• 6. Mai 2025

Frauke Petry gründet neue Partei – Deutschland als Eldorado für Unternehmer

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Mai 6, 2025
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Ich erinnere mich deshalb noch so genau an einen Talkshow-Auftritt von Frauke Petry vor bald einem Jahrzehnt, weil der Artikel, den ich noch in der Nacht schrieb, zu einem meiner meistgelesenen der letzten zehn Jahre wurde. Der Auftritt von Frauke Petry Ende Januar 2016 hatte aber noch mehr zu bieten: Er markierte den Beginn eines Aufstiegs der AfD zu einer nicht mehr wegzudenkenden Größe in der deutschen Parteienlandschaft.

Und gleichzeitig kann er als Blaupause verstanden werden für eine Außendarstellung der Partei, die seitdem von den Spitzenkräften der AfD kontinuierlich zum Erfolgsmodell ausgebaut wurde. Vereinfacht ausgedrückt: Lass die anderen meckern und zetern, lächle einfach stoisch dazu, sammle fleißig Sympathiepunkte wie ein Eichhörnchen seine Nüsse. Die Menschen da draußen haben ein untrügliches Gespür für Ungerechtigkeit, die Sensoren funktionieren noch. Und viele Deutsche fühlen sich zunehmend selbst ungerecht behandelt, nicht ernst genommen und solidarisieren sich in der Folge.

An diesem Abend Ende Januar saß die gebürtige Dresdnerin Frauke Petry dem Journalisten Jakob Augstein und dem SPD-Politiker Ralf Stegner gegenüber, die sich mit ihrem beschämenden Auftritt tief in die Erinnerung der Zuschauer eingebrannt haben. Damals schrieb ich unter anderem:

„„Die AfD ist eine Partei, der ist die Menschenwürde scheißegal!“ geifert Augstein und stiert dann auch noch auf eine – man kann es nicht anders sagen – soziopathische Art und Weise Richtung Petry, dass einem Angst und Bange werden kann um die Frau. Hat sie Pfefferspray dabei? Wenigstens für ein gutes Bauchgefühl? Was steckt bei Augstein dahinter? Irgendeine Psychostrategie? (…) Zehn Minuten vor Ende verlacht Sandra Maischberger Frauke Petry sogar noch. Jetzt kurz vor Schluss scheint es Augstein doch zu schwanen, an was für einem Schwachsinn er gerade als Hauptakteur beteiligt war. Sein Kopf sinkt herunter, dem Stegnerwackeldackel ist die Batterie ausgegangen.“

Das war Anfang 2016, die brutalen Übergriffe und Vergewaltigungen deutscher Frauen (inklusive eintausend Anzeigen) auf der Kölner Domplatte durch nordafrikanische Intensivtäter lagen erst wenige Wochen zurück, der Parteiaustritt von Frauke Petry folgte eineinhalb Jahre später, Petry blieb noch bis 2021 fraktionslose Bundestagsabgeordnete.

Zwischenzeitlich hatte sie erfolglos die „Blaue Partei“ gegründet und es ihrem ehemaligen Co-Vorsitzenden Lucke gleichgetan, der mit ALFA ebenfalls eine spektakuläre Bauchlandung hinlegte. ALFA war zeitweilig auch das Zuhause von Hans-Olaf Henkel, der ebenfalls prominentes AfD-Parteimitglied der ersten Jahre war, der dann wiederum wegen Petry ausstieg, die er für einen Rechtsruck mitverantwortlich machte, die wiederum ihren Austritt mit einem Rechtsruck begründet hatte.

Heute kann man sagen, für die politischen Grundideen von Lucke, Petry und Henkel kam Merkels illegale Massenmigration zur Unzeit, weil sie die Marschrichtung der Partei von den wirtschaftlichen auf die identitären Programmpunkte verlagerte: Überfremdung, Clash der Kulturen und Ausländerkriminalität.

Ganz klar: Der Sog der Empörung brachte die Partei auf die Erfolgsspur und wischte den wirtschaftsliberalen Gründungsmythos der AfD einfach vom Tisch. Schnee von gestern.

Frauke Petry hat lange mit sich gerungen. Etwa bei der WerteUnion oder beim Bündnis für Deutschland spielte sie keine Rolle. Jetzt gab sie bekannt, erneut eine Partei gründen zu wollen. Problem nur: Zwischen AfD und CDU gibt es bereits Bewerber, allen voran die WerteUnion von Hans-Georg Maaßen. Entsprechend erklärt Petry, das sei nicht ihre Nische.

Folgt man den Medienberichten zur Neugründung, sieht es nach einer Renaissance des Gründungsmythos der AfD aus bzw. nach einer FDP mit spitzen Kanten. Das ist deshalb erstaunlich, weil Petry mit der AfD bereits hautnah erfahren haben dürfte, dass dieser Fokus nicht das dringendste Problem der Deutschen ist.
Petry erklärte zu ihrer Neugründung:

„Die Lücke im Parteiensystem klafft eben nicht zwischen CDU und AfD, sondern in der Leerstelle eines anti-etatistischen, freiheitlichen Angebots“, sagt sie. Deutschland müsse wieder „ein Eldorado für Unternehmer und Selbstständige werden“.

Der gemeine Wähler wird allerdings kaum etwas anfangen können mit Begriffen wie „anti-etatistisch“. Und der Move von einem „Eldorado für Unternehmer“ hin zu Reparatur seiner Sicherheitsarchitektur und einem Eldorado für den einzelnen Schaffenden wird dem Souverän ebenfalls schwerfallen.

