Von Kai Rebmann
Oliver Haase war einmal ein überzeugter Grüner. Eigenen Angaben zufolge war es noch vor der Jahrtausendwende mehr ideologische Haltung als Geschäftssinn, die ihn zum Einstieg in die Branche der Erneuerbaren bewegte. Und der Diplomingenieur war recht erfolgreich in dem, was er tat. Irgendwann während der Amtszeit der Ampel-Koalition hatte der Unternehmer aber sein ganz persönliches politisches Damaskuserlebnis.
Jetzt ist Haase aus der grünen Energie ausgestiegen und rechnet mit einer gescheiterten Politik ab, insbesondere der von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), und prangert den gesellschaftlichen, aber auch medialen Umgang mit kritischen Wissenschaftlern und Journalisten an.
Und der Geschäftsmann, ein Kind der DDR, rechnet im Interview mit der „Berliner Zeitung“ mit dem aktuellen Zustand der Demokratie in Deutschland ab: „Die DDR war aus sich selbst heraus nicht mehr zu retten. Und so ist es mit der jetzigen Demokratie.“ Deshalb bezeichnet Haase die AfD als derzeit „schlaueste Wahl“, um die festgefahrenen Strukturen des politischen Establishments zu zerschlagen – und verweist dazu explizit auf das Beispiel USA in Person von Präsident Donald Trump und Elon Musk.
Gleichzeitig spricht sich der Sachse aber auch sehr deutlich gegen eine „elitäre Weltregierung“ und, zumindest soweit es ums Grundsätzliche geht, gegen „Milliardäre in Regierungsebenen“ aus. Stattdessen brauche es wieder mehr Eigenverantwortung und mehr Souveränität für die Bürger, sprich mehr Basisdemokratie etwa nach Schweizer Vorbild: „Da bin ich durchaus bei der AfD, ich bin für einen Austritt aus Europa, um am nächsten Tag Europa wieder aufzubauen.“ Auch die EU bezeichnet der Ex-Grüne als „aus sich selbst heraus nicht reformierbar“.
‚Was, wenn wir zwei, drei Tage keinen Wind und keine Sonne haben?‘
Die politische Zeitenwende setzte bei Haase schon etwas früher ein, spätestens aber mit dem Abschalten der letzten drei verbliebenen Kernkraftwerke in Deutschland. Die von Habeck immer wieder gebetsmühlenartig wiederholte Behauptung, wonach die Erneuerbaren die günstigste Energiequelle seien, sei „schlicht und ergreifend nicht richtig“. Konventionelle Energieträger lieferten Energie genau dann, wenn sie benötigt werde, „genau das kann Wind- und Sonnenenergie nicht“, gibt der Experte zu bedenken.
Deshalb müssten in die Berechnung zum Beispiel auch Batteriespeicher einfließen: „Die halten, wenn sie groß sind, einen Tag. Aber was, wenn wir mal zwei, drei Tage keinen Wind und keine Sonne haben?“, fragt der Geschäftsmann rhetorisch und verweist dabei auf die möglichen Folgen von Dunkelflauten.
Schlimmer noch: Haase musste bei seiner täglichen Arbeit feststellen, dass die Politik mit Blick auf die lauthals ausgerufene Energiewende nicht einmal ansatzweise einen Plan in der Schublade liegen hat: „Wir haben eine sehr umfangreiche Recherche durchgeführt und uns auf die Suche begeben nach einem Energiekonzept für Deutschland. […] Wir haben es gesucht, wie die Nadel im Heuhaufen, bei der Bundesnetzagentur, der Deutschen Energieagentur, beim Wirtschaftsministerium und bei allen Parteien.“
Ergebnis dieser Suche: „Es gibt eine Systementwicklungsstrategie, es gibt Langfristszenarien. Aber all diese Arbeiten verdienen nicht den Namen Energiekonzept. Aus ihnen geht nicht hervor, welcher Preis pro Kilowattstunde am Ende erreicht werden soll.“
Deutschland auf dem Weg von der Industrienation zum Agrarland
Die Konsequenz aus dem ganz offenkundig planlosen, aber umso mehr von Ideologie bestimmten Vorgehen ist einer der weltweit höchsten Energiepreise – der inzwischen zu einem spürbaren Risiko für den Industriestandort Deutschland und den Wohlstand seiner Bürger geworden ist. Haase räumt ein, dass der Weg allein mit Erneuerbaren, zumindest theoretisch, ein durchaus gangbarer ist.
