Es war während der Corona-Zeit, als mir endgültig klar wurde, warum Deutschland im 20. Jahrhundert in zwei totalitäre Systeme abrutschen konnte. Es war keine Laune der Geschichte, keine kollektive Verführung durch einen einzelnen Demagogen. Nein, es war eine Frage der Mentalität. Und diese Mentalität hat sich, trotz aller Vergangenheitsbewältigung, kein bisschen geändert.
Es gibt eine bequeme Lüge, die sich die Deutschen seit Jahrzehnten erzählen: Sie glauben, sie hätten die Mechanismen des Nationalsozialismus durchschaut. Sie glauben, sie wüssten, wie ein totalitäres Regime entsteht. Sie glauben, sie seien durch die bloße Kenntnis der Vergangenheit immun gegen deren Wiederholung.
Doch genau darin liegt die größte Gefahr.
Denn die Mehrheit der Menschen stellt sich Diktaturen als das platte Böse vor. Als einen Haufen finsterer Männer, die böse Absichten haben, böse Reden schwingen und sich böse Uniformen überziehen. Doch in Wirklichkeit war es nie so. Hitler hielt sich für einen Erlöser. Stalin glaubte, Gerechtigkeit zu schaffen. Mao wollte eine bessere Welt. Und Millionen von Menschen folgten ihnen, weil sie daran glaubten.
Das Böse kommt nie als Böses daher. Es kommt als das Gute.
Die verhängnisvolle Selbstgewissheit
Heute sieht sich Deutschland als moralische Weltmacht. „Nie wieder!“ ist die Parole. Doch was genau soll nie wieder passieren? Ein Mann mit Schnurrbart und Seitenscheitel? Schwarz-weiße Wochenschau-Bilder? Die alten Parolen in neuer Verpackung?
Die Wahrheit ist unbequemer: „Nie wieder“ bedeutet nichts, solange man nicht versteht, wie das „Damals“ überhaupt möglich wurde. Und genau das haben wir nicht verstanden. Denn wenn man sich fragt, was den Aufstieg des Nationalsozialismus wirklich ermöglichte, kommt man nicht um eine bittere Erkenntnis herum:
Es war nicht der Hass, der den Nationalsozialismus möglich machte. Es war die moralische Selbstgewissheit.
Jene Selbstgewissheit, auf der sich ein kollektiver Wahn errichten lässt.
Wie sagte Henryk M. Broder so treffend? „Wenn ihr euch fragt, wie das damals passieren konnte: weil sie damals so waren, wie ihr heute seid.“
Die neuen Tugendwächter
Totalitarismus beginnt immer mit der Überzeugung, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen. Wer das einmal begriffen hat, erkennt beunruhigende Parallelen zur Gegenwart.
Nicht der „böse Nazi“ oder der „böse Kommunist“ ist das Problem. Sondern die Mentalität, die glaubt, im Besitz der Wahrheit zu sein. Die anderen vorschreiben will, was sie zu sagen, zu denken und zu tun haben.
Heute nennen sich diese neuen Tugendwächter anders. Sie reden von „sozialer Gerechtigkeit“, „Schutz der Demokratie“ oder „Verantwortung“. Doch das Muster ist dasselbe: Eine kleine Elite definiert, was „richtig“ ist, und alle, die widersprechen, werden ausgegrenzt, diffamiert und moralisch entmenschlicht. Ich habe das am eigenen Leib erlebt und musste sogar mein eigenes Land verlassen (siehe mein Buch „Meine Vertreibung“).
Wer das falsche Wort sagt, wird gecancelt. Wer die falsche Meinung hat, verliert seinen Job. Wer nicht mitmacht, ist „sozial schädlich“ – ein Begriff, der fatal an dunkle Zeiten erinnert.
Die neue Gleichschaltung
Totalitarismus beginnt nicht mit Gewalt. Er beginnt mit Meinungskontrolle. Mit Sprachregelungen. Mit dem Drängen in die soziale Isolation. Heute gibt es keine SA-Schlägertrupps, aber eine digitale Lynchjustiz. Keine Konzentrationslager, aber berufliche und gesellschaftliche Vernichtung. Die Methoden haben sich verändert, doch das Prinzip bleibt dasselbe: Wer nicht spurt, wird aus dem öffentlichen Leben entfernt.
Es gibt keine staatliche Gleichschaltung wie 1933. Doch die Angst, eine falsche Meinung zu äußern, ist allgegenwärtig.
Wir sind wieder genau da, wo wir nie wieder sein wollten.
Die größte Lüge
Die größte Lüge unserer Zeit ist die Annahme, wir hätten aus der Geschichte gelernt. In Wahrheit haben wir nur gelernt, dass es falsch war, „damals“ mitzumachen. Doch wir haben nicht gelernt, das Mitmachen im eigenen Zeitalter zu erkennen.
Die Vergangenheitsbewältigung ist zu einem Ritual verkommen. Sie dient nicht mehr dem Nachdenken über Mechanismen, sondern als moralische Waffe gegen Andersdenkende. Diejenigen, die am lautesten „Nie wieder!“ rufen, sind oft die, die heute neue Denk- und Sprechverbote errichten.
Wenn es wirklich „nie wieder“ heißen soll, dann darf man nicht nach alten Symbolen suchen. Dann muss man sich fragen: Wer sind die neuen Jakobiner? Wer sind die neuen Tugendwächter? Wer sind die, die „falsches” Denken mit Stigmatisierung und sozialer Ächtung bestrafen?
Solange wir das nicht erkennen, bleibt „Nie wieder“ nur eine hohle Phrase.
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Bild: Shuttesrtock
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