Das teilte Katars Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani am 466. Tag nach Kriegsbeginn in Doha mit. Sie soll im Gazastreifen am Sonntag um 12.15 Uhr (11.15 Uhr MEZ) in Kraft treten und in einer ersten Phase 42 Tage dauern.
Mit der Einigung gibt es auch Hoffnung auf ein dauerhaftes Ende des verheerenden Kriegs. Israels Armee soll in der ersten Phase laut Vereinbarung aus dicht besiedelten Gebieten in Gaza abziehen. Details zum weiteren Verbleib israelischer Truppen in dem Küstengebiet oder eine Frist für einen möglichen vollständigen Abzug nannte Al Thani aber nicht.
Israels Armee sollte sich Medienberichten zufolge nach und nach aus bewohnten Gebieten des Gazastreifens zurückziehen, zunächst aber nicht vom sogenannten Philadelphi-Korridor entlang der Grenze zu Ägypten. Israel befürchtet, dass die Hamas dort wieder Waffen in den Gazastreifen schmuggeln könnte. Die in den Süden des Küstenstreifens geflohenen Einwohner sollen sich wieder frei im Gazastreifen bewegen und unter internationaler Aufsicht in ihre Wohngebiete im Norden zurückkehren dürfen.
Monatelange Bemühungen der Vermittler
Bereits seit Monaten liefen Bemühungen der USA, Ägyptens und Katars, durch indirekte Verhandlungen Israel zu einer Waffenruhe und die Hamas zur Freilassung ihrer Geiseln zu bewegen. Die Gespräche traten aber monatelang auf der Stelle. Auslöser des Kriegs war das Massaker der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober 2023 in Israel mit 1.200 Toten und mehr als 250 Verschleppten. Israel reagierte mit Angriffen gegen die Hamas in Gaza, bei denen nach palästinensischen Angaben mehr als 46.700 Menschen getötet und mehr als 110.200 verletzt wurden.
Der scheidende US-Präsident Joe Biden führte die Einigung maßgeblich auf seinen Einsatz und den seiner Regierung zurück. Die Umsetzung falle aber vor allem in die Regierung seines Nachfolgers Donald Trump, sagte Biden im Weißen Haus. „In den vergangenen Tagen haben wir als ein Team gesprochen“, betonte Biden.
Deal in drei Phasen – zunächst Freilassung von 33 Geiseln
Die Waffenruhe soll zunächst für sechs Wochen gelten, sagte Al Thani. In dieser Zeit sollen 33 der Geiseln aus der Gewalt der Hamas freigelassen werden, darunter Frauen, Soldatinnen, Minderjährige sowie ältere und kranke Menschen. Im Gegenzug sollen wie in einer vorigen Waffenruhe erneut palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikommen. Al Thani nannte hier zunächst aber keine Zahl. Ein israelischer Regierungsvertreter hatte zuvor von Hunderten Häftlingen gesprochen, die freikommen sollten.
Insgesamt werden nach israelischen Angaben im Gazastreifen noch 98 Verschleppte festgehalten, von denen mindestens 34 tot sein dürften. Aus dem Auswärtigen Amt in Berlin heißt es, unter den Geiseln sei auch eine „niedrige zweistellige Anzahl von Personen mit Deutschlandbezug“.
In der ersten von insgesamt drei Phasen sollen Vertrieben in dem Küstengebiet in ihre Wohnorte zurückkehren können und wieder mehr der dringend benötigten Hilfsgüter nach Gaza geliefert werden, sagte Al Thani. Auf Details der zweiten und dritten Phase würden die Konfliktparteien sich während der ersten Phase einigen.
Jubel in Gaza – Zurückhaltung bei Geisel-Angehörigen
Im Gazastreifen brachen die Menschen in Jubel aus. Augenzeugen zufolge strömten Zehntausende jubelnde Menschen auf die Straßen, noch ehe es eine offizielle Bestätigung für das Abkommen gab. In palästinensischen und sozialen Medien verbreitete Aufnahmen zeigen singende und tanzende Menschen. Zu sehen sind auch Männer, die offenbar vor Freude weinen.
„Wir haben 15 Monate auf diesen Moment gewartet, heute ist ein Feiertag“, sagte Nadschua Othman, eine Vertriebene, die in einem Lager in der Stadt Chan Junis im Süden des Gazastreifens untergebracht ist, der Deutschen Presse-Agentur. „Dies ist ein lang ersehnter Tag“, betonte der 40 Jahre alte Abdul Alim Auda, der mit seinen drei Kindern zu Feiern in der Stadt Deir al-Balah im Zentrum des Küstengebiets gekommen ist. Auch im Libanon, wo viele palästinensische Flüchtlinge leben, brachen Freudenfeiern aus.
Die Angehörigen israelischer Geiseln in Gaza nahmen die Aussicht auf die Freilassung von 33 der Entführten mit gemischten Gefühlen auf. „Für mich ist es erst vorbei, wenn es vorbei ist“, sagte Jimmy Miller, Cousin der Geisel Schiri Bibas, im Zentrum von Tel Aviv. Der Platz war am Abend ungewöhnlich leer, niemand schien in Feierstimmung.
„Ich werde es erst glauben, wenn ich sehe, wie unsere Geiseln aus dem Gazastreifen die Grenze nach Israel überqueren“, sagte Miller der Deutschen Presse-Agentur. „Das wird mir die Hoffnung und den Glauben geben, dass dieser Deal an einem bestimmten Punkt beginnen und enden wird.“ Die israelische Armee bereitete sich eigenen Angaben zufolge auf die Aufnahme von Geiseln vor.
Hamas feiert Einigung als Erfolg – Übergang Rafah soll öffnen
Die islamistische Hamas feierte die Einigung als Errungenschaft für die Palästinenser. „Das Waffenruheabkommen ist das Ergebnis der legendären Widerstandskraft unseres großartigen palästinensischen Volkes und unseres tapferen Widerstands im Gazastreifen seit mehr als 15 Monaten“, teilte die Islamistenorganisation mit.
Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi begrüßte die Einigung und forderte eine beschleunigte Einfuhr humanitärer Hilfe nach Gaza. Der wichtige Grenzübergang Rafah zwischen Ägypten und dem Gazastreifen soll Sicherheitskreisen zufolge bereits am Donnerstagmorgen wieder eröffnet werden. Entsprechende Anweisungen seien eingegangen, bestätigte ein Sicherheitsbeamter am Grenzübergang der Deutschen Presse-Agentur. Rund 600 Lastwagen mit Hilfslieferungen wurden demnach für die Einfuhr vorbereitet.
Die humanitäre Lage war im Gazastreifen schon vor Kriegsbeginn im Oktober 2023 sehr schlecht und hat sich durch die Bombardierungen auf dramatische Weise verschärft. Mehr als 90 Prozent der palästinensischen Bevölkerung leiden nach UN-Angaben starken Hunger. Es fehlt demnach zudem an Wasser, Notunterkünften und Arzneimitteln.
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