Rechtsanwalt Stephan Brandner sitzt seit 2017 für die AfD im deutschen Bundestag. Seine Reden gehören zu den meistgeteilten in den sozialen Medien. Sein Wort hat Gewicht. Alexander-Wallasch.de spricht mit ihm über die Einstufung der AfD als „gesichert rechtsextrem“ durch den Verfassungsschutz.
Wie überrascht waren Sie, jetzt als gesichert rechtsextrem eingestuft zu werden?
Was den zeitlichen Ablauf – heute an diesem Brückentag – angeht, da war ich persönlich überrascht. Aber mit sowas gerechnet haben wir schon lange. Nicht etwa, weil das auch nur ansatzweise begründet wäre, sondern weil die Gegenseite – die Kartellparteien – gerne eskalieren. Jetzt haben sie die vorletzte Stufe ihrer Eskalationsrakete gezündet. Das wird natürlich alles verpuffen. Aber überrascht inhaltlich, nein.
Die Kartellparteien erinnern mich immer an einen Ertrinkenden, der um sich schlägt und den potenziellen Retter, also die AfD, auch noch mit runterreißen will. Denen fällt ja inhaltlich überhaupt nichts ein, außer ihre Verfassungsschutz- und Geheimdienstgeschichten gegen uns zu erfinden.
Die Krönung ist ja, dass da so eine lapidare Pressemitteilung von anderthalb Seiten rausgehauen wird. Da wird dann gesagt: Ja, wir haben ein Gutachten mit schätzungsweise eintausend irgendwas Seiten, aber die sind intern.
Wobei das aus meiner Sicht eine glatte Lüge ist, denn das Gutachten kursiert ja in der Medienlandschaft garantiert schon lange. Und auch heute hat sich schon der eine oder andere verplappert aus und gesagt: Ja, das Gutachten an sich konnten wir noch gar nicht richtig durchlesen, weil es so umfangreich ist.
Also klassische Geheimdienstarbeit, um einen Gegner zu zersetzen, zu zerstören. Wie will ich mich denn verteidigen gegen Vorwürfe, die überhaupt nicht substantiiert sind? Wer hat was wo gesagt? Wo soll was stehen? So was müsste transportiert werden, dann kann man sich wehren. Sowas gibt es natürlich nicht, deshalb kommen die auf die fiese Tour und so geht das natürlich nicht.
Auch die AfD selbst bekommt das Papier nicht zu sehen?
Wir werden es wohl frühestens bekommen, wenn wir den Rechtsweg beschreiten. Und das geht ja dann mit dem Verwaltungsgericht Köln wieder los in der ersten Instanz. Und da wird dann der sogenannte Verfassungsschutz verpflichtet werden, das vorzulegen. Aber bis dahin stochern wir alle im Nebel. Alle können sich das Maul zerreißen, und keiner weiß offiziell, was da drinsteht, außer ein paar Verfassungsschutzmitarbeiter… und ausgewählte Akteure der Einheits- und Staatsmedien.
Was sind denn die Gründe dafür, dass es überhaupt gemacht wurde? Geht es darum, V-Leute einzuschleusen, die dann eskalieren sollen?
Mehr V-Leute einzuschleusen wird problematisch, wenn die allerletzte Eskalationsstufe gezündet und das Parteiverbotsverfahren eingleitet wird. Denn da sind ja V-Leute kontraproduktiv. Denn in Verfahren, die zum Parteiverbot führen sollen, muss die Gegenseite aufdecken, wer der jeweilige V-Mann ist und inwieweit die Partei vom Staat gesteuert wird.
Bei der NPD war es wohl so, dass ein Großteil der Funktionäre Mitarbeiter des Verfassungsschutzes waren – V-Leute oder was auch immer – sodass es eigentlich eine Staatspartei war, die der Staat wiederum bekämpft hat.
Und so ein Problem droht dem Verbotskartell gegen uns auch, dass da viele Leute vom Verfassungsschutz sind. Das ist im Übrigen teilweise ein offenes Geheimnis und ich habe es schon öfters mal erwähnt: wer konkret weiß man, auch ich, aus Kreisen des sogenannten Verfassungsschutzes, denn auch dort intern gibt es vertrauenswürdige Quellen und Mitglieder, außerdem da hat man so seine Verdachtsmomente.
Also genau diejenigen, die angeblich extremistische Bestrebungen in oder aus der AfD verfolgen, stammen teilweise aus den Verfassungsschutzämtern. Dass also sozusagen der Verfassungsschutz selber den Grund dafür gesetzt hat.
