Man stelle sich vor: Eine junge Journalistin wagt es, im öffentlich-rechtlichen Fernsehen über die Schattenseiten der Migration zu berichten – differenziert, faktenbasiert, mit Stimmen von Betroffenen. Keine Skandalisierung, keine Parolen. Nur Realität. Doch genau das ist ihr Verbrechen. Es reicht, um Hunderte Kollegen auf die Barrikaden zu bringen, um interne Chatgruppen zu füllen, um Protestbriefe zu formulieren – und um ihre Karriere beim NDR zu beenden.
Ich hatte zu diesem Fall bereits einen Gastbeitrag von Klaus Kelle auf meiner Seite. Ein starker Text, wie immer bei ihm. Aber ehrlich gesagt: Ein Text, auch wenn er noch so stark ist, reicht nicht. Nicht, weil er etwas auslässt – sondern weil dieser Fall größer ist als ein einzelner Kommentar. Weil er mir keine Ruhe lässt. Und weil er auf den Punkt bringt, was in diesem Land gerade fundamental schiefläuft: Die größten Feinde der Meinungsfreiheit sitzen nicht mehr in der Politik. Sie sitzen in Redaktionen.
Julia Ruhs ist 31 Jahre alt, Journalistin, moderiert die neue NDR/BR-Sendung „Klar“. In einer der ersten Ausgaben begleitete sie den Vater eines Mädchens, das bei einem Messerangriff starb. Ein Thema, das viele umtreibt – aber in großen Medien meist nur auf Seite 17 stattfindet. Ruhs macht es anders: Sie lässt Betroffene zu Wort kommen, benennt Missstände, zeigt auch Gegenbeispiele. Kein rechter Krawall, keine Nähe zu irgendeiner Partei – sondern einfach nur: Journalismus, so wie er sein sollte. So wie wir ihn so schmerzhaft vermissen bei den großen Medien.
Doch genau das ist das Problem. Denn wer im Öffentlich-Rechtlichen den Raum der erlaubten Meinungen verlässt, riskiert inzwischen nicht nur Kritik – sondern Vernichtung.
Protest in der Dienstzeit, Koordination via Chat
Was dann folgte, liest sich wie ein dystopisches Drehbuch. 250 Mitarbeiter des NDR unterzeichnen einen Protestbrief gegen die Sendung. Ein Tribunal im Sender dauert drei Stunden – intern „Gründonnerstagstribunal“ genannt. Die Anklageschrift wird während der Arbeitszeit erstellt, also bezahlt mit Ihren Zwangsgebühren, koordiniert über eine geheime Signal-Gruppe. Der Vorwurf: Ruhs verbreite rechte Narrative, sei „spaltend“, verletze journalistische Grundsätze.
Ein NDR-Mitarbeiter behauptet gar öffentlich, konservative Menschen seien genetisch weniger fähig zu kritischem Denken und stattdessen eher durch Emotionen und Gefühle erreichbar. Was für eine Dreistigkeit, was für eine moralische Selbstüberhöhung, was für eine Arroganz. Nach Protesten löscht der Mitarbeiter seinen Kommentar – Konsequenzen? Keine. Stattdessen: Ruhs soll künftig nicht mehr moderieren, zumindest nicht beim NDR. Ein Rückzug im Dienste des inneren Friedens. Oder des Gleichschritts.
Der eigentliche Skandal: Das System funktioniert
Man kann diesen Fall als Einzelfall abtun. Oder als internen Machtkampf. Aber das wäre zu bequem. Der eigentliche Skandal ist nicht, dass so etwas passiert – sondern dass es funktioniert. Dass ein Beitrag, der sachlich, differenziert und investigativ ist, zur Gefahr erklärt wird – nicht von der Politik, sondern von Kollegen. Und dass der Sender nicht Rückgrat zeigt, sondern sich zum Spielball macht.
„Klar“ kommt bei Zuschauern gut an, auch bei Nicht-Konservativen. Eine interne Umfrage vergibt Bestnoten. Trotzdem wird nicht etwa der Protest hinterfragt – sondern die Moderatorin abgestraft. Das ist keine offene Debatte. Das ist ein Exempel.
Was passiert da – und warum merkt es keiner? Es geht nicht mehr um Argumente, sondern um Gesinnung. Um die stille Macht von Empörung, Gruppendruck und moralischer Erpressung. Wer das Falsche zeigt – selbst wenn es stimmt – fliegt raus. Wer dem Mainstream nicht genügt, wird aussortiert. Nicht von oben, nicht vom Staat – sondern von den eigenen Kollegen. Die Meinungsfreiheit stirbt nicht durch Zensur. Sie stirbt durch Konformismus.
