Die Insolvenz der PIM Gold GmbH und die gerichtlich festgestellten Betrügereien haben großen materiellen und persönlichen Schaden bei Betroffenen und Opfer angerichtet. Die Frage ist bis heute unbeantwortet, wie die unlauteren Machenschaften trotz klarer Hinweise so lange unbemerkt bleiben konnten… / von Nicole Höchst
Wie geht es eigentlich den mehr als 6.000 geschädigten Anleger der PIM Gold GmbH? Lassen wir doch einmal einen Betroffenen zu Worte kommen, der wissen muss, worum es geht (der Name ist wohlbekannt) – der Mann war Geschäftsführer des ehemaligen Vertriebes PGD GmbH und als solcher einer von mehr als 6.000 Geschädigten einer türkischen kriminellen Betrugsorganisation. Es geht dabei vor allem um einen von 15 ehemaligen Generaldirektoren bei PIM Gold GmbH, den CEO Mesut Pazarci. Nun packt Julius Leineweber aus; In dieser Kolumne finden Sie eine kurze Zusammenfassung aller markanten Ereignisse nach der Verhaftung des verantwortlichen Goldhändlers Pazarci. Mehr als 6.000 Anleger wurden geschädigt. Alle diese Menschen sind in eine von langer Hand geplanten Betrugsstraftat hineingezogen worden und haben Ihre eigenen Ersparnisse, Lebensversicherungen und Altersversorgung verloren. Hinter den Zahlen stecken Menschen und heftige Schicksale.
Der Haupttäter hat seine – keinesfalls gerechte, eher minimalistisch angelegte – Strafe erhalten und springt freudig nach nur vier Jahren vergnügt wieder durch die Gegend. Dabei reden wir hier über einen Millionenschaden im dreistelligen Bereich. Über die armen Geschädigten spricht keiner und kümmert sich auch bisher keiner. Doch anfangs war das natürlich anders; Rechtsanwaltskanzleien aus nah und fern kamen aus allen Ecken angeströmt – was dann nochmals ein Vermögen gekostet hat. Leider gänzlich ohne Erfolg. Nach einer kurzen, heftigen Aufmerksamkeitsphase mit viel Bla-Bla breitete sich ein Mantel des Vergessens über all diese Schicksale; wirkliche grundlegende und strukturelle Konsequenzen blieben aus. Niemand fragte sich, ob es vielleicht einen Systemfehler gibt, der ein solches Verbrechen erst möglich machte. Anstrengungen, die Geschädigten zu entschädigen, fielen ins Leere.
Gewiefte Urheber und Täter
Die Einstellung aller Verursacher und vieler sogenannter Rechtssprecher war eher die, dass die Anleger doch selber schuld seien; vielleicht dachte man sich hier auch noch: “Wie kann man nur so blöde sein?” Nein, waren sie nicht – weder schuld noch blöde. Sie wurden vielmehr arglistig getäuscht, ausgebeutet und benutzt. Die gewieften Urheber und Täter werden in kriminellen Kreisen bis heute hofiert und beklatscht und sind in Goldkreisen gemachte Leute – aber in wieweit hängen staatliche Akteure und Institution mit drin?
Hier nun einmal eine etwas andere Chronik dieses eines vergoldeten Staatsversagens: Am 30. August 2019 wurde eine Kleine Bundestagsanfrage des Abgeordneten Fabio De Masi und der damals noch existenten Fraktion „Die Linke“ im Deutschen Bundestag an Bundeskanzlerin Angela Merkel gestellt. Das Thema lautete: Was ist mit PIM Gold? Was hat die BaFin (Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen) unternommen? Und vieles mehr. Mit der hier verlinkten Antwort wurden zumindest mal einige Schleier gelüftet. Keine Woche später, am 4. September 2019, wurde der CEO M. Pazarci der PIM Gold verhaftet. Hatte dies vielleicht etwas mit der Anfrage zu tun? Oder handelte es sich vielleicht um so eine Art Marktbereinigung? Erst über drei Jahre später, im Dezember 2022, wurde durch das Urteil des Landgeichts Darmstadt der Beweis der Veruntreuung, des Betruges und der Geldwäsche erbracht. Spätestens nach diesem Urteil sollten jetzt alle Wahrheiten und vor allem Unwahrheiten vorliegen. Lange Rede, kurzer Sinn: Man ließ sich hier viel, viel Zeit mit einer Aufklärung, die zuvor schon lange verschleppt worden war.
Bereits im Jahr 2013 wurde eine Durchsuchung bei PIM Gold in Heusenstamm durchgeführt, anläßlich welcher bereits nicht unerhebliche
Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden. Warum stoppte man PIM Gold nicht schon damals nicht? Stattdessen durfte weitergewurschtelt werden. Während des langen Zeitraums bis zur Verhaftung Pazarcis – in den Jahren 2014, 2015, 2016, 2017, 2018 und mehr als das halbe Jahr 2019 wurden immer wieder Untersuchungen und Durchsuchungen sowie intensive Recherchen samt Hausbesuchen durch die Bafin, Kriminalpolizisten, Deutsche Bundesbank, Zollbehörden, diverse Anwälte, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer in dem suspekten Unternehmen durchgeführt. Und stets lautete am Ende das Ergebnis: Alles in Ordnung, alles okay! Geht es hier nur mir so – oder wirft das vielleicht doch noch beim Einen oder anderen Fragen auf?
