• 24. Januar 2025

Kita-Pflicht, Noten erst ab Klasse 9, Hausaufgaben abschaffen: Der Bürgerrat Bildung und Lernen veröffentlicht 19 Empfehlungen

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Jan. 24, 2025
Kita-Pflicht, Noten erst ab Klasse 9, Hausaufgaben abschaffen: Der Bürgerrat Bildung und Lernen veröffentlicht 19 Empfehlungen

Bonn (ots)

Zum Internationalen Tag der Bildung veröffentlicht der Bürgerrat Bildung und Lernen insgesamt 19 Empfehlungen an die Politik, wie das Bildungssystem in Deutschland verbessert und Chancengerechtigkeit gefördert werden können. Dabei haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verschiedene Bereiche in den Blick genommen, von frühkindlicher Bildung über schulische Bildung bis zur beruflichen Bildung. Das Ziel: Langfristige Veränderungen in der gesamten Bildungskette. Voraussetzung dafür sind mehr Freiheiten für Bildungseinrichtungen – und vor allem für Kinder und Jugendliche.

Es ist ein großer Wurf, den die Bürgerinnen und Bürger im Bürgerrat Bildung und Lernen gemeinsam erarbeitet haben. Es geht um Noten und Hausaufgaben, Mitbestimmung und Kinderrechte, um individuelles und zeitgemäßes Lernen. Insgesamt 19 Empfehlungen umfasst das neue Programm des Bürgerrats Bildung und Lernen und nimmt dabei die gesamte Bildungskette in den Fokus. Leitfrage dabei: Wie viel Freiheit braucht das Lernen?

Die Entscheidung, welche Vorschläge in das neue Programm mit aufgenommen werden, haben sich die Bürgerinnen und Bürger nicht leicht gemacht. In mehreren Sitzungen und in unzähligen Diskussionsrunden haben sie Standpunkte abgeglichen und mehrheitsfähige Ideen erarbeitet. Dabei konnte es durchaus hitzig zugehen, denn die Vorstellungen, wie viel Freiheit in der Bildung sinnvoll ist und wie viel Vorgaben es geben muss, gingen zum Teil weit auseinander. Über die Empfehlungen abgestimmt haben rund 120 Bürgerrätinnen und Bürgerräte bei der siebten Tagung des Bürgerrats Bildung und Lernen am 23. und 24. November in Leipzig.

Noten erst ab Klasse 9

Unter anderem empfiehlt der Bürgerrat, Noten erst ab der neunten Klasse einzuführen – ergänzend zu individuellem Lern-Feedback, das es in den Klassenstufen vorher für alle Schülerinnen und Schüler statt Noten geben soll. Dafür stimmten insgesamt 77 Prozent der Bürgerinnen und Bürger. Auch gehört zu den Vorschlägen für die allgemeinbildenden Schulen, dass Hausaufgaben abgeschafft und durch „Vertiefungsstunden“ ersetzt werden sollen (71 Prozent Zustimmung). Dadurch, so die Hoffnung des Bürgerrats, könnten Chancengerechtigkeit, Lernfreiheit und die Lernverantwortung der Schülerinnen und Schüler gefördert werden.

Im Bereich der frühkindlichen Bildung plädierte die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger unter anderem für mehr Mitbestimmung für Kita-Kinder (67 Prozent) und eine zweijährige Kita-Pflicht (88 Prozent). In der Begründung der Kita-Pflicht heißt es: „Die Bürgerräte sehen gute Sprachkenntnisse als Grundlage für die Teilhabe am sozialen Leben und den gesamten Bildungsweg. Im Spiel und durch Interaktion lernt das Kind automatisch und zwanglos. Voraussetzung dafür ist eine Kita-Pflicht in den letzten beiden Jahren vor der Einschulung.“

Auch den beruflichen Bereich haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in den Blick genommen. Hier stimmten 96 Prozent dafür, dass es Berufsorientierungswochen für alle Jugendlichen geben soll und Jugendliche ohne Schulabschluss bessere Berufschancen erhalten sollen (88 Prozent Zustimmung).

