Jan Philipp Burgard sieht den Himmel vor lauter Wolken nicht. Der Chefredakteur von Welt-TV ist zuletzt damit aufgefallen, dass er das Duell Weidel versus Wagenknecht verkackt hat, weil er das zunächst ambitionierte Vorhaben des privaten kleinen Senders mit einer inhaltslosen politischen Korrektheit rundherum ad absurdum geführt hat.
Ein Zauderer, dem man den Bedenkenträger durchaus ansieht. Die ideale Besetzung für Springer, um gewagte, zu sperrige Texte ganz schnell wieder einzufangen, bevor noch jemand hinter die Wolken schaut.
Konkret geht es um einen Gastartikel von keinem geringeren als dem US-Milliardär Elon Musk. Hier soll es zudem auch um eine Replik, einen Folgeartikel von Jan Philipp Burgard gehen, der für Springer die Aufgabe übernommen hat, Elon Musks Ausflüge ins Büro von Alice Weidel wieder einzufangen.
Zunächst aber muss man Elon Musk rügen. Der hat nämlich mit seinem Gastartikel den Sahra-Wagenknecht-Weg genommen und sich trotz seiner Rolle als Desperado bei den Etablierten angedient. Denn wenn es Musk wirklich ernst damit ist, dass Deutschland eine Rundum-Erneuerung benötigt, warum schreibt er seinen Gastartikel nicht für Alexander-Wallasch.de?
Ernsthaft, die Verbreitung wäre die Gleiche, das könnten die Etablierten nicht links liegen lassen und nebenbei wäre der Werbeeffekt für unser Portal natürlich gigantisch. Ein Geschenk! Aber Scherz beiseite. Wollen wir die Herausforderung für Elon Musk nicht zu groß aufhängen: Warum also nicht bei Roland Tichy mit rund sieben Millionen Lesern im Monat oder bei Julian Reichelts „Nius“ mit fast ebenso vielen Interessierten? Mit Reichelt wäre er zudem noch dichter an Springer herangerückt.
Aber es soll ja um Inhalte gehen. Und was Elon Musk da für die „Welt am Sonntag“ geschrieben hat und was dem Berufszauderer Jan Philipp Burgard die Hosen vollgezaubert hat, das ist vor allem eines: Aus deutscher Sicht erstaunlich erhaben und unangreifbar aufgeschrieben. Selten wurde der Beweis so präzise geführt, dass ein gebührender Abstand zum Objekt der Betrachtung eine gute Idee sein kann. Elon Musk erneuert seine AfD-Wahlempfehlung, indem er sie über den kurzen Satz „Only the AfD can save Germany“ hinweg hebt und begründet.
Es mag sein, dass es sich Springer im Vorfeld einfacher vorgestellt hat. Möglicherweise hatte man im Stillen damit gerechnet, dass Musk sich selbst hinrichtet mit gewissen Defiziten beim Blick auf die innerdeutschen Verhältnisse. Aber diese Hoffnung wurde enttäuscht.
Aber Musk hat es tatsächlich hinbekommen, aalglatt zu wirken, Teflon zu sein gegenüber Angriffen gegen seinen Text und dennoch substanziell zu sein. Zu glatt? Wer immer diesen Text mit oder für Elon Musk geschrieben hat, der versteht sein Handwerk und muss gesammelte Kenntnisse über Deutschlands brüchiges Innenleben besitzen. Gerade in ihrer stringenten Nüchternheit sind die Ausführungen von Musk für „Welt am Sonntag“ eine saftige Ohrfeige für die Etablierten. So etwas haben sich viele Leser oft gewünscht und nie bekommen: Die Neuen Medien reagierten in der Regel mit einer Gegenempörung.
Bevor es um den Inhalt der Musk-Rede und dieser läppischen Gegenrede kommen soll, kurz ein paar Worte zur Vermarktung des Gastartikels: So etwas kann Springer, das sind die Gene, die auch ein Julian Reichelt zu Nius getragen hat: Keine Veröffentlichung ohne Trommelwirbel!
