Ein Gastbeitrag von Thomas Rießinger
Es war einmal ein ganz besonderer Schüler, der hieß Robert. Manche Lehrer liebten ihn, weil er so schön formulieren und dabei einen treuherzig-intellektuellen Gesichtsausdruck zu Markte tragen konnte, dass es eine Lust war, ihm das Wort zu erteilen. Nur der Mathematik- und gleichzeitig auch Klassenlehrer namens Markus Zuckerberg teilte nicht die Freude an Roberts so großartig vorgetragenen Schwammigkeiten, sondern beharrte darauf, dass Rechenergebnisse nicht wegzudiskutieren seien und keineswegs von Roberts Gesichtsausdruck abhingen.
Wie es so oft bei Menschen mit herausragenden Fähigkeiten vorkommt, sammelte der Schüler Robert eine Gruppe ergebener Mitschüler um sich, die an seinen Lippen hingen und sich redlich mühten, ihrem Vorbild nachzueifern. Aber ach! Eines Tages stand in Roberts Klasse die Rückgabe der einen oder anderen Klassenarbeit an, geschrieben in so schönen und wortreichen Fächern wie Deutsch, Politik oder Gemeinschaftskunde, in denen der kluge Robert und seine wackeren Gefährten immer hatten glänzen können. Die Ergebnisse waren alles andere als zufriedenstellend und mussten dringend in der Gruppe besprochen werden. Die Frage drängte sich auf, ob die Gruppe systematisch benachteiligt werde. Ein Mitstreiter Roberts referierte die Lage. Das Interesse sei da, die Arbeiten seien gelesen worden und das thematische Interesse der Leser und somit der Lehrer sei nicht zu leugnen, aber man habe nach einem innerhalb der Gruppen verfassten Aufsatz über den Nahen Osten und in einigen weiteren Texten aus dem Kreis der Robert-Gruppe einen ungewöhnlich eklatanten Einbruch verzeichnen müssen: Die Noten für die Aufsätze seien bei Weitem nicht so gut, wie man das gewohnt sei.
Nachdenklich fragte Robert, der Philosoph der Gruppe, ob sich das nur auf eine Klassenarbeit beziehe oder auf mehrere? Nein, es handle sich um vier oder fünf Arbeiten. Der kluge Robert äußerte sogleich eine treffende Vermutung: Sei das Zuckerbergs neue Notenstrategie? Das sei zu befürchten, meinte sein treuer Mitschüler, und man müsse damit umgehen. Ob das denn eine allgemeine Strategie des unbotmäßigen Lehrers Zuckerberg sei, wollte der sogleich ins Grundsätzliche greifende Robert noch wissen, oder treffe das die Robert-Gruppe härter als andere? Nein, so lautete die Antwort, bei den anderen Schülern sei das so nicht zu sehen. Robert reagierte unverzüglich: So etwas dürfe man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Habe man denn Kontakt zu Zuckerbergs direktem Vorgesetzten – eine Frage, die mit einem leichten Nicken, verbunden mit zustimmendem Brummen, beantwortet wurde. Und, so Robert weiter, man solle die Schulbehörde und das Kultusministerium über diese Vorgänge informieren. Weder ihm noch seiner Gruppe kam es in den Sinn, dass sie in ihren Aufsätzen noch mehr hochtrabenden Unsinn geschrieben hatten als sonst, dass Markus Zuckerberg sich nicht im Mindesten für ihre nicht-mathematischen Hervorbringungen interessierte und dass hier keine böse Strategie der Gegner vorlag, sondern schlicht ein Qualitätsproblem der Robert-Gruppe, das irgendwann selbst ihren treuesten Freunden in der Lehrerschaft aufgefallen war.
Systematische Benachteiligung
Roberts gibt es noch heute, manche bringen es bis zum Wirtschaftsminister und halten Strategiesitzungen mit ihren grünen Unterstützern ab, die sie dann von der ARD filmen lassen. In der so genannten Dokumentation „Die Vertrauensfrage: Wer kann Deutschland regieren?“ sieht man ab der Minute 45:50, wie Robert Habeck mit seinen treuen Mitstreitern über die grüne Reichweite auf Facebook berät. „Die Grünen fragen sich“, so verrät uns die Stimme aus dem Off, „ob sie systematisch benachteiligt werden.“ Das Interesse sei ja da, referiert ein Mitarbeiter, die Leute hätten Interesse an den Themen, aber man habe im Zusammenhang mit einem Posting zu Israel und der Hamas einen eklatanten Einbruch bei der Reichweite erlebt. Habeck fragt nach, ob sich das denn nur auf den einen Post beziehe oder auf mehrere und erhält die Antwort, es sei auch bei vier oder fünf weiteren aufgetreten. Da lässt sich Habeck nicht lumpen und sagt: „Ist das Zuckerbergs neue, wie soll ich das sagen, Medienstrategie?“ „Zu befürchten ist das“, so der Mitarbeiter, „und dann müssen wir damit umgehen.“ Ob es denn die Grünen härter treffe als andere, möchte der Minister noch wissen, und er erfährt, bei anderen Parteien sei das so nicht zu sehen. Und Habeck reagiert: Das dürfe man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Bestehe denn ein direkter Kontakt zu Meta, Zuckerbergs Konzern, zu dem auch Facebook gehört? Sein Mitarbeiter brummt bejahend. Aber das reicht Habeck nicht, er will Härte zeigen und fordert sein Team auf: „Wir sollten die BNetzA oder die Europäische Union informieren.“
Die BNetzA ist die Bundesnetzagentur, die inzwischen „als zentraler Koordinator für Digitale Dienste“ fungiert und dafür sorgen soll, „dass das Internet sicherer, fairer und transparenterer wird“ – das heißt, sie soll Inhalte im Internet auf Regierungskritik hin überprüfen und sie gegebenenfalls unterbinden. Und über die freiheitsfördernde Rolle der Europäischen Union unter der Führung von Ursula von der Leyen muss ich mich wohl nicht mehr äußern. Diese beiden will Robert Habeck darüber informieren lassen, dass Facebook-Beiträge der Grünen einen Reichweiteneinbruch erleben mussten, der ohne Frage nur auf böswillige Manipulationen zurückgehen kann. Weder ihm noch seiner Gruppe kommt es in den Sinn, dass sie in ihren Posts vielleicht noch mehr hochtrabenden Unsinn geschrieben haben als sonst, dass Zuckerberg sich nicht im Mindesten für ihre grün-illusorischen Hervorbringungen interessiert und dass hier keine böse Strategie der Gegner vorliegt, sondern schlicht ein Qualitätsproblem der Grünen, das irgendwann selbst ihren treuesten Freunden unter den Facebook-Nutzern aufgefallen sein könnte.
So etwas denken Grüne nicht, so etwas können sie nicht denken. Sie sind nicht einmal zu Ansätzen von Selbstkritik fähig.
Zu Ansätzen vernünftiger Politik leider auch nicht.
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Thomas Rießinger ist promovierter Mathematiker und war Professor für Mathematik und Informatik an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Neben einigen Fachbüchern über Mathematik hat er auch Aufsätze zur Philosophie und Geschichte sowie ein Buch zur Unterhaltungsmathematik publiziert.
Bild: Shutterstock
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