Von Kai Rebmann
Olaf Scholz (SPD) warnt bei seinen Wahlkampfauftritten aktuell besonders gerne vor einem spalterischen „Entweder-oder“. Es sei brandgefährlich, so der Noch-Kanzler, die Interessen verschiedener Bevölkerungsgruppen gegeneinander auszuspielen. In diesem Sinne dürfe die Fragestellung in der deutschen Politik auch künftig nicht heißen, „entweder“ mehr soziale Gerechtigkeit, „oder“ mehr Geld für Flüchtlinge, die es nach Europa und insbesondere Deutschland zieht.
Problem: Genau dieser Eindruck entsteht aber bei immer mehr Menschen landauf landab – und die Prioritäten scheinen dabei allzu oft der letztgenannten Gruppe zu gelten, wie reitschuster.de leider schon mehrfach berichten musste (siehe etwa hier und hier).
Und in eben diese Kategorie, vor der Scholz aus seiner Sicht wohl aus sehr gutem Grund warnt, fällt ein Beispiel aus Düsseldorf. Dort wurde vor knapp einem Jahr aus dem einst mit vier Sternen dekorierten Mercure-Hotel „Am Schönenkamp“ eine sogenannte Zentrale Unterbringungseinheit (ZUE) des Landes für Flüchtlinge. Das entsprechende Angebot sei der Konzernmutter im Frühjahr 2024 „gelegen“ gekommen, was man mit Blick auf die für derartige Unterbringungen gezahlten Sätze natürlich sofort glaubt.
Aktuell leben in dieser ZUE rund 240 Flüchtlinge. Hinter dem ehemaligen Hotel wurde eigens ein neuer Kinderspielplatz errichtet, die Bewohner erhalten drei Mahlzeiten am Tag und haben alle ihr eigenes Bad mit Dusche auf dem Zimmer. Deutschkurse werden laut „RP“ ebenfalls angeboten, die Teilnahme daran erfolge jedoch auf freiwilliger Basis.
Staat missachtet gesetzliche Pflichten
Von einer solchen All-Inclusive-Betreuung können viele Obdachlose in der NRW-Landeshauptstadt derweil nur träumen. Parallel dazu berichtet der WDR von den aktuell sehr frostigen Temperaturen, die für Obdachlose lebensbedrohlich werden könnten. Denn viele dieser mittellosen Menschen finden entweder keinen freien Platz in einer Notunterkunft oder müssen aus anderen Gründen draußen bleiben, etwa weil sie einen Hund haben oder drogenabhängig sind.
Zwar ist der Staat zur Obdachlosenhilfe verpflichtet, was oft aber nur in der Theorie gilt. Entsprechende Regelungen finden sich etwa in den Artikeln 1 („Die Würde des Menschen ist unantastbar“) und 20 („Sozialstaatsprinzip“) des Grundgesetzes, im Polizei- und Ordnungsrecht der Länder oder in den Sozialgesetzbüchern II („Grundsicherung für Arbeitssuchende“) und XII („Sozialhilfe“ nach Paragrafen 67 bis 69 SGB XII).
In der Praxis aber existiert eine bundesweit einheitliche Strategie zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit nicht einmal auf dem Papier. Fehlende Plätze in Notunterkünften gehören gerade in den Großstädten längst zum Alltag, während gleichzeitig immer neue Asylunterkünfte aus dem Boden sprießen und (Steuer)Geld dabei offenbar keine Rolle spielt.
Die Gesamtzahl der in Deutschland verfügbaren Sozialwohnungen ist seit dem Jahr 2014, also dem Jahr vor Ausbruch der Migrationskrise um satte 400.000 Einheiten geschrumpft. Tendenz weiter sinkend, und das trotz des vollmundigen Versprechens der noch amtierenden Bundesregierung pro Jahr 400.000 neue Wohnungen – davon mindestens 100.000 Sozialwohnungen – bauen zu wollen. Diese Ziele wurden im Laufe der jetzt zu Ende gehenden Legislaturperiode zu keinem Zeitpunkt auch nur ansatzweise erreicht.
Obdachlose ohne Lobby in Politik und Gesellschaft
An dieser Stelle werden Politiker nun mit der Floskel um die Ecke geritten kommen, dass in Deutschland niemand gezwungen sei, auf der Straße zu (er)frieren oder zu (ver)hungern. Und doch zeigt die Realität, dass es eben nicht vielmehr ist als das – eine hohle Phrase. Es gibt die unterschiedlichsten Gründe, weshalb Menschen in Deutschland in die Obdachlosigkeit und schließlich die pure Existenzlosigkeit abrutschen; einen Teufelskreis, aus dem es ohne fremde Hilfe oft kein Entrinnen mehr gibt.
Von der Politik kommt diese Hilfe jedoch in den seltensten Fällen. Zu schwach scheint die Lobby dieser Gruppe, als zu gering wird das Problem der untersten Schicht unserer Gesellschaft in den Elfenbeintürmen der politischen Elite erachtet. Und im Zweifel bedient man sich einfach einer weiteren Floskel, die sich schon in anderen Zusammenhängen als hilfreich erwiesen hat und besagt: ein Problem, über das niemand redet, existiert auch nicht!
Ganz anders sieht es jedoch aus, wenn es um Hilfe für Menschen geht, die in den allermeisten Fällen noch nie einen Cent in das deutsche Sozialsystem eingezahlt haben und das in nicht wenigen Fällen auch niemals tun werden, ja vielleicht nicht einmal vorhaben. Kein Geldbeutel scheint zu klein, kein Haushalt zu schmal, um nicht mal eben Luxushotels oder Kreuzfahrtschiffe in temporäre oder dauerhafte Flüchtlingsunterkünfte umzuwandeln.
Wenn das Ganze dann noch mit Steuergeldern geschieht, die in den Jahren zuvor nicht da waren – jedenfalls nicht für Schulsanierungen, Stopfen von Schlaglöchern oder Bau von Sozialwohnungen – dann darf sich niemand wundern, wenn sich die Leute wundern, wo das ganze Geld auf einmal herkommt und wofür es im Lichte der „Migrationskrise“ mit allzu vollen Händen ausgegeben wird. Und das liebe, Politiker und links-grüne Bessermenschen, hat dann auch nichts mehr mit einem angeblichen Ausspielen von verschiedenen Interessensgruppen zu tun. Das ist dann nur der menschlich allzu nachvollziehbare Ausdruck von blanker Wut.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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