Kurz gesagt: Damit das Musk-Ding richtig einschlägt, hat eine leitende Angestellte bei Springer offiziell wegen Musk gekündigt, die Zeitungen reißen sich heute um diese Randnotiz. Hier muss allerdings mal genauer geschaut werden, ob da nicht sowieso jemand auf dem Sprung war oder Springer gar zur Welt-Meinungschefin gesagt hatte: Hey, Eva Marie Kogel, du alte Socke, kannst Du uns einen Gefallen tun und mal die Wütende spielen?
Gemessen an der Aufregung, welche deutsche Gazetten regelmäßig über jede Lautäußerung der AfD ausgießen, wirkt Musks Text über die Notwendigkeit AfD und Weidel zu wählen geradezu aufreizend trocken und gefährlich nah am langweilig sein:
„Die AfD hat verstanden, das wirtschaftliche Freiheit nicht nur wünschenswert, sondern notwendig ist.“
Oder hier: Die AfD erschaffe ein Umfeld, „indem Unternehmen ohne starke staatliche Eingriffe gedeihen können.“ Und weiter: „Eine Nation muss ihre Grundwerte und ihr kulturelles Erbe bewahren, um stark und geeint zu bleiben.“
Elon Musk attestiert den traditionellen Parteien – wir würden „Etablierte“ sagen –, dass sie versagt haben: „Ihre Politik hat zu wirtschaftlicher Stagnation, sozialen Unruhen und einer Aushöhlung der nationalen Identität geführt.“
Die Kernaussage in einem Musk-Satz für „Welt am Sonntag“: Die AfD sei nicht rechtsextrem, sie vertrete einen „politischen Realismus“. Alice Weidel bekommt hier übrigens eine Analyse geliefert, die ganz sicher auf die eine oder andere Weise in ihren Wahlkampf mit einfließen wird. So eine Gratis-Steilvorlage lässt man nicht einfach liegen.
Laut Elon Musk haben viele Deutsche mittlerweile das Gefühl, ihre Anliegen werden vom Establishment ignoriert. Auch daran lässt sich kaum rütteln: Denn viele Umfragen bestätigen, dass die etablierten Parteien eine ganz andere Politik wollen als die Mehrheit der Bürger, die etwa endlich diplomatische Verhandlungen mit Russland fordern, wie übrigens auch die Mehrheit des ukrainischen Volkes.
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Etwas putzig wirkt es, wenn Elon Musk meint, die AfD könne schon deshalb nicht rechtsextrem sein, weil Alice Weidel in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebt. Nun gut. Aber falsch ist es deshalb auch nicht.
Elon Musk schließt mit den Worten, es sei Zeit für „mutige Veränderungen, und die AfD ist die einzige Partei, die diesen Weg eröffnet.“
Und dann kommt die Stunde des großen Zauderers bei Springer. Der gepuderte Anti-Springteufel wurde mit einer Gegenrede beauftragt, die Jan Philipp Burgard allerdings von Beginn an in den viel zu großen Schuhen von Elon Musk unternimmt. Er lobt den Amerikaner für sein Lebenswerk, für seine Analysestärke und gibt Musk recht darin, dass es eine Krise in Deutschland gibt und irgendwie alles blöd gelaufen sei mit der Migrations-, der Energie- und Sozialpolitik.
Zauderer Burgard meint, dass die Merkel-Ära und die Ampel-Koalition „unseren Wohlstand in Gefahr gebracht haben“. Die Diagnose von Musk sei korrekt.
Aber was soll da jetzt noch kommen, was den Charakter einer Gegenrede hätte? Wäre man bei ChatGPT, würde man eine Nachfrage einbauen müssen: Hier bitte mehr Kontra geben! Denn mehr Zustimmung geht ja kaum. Und daran scheitert dann auch dieser missglückte Sorry-Artikel. Merke: Wer in den Krieg zieht, muss abdrücken können! Aber Doppelname Burgard wirft mit Wattebäuschchen und denkt, es reiche für den Schockeffekt schon aus, wenn man diese vorher in AfD-Blau getaucht hat, gewissermaßen als Ersatzflüssigkeit für echtes Blut.