Interessanterweise gab es für die Jahre 2016 bis 2018 drei Wirtschaftsberichte der Staatsanwaltschaft Darmstadt, erstellt durch einen hauseigenen wirtschaftlichen Prüfer der Anklagebehörde, der erheblichste Unregelmäßigkeiten und Geldtransferleistungen feststellte. Meiner Kenntnis nach wurde der Verdacht von Geldwäsche in den Berichten sogar festgehalten. Erneut die Frage: Warum stoppte man PIMP Gold spätestens jetzt nicht? Anders gesagt: Hätten die Verantwortlichen – also insbesondere die zuständigen Behörden – ihre Aufgaben richtig gemacht und früher eingegriffen, wäre es wohl niemals zu dem gigantischen Gesamtschaden von rund 218 Millionen Euro gekommen! Wurde diesbezüglich irgendwann jemals auf Amtsversagen hin ermittelt? Wurde eine – hier mehr als naheliegende – Amtshaftung festgestellt? Still ruht der See…
Der kleine Mann bzw. Vermittler als Bauernopfer
Stattdessen werden seit Dezember 2022 alle ehemaligen Vermittler des betrügerischen Konzerns – es sind rund 1.000 bundesweit – auf Rückzahlung per Anfechtungsklage durch den Insolvenzverwalter Renald Metoya aus Schwäbisch Hall verklagt, obwohl weit eher naheliegend ist, dass diese große Anzahl an Vermittlern nicht in die betrügerischen Machenschaften verwickelt war, sondern eher auf Treu und Glauben, im Vertrauen auf die Seriosität von PIM Gold, gehandelt hatte. Das macht aus diesem Insolvenzverfahren ein Instrument zur
Verschleierung der wahren Verantwortlichen. Die Schuld an der Geldvernichtung wird damit auf den kleinen Mann – hier: den kleinen Vermittler – abgewälzt. Ich halte es für skandalös und für unfassbar widerlich, was hier passiert!
Diesem Vorgehen muß Einhalt geboten werden, hier muß gegen das praktizierte Unrecht aufbegehrt werden! Recht und Gerechtigkeit müssen wieder Einzug halten. Doch stattdessen werden die wahren Verursacher weiterhin – unter anderem durch das im Rahmen des Insolvenzverfahrens von PIM Gold GmbH und PGD GmbH zu Gebote stehende Instrumentarium – unter den Tisch gekehrt. Anleger und zu Unrecht verfolgte Vermittler bezahlen derweil einen ungeheuren Preis: Suizide, Hauszwangsversteigerungen,
Eigentumsverluste, Gehalts- und Rentenpfändungen, böse Erkrankungen infolge dieses bereits fünf Jahre andauernden Nervenkriegs, dazu Folgeinsolvenzen und Bankrotte. Hinzu kommen zahlreiche Scheidungen, zerstörte Familien, zerstörte Firmen und Existenzen unter den Betroffenen; von deren zerstörtem Leumund ganz zu schweigen. Am Ende bleibt vor allem eine zentrale Frage: Warnte die BaFin zu spät? Warum? Breitete hier jemand seine schützende Hand über PIM Gold? Cui bono?
Zur Person:
Nicole Höchst, Jahrgang 1970, ist AfD-Bundestagsabgeordnete aus Rheinland-Pfalz. Sie trat 2015 in die AfD ein und ist seit 2017 Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis 201 (Bad Kreuznach/Birkenfeld). Dort ist sie unter anderem als ordentliches Mitglied und Obfrau des Bildungsausschusses und als Sprecherin der AfD-Fraktion für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung tätig. Ferner ist sie stellvertretendes Mitglied in den Ausschüssen für Familie, Senioren und Jugend sowie für Digitales. Höchst ist desweiteren Delegierte des Deutschen Bundestages in den Europarat für die AfD-Fraktion und stellvertretende Vorsitzende des Kuratoriums der Desiderius-Erasmus-Stiftung.
Bis 2012 unterrichtete sie als Studienrätin am Staatlichen Speyer-Kolleg, anschließend war sie bis Oktober 2017 Referentin am Pädagogischen Landesinstitut (vormals IFB). Höchst war 2015 Mitglied der AfD-Bundesprogrammkommission und ist stellvertretende Vorsitzende des AfD-Kreisverbands Speyer. Sie ist katholisch, hat vier Kinder und lebt mit ihrer Familie in Speyer, wo sie auch Stadträtin ist.
Auf jouwatch veröffentlicht Nicole Höchst alle 14 Tage die kritische Kolumne „Höchst brisant“ zu aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen. Der erste Jahrgang dieser Kolumnen ist auch in Buchform erschienen. Unter demselben Titel veröffentlicht sie in unregelmäßigen Abständen Videobeiträge auf ihrem YouTube-Kanal.
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Author: Kurschatten
Journalistenwatch