Die Politik müsse sich dann aber auch ehrlich genug machen, um den Wählern im selben Atemzug zu sagen: „Okay, wir gehen in unserem Lebensstandard sehr weit zurück; weiter, als es für eine Industrienation möglich ist. Deutschland wird ein Agrarland, wie es nach dem Zweiten Weltkrieg ja mal angedacht war. Die Lebensqualität geht in den Keller, aber uns stört es nicht, wenn wir mal ein paar Stunden keinen Strom haben. Dafür ist er sehr billig. Und wir sind unabhängig vom Ausland.“
Bleibt der deutschen Energiepolitik am Ende also nur die Wahl zwischen Pest und Cholera, sprich die zwischen hohen, aber nachhaltigen Energiepreisen oder günstigerer Kernenergie, die aufgrund der Endlagerung aber zu einer Belastung für kommende Generationen wird? Mitnichten, sagt Experte Haase und wirft den politisch Verantwortlichen ideologische Verbohrtheit vor.
Innovative Entwicklungen stoßen auf taube Ohren
Es gebe in diesem Bereich inzwischen „hoffnungsvolle neue Technologien“, die ohne die immer wieder angeführten Nachteile auskommen – man muss diese nur wollen: „Dual-Fluid-Reaktor nennt sich eine Entwicklung. Das sind Berliner Physiker, die hier nur verschlossene Türen vorgefunden haben und deshalb nach Kanada gegangen sind. Etwas wie Tschernobyl ist technologisch nicht mehr möglich, sagen sie. Als Müll verbleibt atomare Asche mit einer Halbwertzeit von 300 Jahren. Wobei das noch auf null gebracht werden soll. Mit dieser Technologie könnte Atommüll, der in Deutschland eingelagert ist, zur Energieerzeugung verwendet werden. Das wären an die 100 Jahre Selbstversorgung.“
Stattdessen dominiert hierzulande im politischen wie auch gesellschaftlichen Diskurs ideologisch abgeschmeckter Einheitsbrei – und das themen- bzw. ressortübergreifend. Das hat Haase im Rahmen seiner bisherigen Arbeit insbesondere auch in Bezug auf den angeblich „menschengemachten Klimawandel“ feststellen müssen. Wenn er die Argumente der Befürworter höre, dann müsse er zwar sagen, dass diese für sich genommen „sehr plausibel“ seien. Genauso gehe es ihm aber auch, wenn er die Argumente der Gegenseite höre.
Er sei kein Klimawissenschaftler und halte sich daher zurück, aber: „Wenn ich mitbekomme, dass Leute, die den menschengemachten Klimawandel anzweifeln, als Verschwörungstheoretiker bezeichnet werden, gehen alle Alarmglocken an. Darunter sind Physiknobelpreisträger, die durchaus was zu verlieren haben. Das ist wie bei Corona. Wenn Wissenschaftler da gesagt haben, wir haben es hier mit einer mittelschweren Grippe zu tun, waren das Esoteriker, Verschwörungstheoretiker, Rechte, schnell auch Rechtsradikale. So ein Umgang ist einer funktionierenden Demokratie absolut unwürdig.“
Bemerkenswertes Detail zum Schluss: Selbst die Kollegen der „Berliner Zeitung“ schreiben in dem Interview, da wo es um Corona ging, nicht mehr von „G-Regeln“, „Schutzmaßnahmen“ oder „sektoraler Impfpflicht“, sondern verwenden faktisch eher zutreffende Begriffe wie „Gängelei“ oder „Zwangsimpfung“. Unsereins wurde dafür vor gar nicht allzu langer Zeit noch böse verunglimpft – auch und gerade aus den Reihen der Mainstream-Medien…
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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