Alles neu macht spätestens der Mai. So denkt jenes wohlbehütete und mit der Wirklichkeit nur selten in Berührung kommende Schäfchen, welches von Geburt an sein Kreuz bei der CDU setzt – und freudig erwartet, dass Friedrich Merz im Laufe des anstehenden Frühjahrs 2025 trotz deutlich nachlassender Umfragewerte der nächste Kanzler dieser Republik wird. Schließlich handelt es sich bei der deutschen Bevölkerung um eine behäbige Gesellschaft, die sich auch dann nur wenig irritieren lässt, wenn ein Spitzenkandidat noch vor seiner entsprechenden Amtseinführung in ein Fettnäpfchen nach dem nächsten tritt. Obwohl nicht ganz unumstritten ist, inwieweit es um das bewusste Entlarven einer Fratze geht, hinter der sich ein Mann mit vielen Abhängigkeiten von verschiedenen Institutionen, Strömungen und Koalitionspartnern verbirgt, ist man im Konrad-Adenauer-Haus offenbarer darauf bedacht, die eklatanten Widersprüche zwischen der Programmatik der Partei und den Ideen ihres Chefs irgendwie zu kaschieren. Schließlich scheint es mittlerweile nicht nur ein geflügelter Terminus, sondern man kann einigermaßen unverhohlen feststellen: Wer Schwarz sät, wird Grün ernten.
Von Dennis Riehle
Denn schon heute präsentieren uns nahezu sämtliche Leitmedien die schönen Augen und den schmachtenden Blick eines bisweilen naiv anmutenden 69-Jährigen gegenüber Ökologismus und Globalismus in fast jeder Talkshow. Für den eingeebneten Zuschauer des ÖRR mag dabei völlig unbeachtet bleiben, dass sich ein einst als Konservativer gebender Unionist in gewissen Themenbereichen im offensichtlichen Wettbewerb mit Annalena Baerbock über die größtmögliche Fachinkompetenz befindet. Und da können sich noch so viele Politiker der Christdemokratie um Schadensbegrenzung bemühen, wenn der Frontmann seine Kriegslüsternheit äußert, seine Liebe zur Wärmepumpe artikuliert oder sich in das souveräne Votum der rumänischen Bürger einmischt, die es doch tatsächlich gewagt hatten, einen russophilen Bewerber in die Stichwahl zu schicken. Letztlich bleibt die öffentliche Wahrnehmung in der frustrierenden, aber augenscheinlichen Tatsache verhaftet, dass Angela Merkel möglicherweise das kleinere Übel war – auch wenn wir noch immer an ihrer Bringschuld zerbrechen.
Denn der Sauerländer ist getrieben von einer fanatisch anmutenden Ideologie des Westens, mit der er einerseits mehr oder weniger direkt Ultimaten an Moskau stellt, aber gleichsam keinen Zweifel an der transatlantischen Partnerschaft und Verwobenheit lässt, mit der man den Rest des Globus zu moralisieren versucht. Andererseits bekennt sich der Westfale gleichermaßen zur konsequenten Weiterführung der energetischen Transformation – obwohl es noch vor Monaten hieß, man wolle das Heizungsgesetz der Ampel rückgängig machen. In diesem Fall scheint aber wiederum zu gelten: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern, wenn ich nach Ricarda Lang nun Robert Habeck als Ziehfreund und Herzblatt entdeckt habe, um ihn erneut zum Wirtschaftsminister zu machen? Wohlwissend wird er es auch ein zweites Mal vollbringen, dieses Land schneller kleinzukriegen als jede Abrissbirne. Und das alles trotz seiner unglaublichen Menschlichkeit am Küchentisch, mit der er nicht nur die Herzen manch einer an Altersblindheit leidenden Dame im Sturm erobert.
Die Avancen und Komplimente nehmen fast kein Ende, wenn sich zwei höchst unterschiedliche Persönlichkeiten in einem wesentlichen Schnittpunkt treffen: Es geht um Herrschaft, Einfluss und Dominanz. Da war es fast ein Privileg, bislang lediglich befürchten zu müssen, dass ein „Weiter so“ unsere Insolvenz nur verschleppt. Nunmehr kann man sich sicher sein, dass Olaf Scholz allerhöchstens ein Vorgeschmack auf das war, was uns ein 1,98 Meter großer Jurist an Ambitionen, Konzepten und Forderungen servieren dürfte, lässt man ihn als Regierungsverantwortlichen von der Leine der Opposition. Bisher sind seine Handlungsspielräume beschränkt, weshalb er auch einigermaßen ungeniert über Desinformationskampagnen des Kreml schwadronieren, sich entsetzt über Christian Lindner und den libertären Präsidenten von Argentinien zeigen sowie seine Vorstellungen über einen allenfalls zum Remigratiönchen taugenden Gedanken von stärkeren Grenzkontrollen und einer Obergrenze in die Kameras prustet.
Wir hatten schon einmal Führung bestellt, aber nicht einmal eine Zeitenwende bekommen. Gewummst hat es ordentlich, aber an der falschen Stelle. Doch was bislang nur ein Auffahrunfall war, könnte zur Massenkarambolage werden, sofern ein Charakter an die Macht kommt, der sich trotz militärisch anderslautender Wahrheiten für den ultimativen Sieg der Ukraine einsetzt. Oder auch nicht davor zurückschreckt, ethische Dämme zu brechen, wenn er Abtreibungen legalisieren und den tägliche Geschlechterwechsel zementieren sollte. Und weil das „C“ im Namen einer zum Einheitskartell hinzugestoßenen Kraft schon länger keinen Wert mehr besitzt, kann man angesichts des deprimierenden Befundes nur einen ernüchternden und verbitterten Seufzer ausstoßen: Gott bewahre uns vor jenem, dessen Weltanschauung das Totenglöckchen für Kultur und Identität von ganz Europa bedeuten würde.
Zur Quelle wechseln
Author: Gast Autor
Journalistenwatch