilisierten Haltung. Hier wird nicht gegen Diskriminierung vorgegangen, sondern gegen jede Form von Abweichung von einer hypermoralischen Norm. Und die lautet: Bestimmte Gruppen dürfen nur noch als Opfer erscheinen – nie als Handelnde, nie als Profis, nie als freie Menschen.
So wird eine Berufsgruppe durch die Hintertür abgeschafft – nicht offiziell, aber praktisch. Wer morgen einen Entertainer mit Kleinwuchs bucht, muss sich überlegen: Droht eine Anzeige? Ein Shitstorm? Ein Ermittlungsverfahren? Das hat mit Freiheit nichts mehr zu tun – es ist der moralische Zugriff auf das Berufsleben.
So wird ein Gesetz zur Gesinnungsprüfung. Und eine private Feier zum Tribunal der neuen Tugendjustiz.
Der nächste Schritt? Vielleicht ein Gesetz, das verbietet, auf Partys schöne Menschen einzuladen. Oder gut gebaute. Oder tätowierte. Denn irgendjemand könnte sich ja ausgebeutet fühlen. Die Paranoia der korrekten Gesinnung kennt bekanntlich keine Pause.
Und so bleibt am Ende nur die Frage: Wem genau soll das hier eigentlich helfen?
Den Kleinwüchsigen? Die dürfen jetzt vielleicht nicht mehr auftreten – und verlieren damit Einkommen, Selbstständigkeit, gesellschaftliche Sichtbarkeit.
Dem Ansehen des Staates? Wohl kaum.
Der Idee der Inklusion? Sie wurde hier zur Farce.
Es hilft einzig und allein denen, die sich moralisch überlegen fühlen wollen. Und dafür jeden brauchen – außer die, um die es eigentlich geht.
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