Das ist alles ziemlich kurios, was in Deutschland abläuft, und ein katastrophaler Zustand für eine Gesellschaft, die sich als parlamentarische, vielfältige Demokratie bezeichnet und versteht. Wirklich erbärmlich, was hier abläuft im Hintergrund: Zersetzung der Opposition. Pfui!
Mein Eindruck: Es gibt immer noch viele Bürger, die so eine Verfassungsschutzbeobachtung für relevant halten. Wie ist Ihre Einschätzung?
Derjenige Bürger, der nicht intensiv mit der Sache vertraut ist – sich also eigentlich nur aus dem Staatsfunk ernährt, was seine Informationen angeht – der muss tatsächlich einen schrägen Eindruck von unserer Partei haben, genau wie der auch einen fiesen Eindruck von Donald Trump beispielsweise hat und wie das alles so transportiert wird.
Aber wer sich auch nur ansatzweise mit der Materie beschäftigt – da kann ich mir nicht vorstellen, dass irgendjemand auch nur einen einzigen Satz in der Programmatik der AfD findet, der dazu führt, dass sie als aggressiv kämpferisch gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung dargestellt werden kann. Also völliger Quatsch.
Aber wenn man nur die Überschriften liest und die ganzen – in Anführungsstrichen – klugen Kommentare und Beigaben der üblichen Verdächtigen von den Grünen, von den Linken und wer weiß von wem noch, da kann man schon einen schlechten Eindruck haben, das ist klar.
Wir sind eine bürgerlich-konservative Partei. Der Leumund ist den Menschen sehr wichtig. Wir haben Beamte, wir haben Richter, wir haben Soldaten, wir haben Waffenscheininhaber, Jäger. Und die haben jetzt natürlich Angst, dass da irgendwas passiert. Und das ist genau so gewollt, dass die erstmal von der Mitgliedschaft ferngehalten werden und dann möglicherweise auch als Wähler. Aber noch ist das Wählen ja Gott sei Dank geheim in Deutschland.
Passiert da medial etwas zu Ihren Gunsten? Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung hat sich kritisch über die Einstufung des Verfassungsschutzes geäußert und etwa die Begriffe „Volkszugehörigkeit“ und „Messermigranten“ legitimiert. Dazu kommen neue Töne von Leuten wie Ulf Poschardt usw. Wie glaubwürdig ist das?
Ulf Poschardt vertraue ich relativ wenig. Der hat in der Vergangenheit schon ein paar Dinger und Drehungen hingelegt. Übermorgen schreibt er wieder das Gegenteil von dem, was er heute sagt, wenn es sich für ihn gut verkauft. Aber der Ansatz von dem, was Sie da jetzt gerade zitiert haben, der ist natürlich durchaus richtig.
Wenn da immer irgendein völkisches Zeug von uns behauptet wird, das ist Quatsch. Da kann mir auch nie irgendjemand sagen, wer konkret jetzt was gesagt haben soll.
Wir haben teilweise auch einen medialen Aufschrei gehabt, was diese Verurteilung von David Bendels anging. Da wurde der eine oder andere wach. Jetzt hier vielleicht auch: Dass irgendeine staatliche Behörde die größte Partei in Deutschland, die größte Oppositionspartei, in der Konsequenz verbieten lassen will. Das ist doch irrsinnig, was in Deutschland los ist.
Ich schreibe schon mal von „parallel verlaufenden Familiengeschichten“, nur um den Begriff „Deutsche“ zu umgehen …
Wir orientieren uns glasklar an Art. 116 Grundgesetz und an dem, was in Paragraph 6 des Bundesvertriebenengesetzes drinsteht: Da ist ganz klar definiert „deutsches Volk“ und „Volkszugehörigkeit“. Genau das ist für uns die Richtschnur und nichts anderes. Und alles andere, was da reininterpretiert wird, ist Unsinn.
Wie wird das Thema parteiintern gehandhabt?
Das Abmahnschreiben ist raus an das Bundesamt für Verfassungsschutz, das zu unterlassen. Die werden es natürlich nicht unterlassen. Und deshalb wird am Montag der Bundesvorstand – nach meiner Einschätzung – beschließen, auch gerichtlich dagegen vorzugehen.
Und ich kann wirklich allen nur raten, sich direkt mit Primärliteratur zu befassen, also mit der Programmatik der AfD, und sich nicht von den anderen ins Bockshorn jagen zu lassen.
Die wollen uns nicht politisch bekämpfen, die wollen uns vernichten. Ja, physisch, psychisch – in die Richtung geht das teilweise schon. Sie kennen das Problem mit den Kontenkündigungen und sowas. Uns beschäftigt man permanent mit irgendwelchen Prozessen usw.
