Ein Dach über dem Kopf – Symbol für Schutz, Geborgenheit, Familie. Auf einem AfD-Plakat zur Landtagswahl 2024 in Frankfurt (Oder) waren Vater und Mutter hinter drei Kindern zu sehen, die Arme über den Köpfen wie ein Dreieck. Dazu die Botschaft: „Wir schützen Kinder.“
Doch für die Kreisvorsitzende der Linkspartei war das Grund genug, Anzeige zu erstatten: angeblich ein angedeuteter Hitlergruß. Die Staatsanwaltschaft nahm den Ball auf und erhob nun prompt Anklage gegen den AfD-Landtagsabgeordneten und Oberbürgermeisterkandidaten von Frankfurt (Oder), Wilko Möller. Das Landgericht entscheidet nun, ob es zum Prozess kommt – was in der Regel nach einer Anklage nur noch eine Formsache ist.
Dabei geht es längst nicht mehr um die absurde Deutung eines Plakats, sondern um den gezielten Einsatz der Justiz im Sinne der Regierenden – als politisches Werkzeug, um unliebsame Kandidaten aus dem Weg zu räumen. Ein Blick nach Ludwigshafen zeigt, wie fragil demokratische Verfahren geworden sind: Dort wollte der AfD-Landtagsabgeordnete Joachim Paul als Oberbürgermeister kandidieren. Doch der Wahlausschuss verweigerte ihm die Zulassung – mit der Begründung, Zweifel an seiner Verfassungstreue bestünden. Paul versuchte sich per Eilantrag gerichtlich durchzusetzen – und scheiterte. Auch seine Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht blieb erfolglos. Ein AfD-Politiker, der als aussichtsreicher Bewerber für das höchste Amt der Stadt galt, wurde so de facto aus dem demokratischen Prozess entfernt.
Man kann lachen über solche Vorwürfe – aber nur, wenn man vergisst, wie ernst sie gemeint sind. Aus einer alltäglichen Geste wird ein „Nazi-Code“, aus einem Familienbild ein Fall für die Justiz. Willkommen in der Republik, in der der Verdacht zur Waffe geworden ist.
Denn es ist kein Einzelfall. Dieselbe Manie brachte schon Metzger in die Schlagzeilen, weil sie Schnitzel für 8,88 Euro verkauften. Acht, die Lieblingszahl der Neonazis, weil der achte Buchstabe „H“ ist. So wird aus einem Sonderangebot ein Fall für den Pranger. Die stramm linke „taz“ bringt ganze Artikel, die vor angeblichen „Erkennungszeichen“ warnen: bestimmte Zahlenkombinationen, Kleidungsstücke, Marken. International kämpfen rot-grüne und woke Aktivisten unter dem Label „Fashion Against Fascism“ gegen T-Shirts und Caps, die in ihrer fast paranoidal anmutenden Geisteswelt plötzlich für „rechte Codes“ stehen.
Was wir hier erleben, ist ein regelrechtes „Nazi-Tourette“: Wie bei der gleichnamigen Nervenkrankheit, bei der Betroffene unkontrollierbare Ausrufe oder Bewegungen haben, platzt es aus Politik und Medien reflexhaft heraus. Alles, was entfernt so aussehen könnte, wird sofort zum Hitlergruß, zum Nazi-Code, zum Verdachtsmoment erklärt. Alles, was auch nur mit extrem reicher Phantasie irgendwie entfernt an rechte Symbolik erinnern könnte, wird reflexartig stigmatisiert. Wer die falsche Zahl benutzt, wer den falschen Pullover trägt, wer ein Foto falsch hält – schon landet er im Verdacht. Man muss nur lange genug suchen, dann findet man immer etwas.
Und aus Verdacht wird Waffe. Es geht nicht mehr um politische Auseinandersetzung, sondern um Zermürbung. Wer ins Visier gerät, muss sich rechtfertigen, verliert Ansehen, Chancen, im Extremfall die Möglichkeit zu kandidieren.
Wir sind längst in einer Republik angekommen, in der Symbole wichtiger sind als Substanz. In der die hysterische Suche nach Codes den politischen Diskurs ersetzt. Und in der ein Verdacht reicht, um Verfahren zu eröffnen und Wahlen zu beeinflussen.
Das ist die eigentliche Perversion: Wer sich hinter dem Schlagwort „Antifaschismus“ verschanzt – einem Begriff, den Stalin prägte und als Waffe gegen Andersdenkende missbrauchte – und dabei die Demokratie stranguliert, verrät sie am gründlichsten.
Und wenn es so weitergeht, ist der nächste Skandal vorprogrammiert: Vielleicht die Dachdecker-Innung – schließlich heben die täglich den Arm.
So wird Demokratie zur Farce: Gericht stoppt AfD-Kandidat, sichert SPD-Sieg und entmündigt Wähler
Ballweg, Parfüm und eine Hundematte: Wie aus 19,53 Euro ein medialer Schuldspruch konstruiert wurde
„Nie wieder“ war gestern: Der Fall Leandros zeigt, wie moralische Säuberung wieder schick ist
Bild: Screenshot Youtube
Bitte beachten Sie die aktualisierten Kommentar-Regeln – nachzulesen hier. Insbesondere bitte ich darum, sachlich und zum jeweiligen Thema zu schreiben, und die Kommentarfunktion nicht für Pöbeleien gegen die Kommentar-Regeln zu missbrauchen. Solche Kommentare müssen wir leider löschen – um die Kommentarfunktion für die 99,9 Prozent konstruktiven Kommentatoren offen zu halten.
Mehr zum Thema auf reitschuster.de
Indoktrination fehlgeschlagen? Hat der „Kampf gegen rechts“ an Schulen ausgedient?
Demo statt Unterricht! Kinder werden auf die Straße geschickt, um für die Regierung und gegen die Opposition zu demonstrieren. Die eigentliche Zielgruppe lässt sich damit aber längst nicht mehr ködern, die Aufrufe wirken zunehmend verzweifelt. Von Kai Rebmann.
8,88 Euro für ein Schnitzel – und schon sind Sie ein Nazi
Ein Schnitzel für 88 Cent – ein Angebot mit Bratgeruch. Doch plötzlich wittert ein Journalist darin Nazi-Symbolik. Eine Metzgerei gerät ins Visier des Verdachtsjournalismus. Willkommen im neuen Deutschland: Verdächtig ist, wer Fleisch verkauft.
Fußball, Darts und Kampfsport unter Nazi-Generalverdacht?
Wird der deutsche Sport von bösen Rechten unterwandert? Mit Millionen-Förderung soll genau dieses Feindbild genährt werden. Doch die gewählte Methode ist so perfide wie durchschaubar – und vor allem selbstentlarvend.
Flaggen, Zahlen und die Kunst, Nazis zu finden
16 Deutschland-Fahnen auf einer Bühne? Ein Priester wittert die „88“ und damit eine Hitler-Hommage. Doch das Netz reagiert mit Spott – und zeigt, wie leicht sich Ideologie und Zahlenwahn verbinden lassen.