Jürgen Braun war AfD-Bundestagsabgeordneter und vertrat den Wahlkreis Waiblingen. Der gelernte Jurist war menschenrechtspolitischer Sprecher seiner Fraktion und engagierte sich in Ausschüssen für Menschenrechte, Umwelt und Verbraucherschutz. Heute tritt Braun als Landratskandidat im Oberbergischen Kreis an, um dort einen „Politikwechsel“ einzuleiten. Das Interview beleuchtet seinen Wechsel in die Kommunalpolitik und die Chancen der AfD in NRW.
Die Todesfälle von sieben AfD-Kandidaten in Nordrhein-Westfalen vor den Kommunalwahlen am 14. September 2025 haben eine hitzige Debatte ausgelöst. Die betroffenen Kandidaten starben laut offiziellen Angaben größtenteils eines natürlichen Todes oder in einem Fall durch Suizid. Die Polizei und das NRW-Innenministerium schließen Fremdverschulden aus, doch Spekulationen, angeheizt in den sozialen Medien zielen auf die ungewöhnliche Häufung.
Jürgen Braun betont, dass die Fälle einzeln geprüft werden müssen, sieht jedoch eine „generelle Drucksituation“ gegen AfD-Politiker, die durch verbale Angriffe, gesellschaftliche Ächtung und aggressive Gegner wie „Omas gegen Rechts“ entsteht. Er kritisiert Politiker wie Laschet, Söder und Bundespräsident Steinmeier für eine Rhetorik, die den Hass gegen die AfD schüre.
Sie waren über zwei Legislaturen hinweg Bundestagsabgeordneter. Jetzt treten Sie in NRW an.
Ja, ich kandidiere als Landrat im Oberbergischen Kreis. Also für ein kommunales Spitzenamt, vergleichbar bei den großen Städten mit dem Oberbürgermeister.
Mit Chancen oder ist es eine Dekorationstätigkeit?
Es gibt schon Chancen. Die AfD ist davon überzeugt, dass wir Chancen haben. Natürlich gibt es da andere Favoriten. Aber es wird schon spannend, wenn ich in die Stichwahl käme. Wenn keiner die absolute Mehrheit erreicht und ich zumindest unter den ersten zwei wäre. Das wäre schon sehr spannend, eine Sensation und ein Novum in den westlichen Bundesländern, weil wir das bei diesen Spitzenämtern bisher noch nicht erreicht haben.
Wann haben Sie in den letzten dreißig Tagen wie viele Schierlingsbecher in die Hand gedrückt bekommen, die Sie vermeiden konnten?
Ich habe viele politische Gegner getroffen, die mir nicht die Hand gegeben haben. Insofern habe ich auch kein Kontaktgift von diesen Leuten erhalten können. Aber Spaß beiseite, die politischen Gegner sind aggressiv. Sie sind gerade auch in Nordrhein-Westfalen vielfach sehr aggressiv. Ihnen ist alles zuzutrauen. Aber ich sehe bisher keinen Fall, wo wir von direkter Wirkung von außen durch politische Gegner oder Ähnliches hier Todesfälle zu beklagen haben.
Sie sagten gerade „alles zuzutrauen“?
Ja, denen ist alles zuzutrauen. Und die Brutalität in der Auseinandersetzung gegen die AfD wird weiter zunehmen. Wenn wir zum Beispiel in acht Tagen in eine Stichwahl kommen, die dann 14 Tage später stattfindet – irgendwo in Nordrhein-Westfalen –, dann ist davon auszugehen, dass die Brutalität auch des linksextremen Lagers zunehmen wird. Und die CDU eines Herrn Reul wird die Leute nicht daran hindern.
Wir haben hier eine klare Dramatisierung. Ich erinnere nur daran, dass Laschet und Söder schon vor Jahren davon gesprochen haben, die AfD müsse bis aufs Messer bekämpft werden. Damit schafft man ja einen Rahmen, der wirklich brutal ist. Verbal geht es ja kaum schlimmer.
Man hätte konkreter Hammer sagen können, dann wäre es verständlicher gewesen.
Das wäre dann vielleicht zu konkret gewesen. Und Herr Laschet versucht ja dann immer gerne grinsend die Probleme zu umgehen. Wüst und Reul gehören zu den Konstrukteuren der Probleme, die die Bevölkerung dazu bringt, ihr Kreuz bei der AfD zu machen. Eine andere Migrationspolitik wäre womöglich hilfreicher als politische Verfolgung.