Die Arbeit des Bürgerrats geht weiter

„Ich denke, wir können wirklich stolz sein auf das, was wir geleistet haben und auf die Vorschläge, die wir gemeinsam formuliert haben. Natürlich waren die Diskussionen teilweise auch hart, aber nun können wir sagen, wir haben etwas entwickelt, das wir guten Gewissens präsentieren können“, sagt Sabirya Ekinci, die als Straßenbahnfahrerin in Hannover arbeitet und seit vier Jahren im Bürgerrat aktiv ist.

Anders als die meisten Bürgerräte wurde der Bürgerrat Bildung und Lernen nicht von einem politischen Gremium beauftragt. Ins Leben gerufen wurde er von der unabhängigen und gemeinnützigen Montag Stiftung Denkwerkstatt in Bonn. Ursprünglich auf drei Jahre angelegt, wurde er Ende 2023 um zwei weitere Jahre verlängert, denn: „Die Verantwortungsunschärfe beim dringenden Veränderungsbedarf zwischen Bund, Ländern und Kommunen erfordert viel Zeit, um in den Beratungen dafür zielgenaue Empfehlungen zu erarbeiten. Hinzu kommt, Veränderungen in der Bildungspolitik in Deutschland brauchen einen langen Atem“, so Dr. Karl-Heinz Imhäuser, Vorstand der Stiftung und Initiator des Bürgerrats Bildung und Lernen.

Insgesamt setzt sich der Bürgerrat aus 700 zufällig ausgewählten Menschen aus ganz Deutschland zusammen, die einen Querschnitt der Bevölkerung abbilden und sich in wechselnder Zusammensetzung getroffen haben. Die Entscheidung, welche Empfehlungen nun verabschiedet wurden, trafen im November 2024 dann stellvertretend rund 120 Bürgerratsmitglieder. Mit dabei waren auch rund 20 Schülerinnen und Schüler, die Mitglieder des Jungen Bürgerrats sind. Ihre Meinungen wurden in den verschiedenen Diskussionen ebenfalls gehört und flossen in die Vorschläge ein. Die Kinder und Jugendlichen hatten sich unter anderem für mehr „individuelles und lebensnahes Lernen“ an Schulen eingesetzt, was letztlich 97 Prozent Zustimmung erhielt.

Beitrag zur lebendigen Demokratie

„Nun wünsche ich mir, dass unsere Arbeit auch gesehen und ernst genommen wird“, so Felix Voss, Student aus Leipzig und Bürgerratsmitglied der ersten Stunde. Denn es reicht dem Bürgerrat Bildung und Lernen nicht, die Empfehlungen lediglich zu veröffentlichen. Im nächsten Schritt geht es nun darum, den inhaltlichen Austausch auf verschiedenen Ebenen voranzutreiben. So übergibt der Bürgerrat seine Empfehlungen in den kommenden Wochen beispielsweise an die Kultus- und Bildungsministerien. Eine Abschlusskonferenz des Bürgerrats Bildung und Lernen ist für Ende 2025 geplant. Immer mit dem Wunsch, den konstruktiven Austausch zu fördern und Veränderungsprozesse anzustoßen.

„Der Bürgerrat Bildung und Lernen hat intensiv um seine Positionen gerungen und engagiert um Mehrheiten gestritten. Aber egal, welchen Alters, welcher Herkunft oder welchen Geschlechts – die Diskussionen verliefen immer respektvoll, auch wenn die Meinungen zum Teil weit auseinandergingen“, sagt Sabine Milowan, Projektleiterin und Leiterin der Montag Stiftung Denkwerkstatt. „Damit verstehen wir den Bürgerrat Bildung und Lernen auch als einen Beitrag zur lebendigen Demokratie in Deutschland. Jetzt ist die Politik gefragt, diese wertvollen Impulse aufzunehmen.“

www.buergerrat-bildung-lernen.de

Fotos von der Sitzung des Bürgerrats Bildung und Lernen in Leipzig verschicken wir gerne auf Anfrage.

Auch stellen wir gerne Kontakte zu Bürgerratsmitgliedern her – wenn möglich auch aus Ihrer Region.

Pressekontakt:

Sabine Milowan
Leiterin Montag Stiftung Denkwerkstatt
Pressesprecherin
Telefon +49 (0) 228 26716-633
[email protected]

Agentur für Bildungsjournalismus
Andrej Priboschek
Mobil 0175/43 20 675
[email protected]

Original-Content von: Bürgerrat Bildung und Lernen, übermittelt durch news aktuell

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