Wer vergisst zu schießen und dann doch noch abdrückt, der muss dazu vernehmbar husten, damit es reinknallt: „Musks Diagnose ist korrekt, doch sein Therapieansatz, nur die AfD könne Deutschland retten, ist fatal falsch.“
Problem: Wer hier Kritik äußert, der muss selbst mit einem eigenen Lösungsansatz aufwarten. Und dabei verschluckt sich JP Burgard auf eine Weise, dass man ihm hilfreich auf den Rücken klopfen möchte – gern ein bisschen fester wegen des ganzen Unsinns: Anstatt selbst in die Analyse zu gehen, werden die übliche Verdächtigen zitiert, die aber ebenfalls mit Burgard im Stall der Angsthasen mit dem Establishment an der Versöhnungsmöhre knabbern.
Huch, die AfD suche die Annährung an Russland. Die AfD habe keine Verurteilung des Angriffskrieges im Programm, stattdessen – oh Graus! – fordere die AfD eine Instandsetzung der Nord-Stream-Pipeline. Aber es dürfe doch keine Abhängigkeit mehr zu Putins Gas geben, schluchzt Herr Burgard. Und die AfD gehe auch viel zu freundlich mit China um.
Unfreiwillig grinsen muss man, wo JP Burgard von hinten durch den Kopf von Musk in dessen Auge will und den Amerikaner dahin lenken, dass es doch amerikanische Interessen gebe, wie etwa den Ausbau der Abhängigkeit zu den Gaslieferungen aus den USA, welchen die AfD ignoriere.
Der Zettelkasten des Springer-Cleaners ist verstaubt. Den Vogel schießt JP dort ab, wo er die Migrationspolitik der AfD in Ermanglung verwertbarer echter Kritikpunkte nach Potsdam zum angeblichen Geheimtreffen zurückführt. Ein Treffen, das längst als der Supergau des regierungsnahen pseudo-investigativen Portals „Correctiv“ gerichtsfest entlarvt wurde.
Jan Philipp Burgard schreibt: „Doch die AfD irrlichtert mit unrealistischen Remigrationsplänen für Millionen Menschen“. Übrigens: Das ist auch deshalb strunzdumm, weil die deutschen Asylgesetze eine Remigration nach positiver Neubewertung der Lage in den Herkunftsländern sogar zwingend vorschreibt! Aber der Cleaner von „Welt-TV“ hat da noch seine enge Refugees-Welcome Badehose an.
Und dann kommt, was kommen musste: Musk habe einen „kapitalen Fehler“ gemacht, sagt der kapitale Journalistenhecht von Springer: Wenn Musk die AfD nicht für rechtsextrem halte, denn da sehe Elon Musk nur die sympathische Alice und vergesse darüber den bösen Björn. Und letzterer dürfe per Gerichtsurteil als „rechtsextrem“ bezeichnet werden! Hier hätte noch gefehlt, die Beweisführung von JP wäre so weit gegangen zu erwähnen, dass man einen grünen Wirtschaftsminister nicht „Schwachkopf“ nennen darf – einen Auftragscleaner von Springer auch nicht?
Jetzt fehlt nur noch die amüsanteste aller Enthüllungen: Elon Musk gesteht grinsend übers ganze Gesicht ein, dass sein Artikel von der X-internen KI „Grok“ geschrieben wurde, während „Grok“ nach eingehender Befragung den Text von Jan Philipp Burgard als mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als Ergebnis einer ChatGPT-Befragung dechiffriert.
Standen hier bereits zwei KI-Welten miteinander im Ring? Das wäre sicherlich die unterhaltsamste Nachricht von allen rund um diesen von Springer inszenierten Scoop samt Kündigung einer Kollegin, von der zuvor kaum ein Leser je etwas gehört hat.
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Author:
Alexander Wallasch