• 6. August 2025

Kanada und Frankreich wollen Palästinenserstaat anerkennen

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Aug. 5, 2025
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Ein Gastbeitrag von Thomas Rießinger

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Manche Dinge wundern mich, andere nicht.

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Dass Emmanuel Macron, der so gerne und so vergeblich mit der Ausstrahlung und der Macht Napoleons oder Ludwigs XIV. konkurriert, einen Palästinenserstaat anerkennen will, kann mich nicht überraschen – irgendwo muss er sich ja noch beliebt machen, und sei es bei den französischen Muslimen. Hingegen ist der kanadische Ministerpräsident Mark Carney bisher noch selten aufgefallen; im März 2025 hat er den unsäglichen Justin Trudeau abgelöst, sowohl im Amt des Premiers als auch im Vorsitz der Partei, die sich noch immer als liberal bezeichnet, obwohl sie spätestens seit Trudeaus Amtszeit von Freiheit so weit weg ist wie ein grüner Parteitag von Vernunft.

SEDO

Vor einigen Tagen hat sich Carney, vielleicht ermutigt durch Macrons Ankündigung, zur Frage eines Palästinenserstaates zu Wort gemeldet. „Kanada beabsichtigt, den Staat Palästina in der 80. Sitzung der UN-Vollversammlung im September 2025 anzuerkennen“, teilte er dem Publikum mit. Kanada vertrete schon seit Jahren den Vorschlag einer Zweistaatenlösung im Nahen Osten, was bedeutet, dass Israel und ein unabhängiger Palästinenserstaat einigermaßen friedlich sich ihres nachbarlichen Daseins erfreuen. Tatsache sei aber, dass „die Aussicht auf einen palästinensischen Staat buchstäblich vor unseren Augen schwindet.“ Einer der Gründe für diesen Richtungswechsel sei die Hungerkatastrophe unter der Zivilbevölkerung in Gaza, die Israel zugelassen habe, und zusätzlich berichtet die Tagesschau, Carney knüpfe den Schritt „an Reformen der Palästinenser-Regierung sowie Wahlen 2026 unter Ausschluss der Terrororganisation Hamas“.

Bin ich der Einzige, der sich wundert? Vielleicht hat Carney die gleichen Quellen wie Friedrich Merz, das würde einiges erklären. Vielleicht hört er wie manch anderer nur auf die Hamas-Propaganda. Man sollte jedoch nicht ganz vergessen, dass die Terrororganisation Hamas sich gerne Hilfslieferungen unter den Nagel reißt, um sie dann teuer zu verkaufen. Man sollte auch nicht vergessen, „dass in diesen Tagen Hunderte Tonnen an Hilfslieferungen an der Grenze zu Gaza in der Sonne verrotteten, weil die Vereinten Nationen und andere Organisationen sie schlicht und einfach nicht abholten, zugleich aber die israelische Regierung lauthals anklagten, die Einwohner von Gaza auszuhungern“. Aber ein gewisses Maß an Vergesslichkeit will ich dem Premier gerne zugestehen, man kann ja nicht an alles denken.

Doch zwei Dinge stechen sehr ins Auge. Er fordert allen Ernstes „Reformen der Palästinenser-Regierung sowie Wahlen 2026 unter Ausschluss der Terrororganisation Hamas“. Das wäre eine schöne Idee, sie ist nur leider reine Traumtänzerei. Die Terrororganisation Hamas kann man nur ausschließen, indem man sie zerschlägt; von alleine pflegen Terroristen sich nur selten ausschließen zu lassen, zumal sie das klare und fanatisch verfolgte Ziel haben, Israel zu vernichten. Und noch schöner ist, dass Carney zwar die Unmöglichkeit einer Zweistaatenlösung sieht, das aber als Grund betrachtet, einen palästinensischen Staat anzuerkennen. Wenn wir annehmen, dass es nicht nur einen solchen Staat gibt, sondern auch der Staat Israel weiterhin existiert, dann propagiert Carney nichts anderes als eine Zweistaatenlösung, die doch eigentlich „buchstäblich vor unseren Augen schwindet“. Diese Argumentation erschließt sich vielleicht nicht jedem.

Das logische Problem lässt sich lösen. Zu einem Staat gehören üblicherweise ein Staatsvolk, eine Staatsgewalt und ein Staatsgebiet. Was das Staatsvolk angeht, könnte sich eine kleine Schwierigkeit ergeben, denn ein Volk der Palästinenser gibt es nicht. Das hat Jasir Arafat 1968 erfunden, um „auf diese Weise das Selbstbestimmungsrecht der Völker beanspruchen können. Ethnisch und kulturell unterscheidet sie nichts von Ägyptern, Jordaniern, Syrern, Irakern oder Libanesen, von denen nicht wenige um 1900 und in der Zwischenkriegszeit wegen der durch die Zionisten neu geschaffenen Arbeitsmöglichkeiten überhaupt erst in die ehemalige osmanische Provinz Palästina bzw. ins gleichnamige britische Mandatsgebiet eingewandert waren“. Nach einer Staatsgewalt dagegen muss man nicht lange suchen, man findet sogar zwei. Da haben wir zunächst den vor allem im Westjordanland tätigen Mahmud Abbas, seit November 2008 Präsident Palästinas – also des Staates, den jetzt auch Kanada anerkennen will – und somit inzwischen im siebzehnten Jahr seiner vierjährigen Amtszeit; für Wahlen fand sich einfach nie die nötige Zeit. Und im Gaza-Streifen regiert seit 2006 die Terrororganisation Hamas, die seither auch keine rechte Freude mehr an Wahlen gewinnen konnte. Aber immerhin: Besser zwei Staatsgewalten als gar keine und in Anbetracht der bekannten Neigung aller Beteiligten zur friedlich-freundlichen Konfliktlösung mögen manche an die Möglichkeit einer Regierung glauben – Carney beispielsweise, denn der erwartet ja auch „Reformen der Palästinenser-Regierung sowie Wahlen 2026 unter Ausschluss der Terrororganisation Hamas“.