Migration ist und bleibt das Kernproblem der Bundesrepublik Deutschland, wie es ja mal Seehofer in einem lichten Moment vor neun Jahren gesagt hat. Genau darum geht es natürlich. Aber es geht auch um den ganzen Irrsinn drum herum. Die Vorstellung, Deutschland rettet die Welt. Diese bekloppte Vorstellung haben alle Parteien in Deutschland außer der AfD. Alle relevanten Parteien sind der Meinung, wir müssten weiterhin die deutsche Energie verteuern, die deutsche Industrie zerstören und davon würde die Welt profitieren, dass wir in Deutschland Kosten, Kosten, Kosten produzieren ohne Ende und in die Pleite marschieren.
Reul ist genauso wie Merz jemand, der immer mal wieder irgendwas Forsches verkündet. Aber dann passiert ja nichts. Auch in Sachen Migrations- und Kriminalitätsbekämpfung gibt es keine Fortschritte. Wüst und Reul setzen stattdessen weiterhin auch die Polizei ein für die Bekämpfung der Meinungsfreiheit. Die Polizei braucht sich nicht zu wundern, wenn sie zu wenig Zeit hat, sich um Kriminelle zu kümmern – auch kriminelle Migranten –, weil sie die ganze Zeit überlastet wird mit dem Unsinn, die Meinungsfreiheit zu bekämpfen.
Ist in NRW die CDU der Premiumpartner der AfD?
Premiumpartner ganz bestimmt nicht. Premium ist da gar nichts. Aber zur Not werden wir natürlich sehen müssen, wie wir parlamentarische Mehrheit kriegen. Wir werden ja nicht auf dem Stand die absolute Mehrheit schaffen. Und deswegen ist es natürlich erforderlich, dass man dann sieht, wo eine Koalition zu bilden ist. Nur eins ist klar: Die Brandmauer, diese bescheuerte, undemokratische Brandmauer, die schadet der Union viel mehr als der AfD. Das ist das Gefängnis der Union, das sie sich selber gebastelt hat. Die Brandmauer.
Zur Not frisst der Teufel Fliegen, haben Sie gerade gesagt?
Vom Teufel rede ich jetzt ungern. Wir wollen nicht im Theologischen hier unterwegs sein.
Kommen wir zum Hauptthema zurück. Neueste Meldung auf X, jetzt sind es schon sieben tote AfD-Politiker in NRW.
Jeder Todesfall ist extrem bedauerlich. Und jeder Fall muss im Einzelnen untersucht werden. Aber ich sehe, dass wir massiv bekämpft werden, dass wir unter Druck gesetzt werden, dass Anfeindungen da sind. Ich kenne das seit zwölf Jahren. Ich erlebe das. Ich habe zum Glück niedrigen Blutdruck, um es mal so zu sagen.
Denn wenn mehr Leute sagen: „Wie halten Sie das aus, Herr Braun, auch gesundheitlich?“ Dann sage ich seit Jahren immer: „Ich habe zum Glück einen niedrigen Blutdruck. Und ich habe eine Familie, die zu mir steht.“ Das macht sehr viel aus. Aber es ist trotzdem hart.
Vor allen Dingen, wenn es zum Beispiel viele bei der Familie trifft. Entweder, dass sich die Familie abwendet oder dass die Kinder oder die Ehefrau Nachteile haben, zum Beispiel in der Arbeit. Es sind ja primitivste Angriffe. Ich habe das jetzt in NRW gerade wieder mitbekommen, dass Unternehmer, die sich zu uns bekannt haben, dann wieder einen Rückzieher gemacht haben, weil sie richtigen Ärger mit Kunden bekommen haben, Druck im Freundeskreis, Druck im Verwandtenkreis usw.
Was Sie gerade aufgezählt haben, klingt doch nach einer Situation, die AfDler auf der Straße und am Wahlstand real erleben. Nennen wir es Stresssyndrom?