Und genau dieser Konformismus ist es, der mich so anwidert. Wie kommt man dazu, eine Kollegin an den Pranger zu stellen – nicht, weil sie hetzt oder lügt, sondern weil sie einen Spiegel vorhält? Was geht in diesen Menschen vor? Wie tief muss man sich im Recht fühlen, wie sehr sich für moralisch überlegen halten, um mit solcher selbstgefälligen Gewissheit über andere zu richten? Diese 250 Mitarbeiter glauben, sie verteidigen die Demokratie – in Wahrheit verraten sie sie. Sie sind nicht Hüter der Vielfalt, sondern Feinde der Meinungsfreiheit. Und das in einem Sender, der sich gebetsmühlenhaft mit Pluralismus, Vielfalt und Buntheit schmückt. Merken die in der Anstalt nicht mehr, wie sie zur Karikatur, zur Parodie verkommen sind?
Es tut mir weh, all das erleben zu müssen. Noch vor zehn Jahren hätte ich es für unmöglich gehalten – in meinem Land. Ich hätte so etwas eher bei der Inquisition verortet. Es erschüttert mich zutiefst. Weil ich selbst aus einer Zeit komme, in der Journalisten unbequem sein durften – ja mussten. Weil ich geglaubt habe, zumindest ein paar Schamgrenzen seien noch da. Aber die Kollegen haben den Journalismus derart verraten, sich derart zu Glaubenskriegern und Zuschauer-Erziehern gewandelt, dass es einfach unheimlich ist. Und an die Mechanismen aus finsteren Zeiten erinnert. Sie merken gar nicht, wie sehr sie ihren Großvätern und Urgroßvätern gleichen. Der Fall Ruhs zeigt bis zum Schmerz, was wir sonst zwar auch sehen, aber doch mehr unter der Oberfläcke: Wir haben es mit einem ideologischen Wahn zu tun, der auch massive Angst vor Abweichung schürt. Diese Leute sind nicht wach, wie sie selbst glauben. Sie sind verfangen in einer ideologischen Trance. Und je tiefer sie darin stecken, desto lauter brüllen sie “Haltung”.
Man fragt sich: Merken die das nicht? Glauben sie wirklich, sie würden Vielfalt verteidigen, indem sie abweichende Stimmen zum Schweigen bringen? Oder ist es längst egal, was stimmt – Hauptsache, es fühlt sich moralisch richtig an?
Julia Ruhs ist nicht nur ein Opfer. Sie ist ein Symptom. Eine Warnung, was mit Journalisten passiert, wenn sie ihren Beruf zu ernst nehmen. Sie hat niemanden beleidigt, niemanden diffamiert, niemandem ein Parteibuch gezeigt. Sie hat nur das getan, was Journalismus im besten Sinne ausmacht: Fragen gestellt, Zusammenhänge gezeigt, Debatten eröffnet.
Dass das heute reicht, um als gefährlich zu gelten, sagt alles. Nicht über Julia Ruhs. Sondern über den Zustand eines Systems, das sich selbst ad absurdum führt. Und über eine Branche, die ihre Kritiker nicht mehr fürchtet – sondern ihre eigenen Spiegelbilder.
Vielleicht – zumindest will ich mir diese Hoffnung nicht nehmen lassen, auch wenn sie im Moment naiv wirkt – wird es irgendwann eine Rückbesinnung geben. Auf echten Journalismus. Auf Debatte statt Umerziehung. Auf Haltung im ursprünglichen Sinne – Rückgrat, nicht Moralpose. Und dann wird man sich zwingend fragen müssen, wie es sein konnte, dass Hunderte Journalisten eine Kollegin aus dem eigenen Haus zum Schweigen bringen wollten.
Man wird sich zwingend fragen müssen: Wie kompatibel ist dieses Verhalten dieser 250 GEZ-Journalisten mit einem Beruf, der Wahrheit und Vielfalt verpflichtet sein soll? Und was wird dann aus denen, die heute mitmarschieren? Wenn die Rückspultaste gedrückt wird, werden sie sagen, sie hätten nichts gewusst. Sie hätten nicht anders gekonnt. Es sei um ihre Existenz gegangen. Aber was immer sie dann vorbringen – es wird nicht genügen. Und es wird nicht vergessen. Mitläufertum bleibt Mitläufertum – selbst wenn es heute ‚Haltung‘ heißt.
PS: Zu Zeiten der DDR gab es in Salzgitter die Zentrale Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen (ZESt) – eine Behörde, die Unrechtsurteile, Misshandlungen und politische Verfolgung in der DDR aktenkundig machte, als eine Strafverfolgung hinter dem Eisernen Vorhang noch nicht möglich war. Vielleicht ist es an der Zeit, ein vergleichbares Register zu führen: Um Namen festzuhalten, wie die der 250 Unterzeichner – oder der Staatsanwälte und Richter, die politisch motiviert handeln und urteilen. Nicht aus Rachsucht. Sondern gegen das Vergessen. Damit sie später nicht den Mantel des Schweigens über ihr Mitläufertum legen können. Und nicht sagen können, man habe ja nur mitgemacht.
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Bild: Screenshot Youtube
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