Und das Staatsgebiet? Da ergeben sich zwei Möglichkeiten. Eine davon hat Razi Hamed, ein hochrangiger Hamas-Vertreter, klar und deutlich ausgesprochen: „The initiative by several countries to recognize a Palestinian state is one of the fruits of October 7. We proved that victory over Israel is not impossible, and our weapons are a symbol of Palestinian dignity.“ Zu Deutsch: „Die Initiative mehrerer Länder, einen palästinensischen Staat anzuerkennen, ist das Ergebnis des 7. Oktober. Wir haben bewiesen, dass der Sieg über Israel nicht unmöglich ist und dass unsere Waffen ein Symbol der palästinensischen Ehre sind.“ Die Waffen als Symbol der Ehre, das kennt man schon aus der Geschichte und es klingt nicht danach, als wollte man sich bei der Hamas von was auch immer ausschließen lassen. Der Sieg über Israel: Das ist die völlige Auslöschung des Staates Israel. Man muss zugeben, dass das Problem des Staatsgebietes in der Sichtweise der Terroristen damit gelöst wäre, doch nicht einmal Macron und Carney will ich diese Sichtweise unterstellen.

Die ortsnahe Identifizierung eines Staatsgebietes ist somit nicht möglich, da man in Hamas-Kreisen sich nicht mit kleinen Stücken zufrieden gibt, sondern gleich den ganzen Kuchen will. Aber die Welt ist groß. Schließlich haben Frankreichs Präsident und Kanadas Premierminister beschlossen, einen Palästinenserstaat zu fördern, da könnten sie den hohlen Worten ausnahmsweise einmal Taten folgen lassen. Warum nicht einen entsprechenden Staat auf französischem Territorium gründen? Anbieten würde sich der Raum um Marseille, denn für Marseille selbst geht man von einem muslimischen Bevölkerungsanteil von 30 bis 40 Prozent aus, was den kulturellen Anschluss deutlich vereinfacht. Allerdings ist es dort schon einigermaßen voll, die gesamte Region Marseille hat eine Bevölkerungsdichte von 478 Menschen pro Quadratkilometer, und man kann sich leicht vorstellen, dass der Zuzug der einen oder anderen Million zu Unbehagen führen könnte.

Vielleicht hat sich deshalb Premierminister Carney in die Bresche geschlagen, denn Kanada ist doch etwas leerer. Die durchschnittliche Bevölkerungsdichte liegt bei knapp mehr als vier Menschen pro Quadratkilometer, aber davon darf man sich nicht täuschen lassen, weil wie üblich die Bevölkerung nicht gleichmäßig verteilt ist. Während sich beispielsweise in der Provinz Ontario etwa 15 Menschen auf einem Quadratkilometer drängeln, braucht man im Terrotorium Yukon schon 10 bis 12 Quadratkilometer, um überhaupt auf einen Menschen zu stoßen. Da ist Platz. Und etwa zwei Drittel der ungefähr 43.000 Bewohner leben ohnehin in der südlich gelegenen Hauptstadt Whitehorse. Sollte es dann nicht möglich sein, in Yukon Raum zu schaffen für einen Palästinenserstaat, ohne anderen etwas wegzunehmen? Endlich hätten sie ihre ewigen Gegner hinter sich gelassen und könnten sich frei entfalten. Ihre unbestrittenen Talente und Erfahrungen im Tunnelbau, die bisher eher terroristisch genutzt werden, ließen sich vielleicht für den Bergbau einsetzen, denn noch immer werden in Yukon Gold, Silber und Industriemetalle gefördert. Auch die Mitarbeiter des UNRWA, des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten, sind selbstverständlich eingeladen, sich am Staatsaufbau zu beteiligen; nachdem sie sich so viele Jahre lang für ihre Schützlinge aufgeopfert haben, kann man sie nicht einfach ausschließen.

In einem Anfall von Selbsterkenntnis sagte einst Nikita Chruschtschow, der Generalsekretär der KPdSU: „Politiker sind überall gleich. Sie versprechen, eine Brücke zu bauen, auch wenn es keinen Fluss gibt.“

Daran hat sich nichts geändert.

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Thomas Rießinger ist promovierter Mathematiker und war Professor für Mathematik und Informatik an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Neben einigen Fachbüchern über Mathematik hat er auch Aufsätze zur Philosophie und Geschichte sowie ein Buch zur Unterhaltungsmathematik publiziert.

Bild: T. Schneider / Shutterstock.com

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