Ich habe gerade von der Landesmedienanstalt meine Akte eingefordert und 250 Seiten bekommen, teilweise seitenweise komplett geschwärzt. Eine Landesmedienanstalt wie ein Verfassungsschutz light. Das ist so eine Eskalation, die schon erschüttert. Das habe ich so nicht erwartet.
Mich erschüttert sehr viel in Deutschland. Und ich weiß auch jetzt, was Faeser angetrieben hat. Ich vermute mal, das wird die CDU auch so eingetütet haben, um im Ernstfall Frau Faeser den Schwarzen Peter zuschieben zu können. Aber das weitere Vorgehen wird garantiert bei den Koalitionsgesprächen eine Rolle gespielt haben.
Ich vermute mal, auf Verlangen der SPD wurde das jetzt noch eingetütet gegen CDU/CSU um diese schwachsinnige „Brandmauer“ abzudichten, die Union strategisch weiter einzumauern und diese permanente, aber völlig überflüssige Debatte um Verbotsverfahren weiter zu betreiben. Und am Ende wird dazu nicht kommen, weil sie dann ja Ross und Reiter nennen müssten. Und das geht für die Kartellparteien und deren Spitzel krachend vor den Baum. Das ist eine ganz üble Schmonzette aus dem Geheimdienst.
Warum das Ganze? Wo ist das Problem mit der AfD, welches man damals mit den Grünen nicht hatte? Warum versucht man nicht, die AfD zu assimilieren? Warum dieses wahnsinnige Theater seit zehn Jahren?
Weil wir als AfD – und das unterscheidet uns ganz massiv von den Grünen – politisch immer auf dem richtigen Weg sind. Alle die Probleme, die wir heutzutage diskutieren: Zuwanderung, innere Sicherheit, Energieversorgung, Wirtschaft usw., alle diese Probleme gäbe es überhaupt nicht, wenn die AfD-Programmatik auch nur ansatzweise umgesetzt worden wäre.
Bei den Grünen ist das anders. Die lösen keine Probleme. Deshalb kann man sie so leicht argumentativ stellen. Eigentlich spielen wir in jeder Debatte Hase und Igel mit denen. Wir sind immer der Zeit voraus. Mit Argumenten kann man uns nicht stellen oder widerlegen.
Ich habe vielleicht doch ein Argument: Die Grünen lassen die Friedenspolitik liegen, haben sie ganz aufgegeben und machen Kriegspolitik. Sevim Dağdelen vom BSW greift das auf und nimmt der AfD die Friedensbewegung weg. Warum hat die AfD das liegenlassen und sich nicht als Friedenspartei zu erkennen gegeben?
Was heißt jetzt als Friedenspartei – zum Ukraine-Krieg? Da ist unsere Position doch ganz eindeutig: Was den Ukraine-Krieg angeht, da soll sofort Frieden einkehren und zwar auf diplomatischem Wege.
Aber die AfD ist doch im Kern keine pazifistische Partei. Sondern wir sind eine Partei, die natürlich mit Selbstbewusstsein auch sagt, Deutschland und seine Armee muss verteidigungsfähig sein. Dazu gehört natürlich auch eine vernünftige Ausrüstung der Bundeswehr, um den Frieden zu erhalten.
Aber gibt es einen schlechteren Zeitpunkt, das zu fordern, als in dem Moment, wo man weiß, dass die Hälfte der Waffenkammer immer automatisch nach Kiew geht? Das hätte man doch die zehn Jahre davor auch schon lautstark fordern können. Hat man aber nicht.
Haben wir doch! Es gibt kaum eine Rede von mir oder den Kollegen in den letzten Jahren und auch vor dem Ukrainekrieg, in der nicht eine gute Ausrüstung der Bundeswehr verlangt worden wäre. Wir machen keine angstgesteuerte Außenpolitik, sondern selbstbewusste, interessengeleitete Außen- und Verteidigungspolitik. Und dazu gehört natürlich auch eine vernünftig ausgestattete Bundeswehr, die in der Lage ist, unser Land zu verteidigen. Nicht in der Lage ist, in der ganzen Welt rumzureiten und rumzumachen, aber in der Lage ist, unser Land effektiv zu verteidigen.
Aber gegen wen denn? Gegen die Dänen, die Franzosen oder die Italiener? Ich finde keinen Gegner …
Gegen jeden potenziellen Angreifer …
… Wer soll das denn sein? …
Wie schnell sich die Vorzeichen ändern, haben Sie in Amerika gesehen. Sogar der eine oder andere Kartellparteiler meint inzwischen, dass wir uns gegen Amerika und gegen die Vereinigten Staaten verteidigen müssen. Wir müssen auf alle Eventualitäten vorbereitet sein.
Danke für das Gespräch!
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Author:
Alexander Wallasch