Auf den ersten Blick möchte man mutmaßen, dass diesem neuen Konzept einer Nachfolgepartei der FDP vor allem eines gelingen kann: Eine große Zahl finanzstarker Unterstützer aus Unternehmerkreisen zu erreichen. Die Startfinanzierung sollte demnach kein Problem sein.

Erstaunlich ist im Übrigen auch, dass ein ähnliches Modell bereits krachend gescheitert ist, als Protagonisten wie Markus Krall mit einem „Bündnis für Deutschland“ mit der libertären Fahne in der Hand den Reichstag stürmen wollten und – autsch – bei Nullkomma-X aufschlugen. Das „X“ dann mutmaßlich und nach BSW-Lesart auch noch entstanden aus Gründen der Verwechslung mit Bündnis Sahra Wagenknecht.

Krall hatte bereits gemeinsam mit Max Otte versucht, seine Ideen eines schlanken Staates bei der WerteUnion unterzubringen. Als er dort aus diversen Gründen keine Rolle spielte, torpedierte er das Projekt an sich und machte dabei ein böses Gesicht – der Schaden war angerichtet, das Neugeborene das erste Mal vom Wickeltisch geschubst.

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Es bleibt rätselhaft, was Frauke Petry hier bezweckt. Gegenüber den Medien erklärte sie, mit Gleichgesinnten bereits vor einigen Monaten den Verein „Team Freiheit“ ins Leben gerufen zu haben. Das sei der vorbereitende Schritt für das neue Parteiprojekt. Wagenknecht und Maaßen waren im Übrigen ähnlich vorgegangen.

Petrys Programm soll für mehr Freiheit stehen und für eine „Erneuerung der kulturellen Westbindung“ und damit ein Gegenmodell zur aktuellen Parteienlandschaft sein.

Berechtigte Frage wäre hier jene nach einer Erneuerung der kulturellen Ostbindung. Denn die Westbindung dürfte – jedenfalls in der Distanzierung zu Russland – niemals so stark gewesen sein wie in den letzten Jahren. Russland ist das ultimative Böse. Auch für Frauke Petry? Ein Bekenntnis zu Trump und Vance ist aber offenbar drin.

Aber wen will Petry damit hinter dem Ofen hervorlocken? Deutschland sehnt sich nach Identität, nach der Renaissance eines verlorenen Gemeinschaftsgefühls. Man könnte auch sagen: Nach Nachbarschaft zu Menschen mit parallel verlaufenden Familiengeschichten. Wie weit kann eine Idee von den Menschen entfernt sein, wie die Behauptung, Deutschland habe Sehnsucht nach einem Eldorado für Unternehmer?

Immer mehr Deutsche haben aktuell vor allem eines: Das Gefühl, dass man sie auf den Müllhaufen der Geschichte werfen will. Lediglich der omnipräsente „Nazi“-Vorwurf hält viele Menschen – in alten Bundesländern – noch davon ab, wieder einzufordern, über ihre Art zu leben selbst zu bestimmen.

Ein „Eldorado für Unternehmer“ kommt da ganz sicher nicht an erster, zweiter, vielleicht nicht einmal an dritter Stelle. So ein Eldorado verkauft sich allenfalls gut – na klar – bei Unternehmern. Und auch hier sicherlich längst nicht bei allen.

Nicht, dass die Idee, den Unternehmer staatlicherseits weniger zu drangsalieren, eine schlechte sei. Aber diese Forderung ist vor allem eines nicht: neu. Und die Bürger ahnen, dass neue Freiheiten von Unternehmern längst nicht automatisch beim Bürger ankommen. Die Merkel-Ampel-Projekte einer De-Industrialisierung sind dechiffriert. Das zu verstehen, braucht es keine neue Partei.

Die Deutschen brauchen wieder ein neues Selbstverständnis und Selbstbewusstsein. Dafür muss man auf die Straße gehen. Eine Veränderung muss vom Volk selbst ausgehen, nicht von einer von allen Zügeln befreiten Unternehmerkaste. Diese Befreiung ist notwendig, ja. Aber sie ist so lange blutleer, wie ihr Nutzen nicht über den unternehmerischen Selbstzweck hinaus auch in ein höheres Ziel einzahlt.

Im X-Banner von Frauke Petry steht: „Im Zweifel für die Freiheit“. Da könnte man nun beginnen zu philosophieren, gar Kant zu zitieren („Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt“) oder in einer weiteren Pirouette ins Lateinische überzuwechseln („Omnesque mutuam amplecteremur unitatem in necessariis, in non necessariis libertatem, in omnibus caritatem.“) – man kann es aber auch einfach lassen und sich fragen:
Was soll dieser Separatismus? Deutschland braucht Einheit und keine Klientelpolitik.

Angeheftet an ihren X-Account hat Frauke Petry den Satz: „Die Antwort auf den Marsch durch die Institutionen ist die Abschaffung der Institutionen!“ Wie kurzsichtig ist das nun wieder? Nur weil die Institutionen vielfach unterwandert wurden, haben sie doch eine Funktion. Sie ordnen, was uns lieb und teuer ist. Und sie schlagen auch dem übermütigen Unternehmer mal auf die Finger, wo es notwendig erscheint.

Auch der Unternehmer darf sich den Staat nicht zur Beute machen, liebe Frauke Petry.

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Author:
Alexander Wallasch

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