Von Kai Rebmann
Maike Finnern ist seit dem Jahr 2021 Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Erst vor wenigen Tagen wurde sie in eben diesem Amt bestätigt. Ihre Wiederwahl nutzte die Spitzenfunktionärin im Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ für einen Rundumschlag gegen aus ihrer Sicht „demokratiefeindliche Lehrkräfte“ und fordert unter anderem: „Äußerungen sowie Aufrufe zu Gewalt müssen in jedem Fall konsequent geächtet sowie disziplinar- und strafrechtlich verfolgt werden.“
In diesem Punkt wird man der Gewerkschafterin kaum widersprechen können. Andererseits bildet dieser Satz nur den Auftakt zu einem Statement, das nur so von „richtiger“ Haltung und Gesinnung durchzogen ist – und klare politische Schlagseite hat und voll von Vorverurteilungen ist. Finnern betont zwar, dass es gefährlich sei, Lehrer mit AfD-Parteibuch unter Generalverdacht zu stellen – tut in dem Interview letztlich aber genau das.
So zum Beispiel, wenn sie ausführt, dass Lehrer gegen geltendes Recht verstießen, „wenn sie sich rechtsextrem, menschenverachtend und demokratiefeindlich äußern.“ Schließlich hätten diese einen Eid auf die Verfassung geschworen und müssten ihrem damit einhergehenden demokratischen Bildungsauftrag gerecht werden. Problem nur: Lehrer, die sich möglicherweise antisemitisch oder linksextrem äußern, scheinen der ehemaligen Realschullehrerin keinerlei Sorgen zu bereiten, jedenfalls kommt davon in ihren Aussagen nichts vor.
Stattdessen setzt die GEW-Chefin die Fahrt durch ihre ideologische Einbahnstraße fort. Prüfungen durch den Verfassungsschutz seien in „Einzelfällen“ notwendig – nur um dann im nächsten Satz eine bemerkenswerte Kehrtwende hinzulegen: Es brauche „systematische Beschwerde- und Meldeverfahren“ sowie „Präventions- und Interventionskonzepte mit definierten Handlungsketten“ im Umgang mit Lehrern, die das „falsche“ Parteibuch haben. Es sei Aufgabe von Politik und Schulverwaltungen, „hierfür den Handlungsrahmen zu schaffen sowie Strukturen und Instrumente bereitzustellen.“
GEW-Chefin auf Nancy Faesers Spuren
Der Appell an Politik und Verfassungsschutz in einem Atemzug ist freilich ein gefährlicher. Denn beide Ebenen handeln keineswegs unabhängig voneinander. Vielmehr ist etwa der Bundesverfassungsschutz dem Bundesinnenministerium gegenüber weisungsgebunden. Entsprechend gilt dies auf der Ebene der Länder. Der Inlandsgeheimdienst kann demnach auch als Instrument gegen die Opposition missbraucht werden, was unter der ehemaligen Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) fast schon an der Tagesordnung war.
Es wird wohl kaum Zufall sein, dass die Forderung der GEW-Chefin gerade jetzt kommt, nur kurz nach der heftig umstrittenen Hochstufung der AfD als „gesichert rechtsextremistisch“ durch den Verfassungsschutz, offenbar betrieben durch die nur wenige Tage darauf ausgeschiedene Hausherrin im Bundesinnenministerium. Finnern scheint damit in opportunistischer Art und Weise bereitwillig auf den gesellschaftspolitischen Zug aufzuspringen, der in diesen Tagen und Wochen durch die deutsche Medienwelt fährt.
Und was bedeutet eigentlich eine „rechtsextreme“ Gesinnung von Lehrern, gegen die die GEW vorzugehen gedenkt? Fakt ist doch, dass selbst Ansichten, die bis vor wenigen Jahren noch als „konservativ“ und völlig unverdächtig galten, inzwischen als „rechtsextrem“ gebrandmarkt werden und nach dem Verfassungsschutz gerufen wird. Möglich machte und macht dies die Verschiebung dessen, was heute gerne als „demokratische Mitte“ oder „demokratisches Spektrum“ bezeichnet wird – und zwar auf allen Ebenen der Gesellschaft. An den in diesem Zusammenhang immer wieder angeführten Argumentationsketten hätten Erich Honecker, Walter Ulbricht und andere SED-Granden ihre helle Freude.
Deren Erben sitzen heute wie ganz selbstverständlich in unseren Parlamenten, bestimmen das Meinungsklima an deutschen Universitäten und haben das Kommando auf den Straßen zwischen Flensburg und Berchtesgaden längst übernommen. Es mag sich dabei (noch) um eine relative Minderheit handeln, deren Stimme durch entsprechende Multiplikatoren in Politik, Medien und Gesellschaft aber umso lauter wirkt.
Das alles ist zu berücksichtigen und entsprechend einzuordnen, wenn GEW-Chefin Finnern vor „Verdachtsmomenten“ bei Lehrern spricht, die AfD-Mitglied sind und in ihrer Funktion möglicherweise ihren Eid verletzen und gegen den demokratischen Bildungsauftrag verstoßen. Gleichwohl hat der Kampf gegen die Opposition in den Klassenzimmern rein gar nichts verloren, umso weniger, wenn sich die selbsternannten Streiter für die Demokratie auf dem linken Auge blind präsentieren.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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