Ja, es ist schon eine andere Situation, als es allen anderen Parteien in Deutschland ergeht. Und das muss man mal ganz, ganz klar hier benennen. Wir haben eine Gefahrensituation als aktive Mitstreiter oder Mitglieder oder Mandatsträger der AfD. Das kennen alle anderen nicht, dass man sich im Grunde genommen immer überlegen muss: Brauche ich jetzt einen eigenen Sicherheitsdienst? Muss ich den zusätzlich bezahlen, was ins Geld geht? Wie gehe ich mit jemandem um, der auf mich zugeht, den ich bisher nicht kenne? Ich bin aber oft auch überrascht, wie positiv die Reaktionen sind. Aber es gibt eben auch Fälle, wo Leute einfach auf einen Stand zugehen und gewalttätig werden.
Das Größere sind natürlich die Fälle, wo einige zusammen auftauchen. Besonders ekelhaft sind vielfach diese Gruppe Omas gegen Rechts und deren Umfeld. Das sind hier nicht harmlose, nette Omas, sondern das sind teilweise brutale, verbissene, kaputte Gestalten, die gar keine Enkelkinder haben und die einfach nur aggressiv sind und hinterhältig unterwegs. Gerade auch, wenn sie nicht beobachtet werden.
Was wissen Sie über die sieben Todesfälle unter AfD-Kandidaten? Es wird ja schon teilweise behauptet, dass es um staatliche Killfahndung geht oder Ähnliches.
Ich sehe jetzt bisher keinen Fall, wo wir von einer Bedrohungslage persönlich für jemanden ausgehen, die direkt zur Tötung geführt hat oder zu gewalttätigen Handlungen, sondern es ist generell die Drucksituation, die dazu führt. Das sieht man dann auch bei einer Selbsttötung. Unter den Fällen ist ja mindestens ein solcher dabei. All diese Dinge sind nicht förderlich. Es gibt Kommunalpolitiker von uns, die im Wahlkampf sind und gesundheitlich gefährdet sind. Die kriegen dann durch diesen Druck, den sie da ständig erleben, eventuell den letzten Schlag, der ihr Leben dann beendet.
Bei einer Umfrage, die ich auf Twitter gemacht habe mit immerhin 5000 Teilnehmern, waren über 70 Prozent der Meinung, dass es vorstellbar ist, dass der Staat hier Menschen tötet.
Wir haben eine Lage in Deutschland, wo der Hass gegen die Opposition, der Hass gegen die Alternative für Deutschland von ganz oben massiv geschürt wird. Ich habe gerade schon das Messer gegen die AfD erwähnt – von Söder und von Laschet schon vor Jahren propagiert.
Und wir haben eine der schlimmsten Figuren an der Spitze unseres Landes, der permanent die Opposition bekämpft. Das ist Bundespräsident Steinmeier. Etwas Schlimmeres als ihn haben wir noch nicht an der Spitze seit 1949 gehabt. Er ist der große Spalter, ein Spalter der schlimmsten Sorte. So etwas Erbärmliches haben wir als Bundespräsident noch nicht gehabt, der nicht in der Lage ist, auch nur irgendeine Brücke der Menschlichkeit zur Opposition zu bauen, sondern sich in Hass ergeht.
Und das, nachdem er selbst keine Probleme hat mit Massenmördern wie Abbas und anderen. Der hat ja sonst gar keine Berührungsängste mit den schlimmsten Personen der Welt gehabt und im eigenen Land, da verbreitet er Demagogie der schlimmsten Art.
Nochmal zu den Todesfällen. Sie haben angedeutet, dass es untersucht werden muss. Aber wir können doch jetzt nicht anfangen, jeden verstorbenen AfDler in der ganzen Bundesrepublik bis runter auf die Kommunalebene darauf zu überprüfen, ob er möglicherweise umgebracht wurde.
Wie weit der politische Gegner gegen die Opposition zu gehen bereit ist, kann jeder an den verbotenen Kandidaturen beispielsweise in Ludwigshafen erkennen.
Wir sind in einer schrecklichen Lage in Deutschland, die vor zehn, 15 Jahren so nicht vorstellbar war in dieser Form. Und es ist ein anderes Deutschland geworden, ein weniger freiheitliches Deutschland, ein weniger friedliches Deutschland. Und der entscheidende Schritt dazu ist vor zehn Jahren passiert.
Danke für das Gespräch!
Zur Quelle wechseln
Author:
Alexander Wallasch