Es war ein Lehrstück politischer Feigheit: Im Jahr 2020 stand Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff vor einer historischen Entscheidung. Sein Landesparlament hätte die Erhöhung der Rundfunkgebühren blockieren können. Ein simpler, demokratischer Beschluss – mit enormer Wirkung. Die Chance, den überbordenden, politisch einseitigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in die Schranken zu weisen. Doch Haseloff knickte ein. Statt Rückgrat zu zeigen, ließ er das Vorhaben über eine taktische Verzögerung sterben. Die CDU hatte wieder einmal große Reden geschwungen – und dann klein beigegeben.
Seit Jahren erleben wir das gleiche Schauspiel. CDU und CSU werden in ARD und ZDF gnadenlos zerrissen. CSU-Generalsekretäre poltern, CDU-Politiker beklagen die rot-grüne Dominanz in Talkshows, man schimpft über die einseitige Berichterstattung. Und dann? Nichts. Kein Widerstand gegen die Gebühren, kein Umbau des Systems, kein Mut zur Konfrontation.
Doch warum? Warum trägt eine Partei, die ständig vom ÖRR attackiert wird, dieses System immer wieder mit? Drei mögliche Erklärungen drängen sich auf:
1. Die Union ist bequem.
Medienpolitik ist kompliziert, Reformen sind anstrengend. Also hält man lieber die Klappe und hofft, dass es von selbst besser wird. Spoiler: Wird es nicht.
2. Die Union hat Angst.
Jede Kritik an ARD und ZDF wird sofort als „Angriff auf die Pressefreiheit“ gebrandmarkt. Und nichts fürchtet die CDU mehr als den Vorwurf, gegen die Demokratie zu sein. Lieber lässt man sich schlagen, als selbst auszuteilen.
3. Die Union will gemocht werden.
Viele Unionspolitiker haben eine bizarre Sehnsucht nach Anerkennung durch linksliberale Journalisten. Sie glauben, wenn sie sich nur genug anbiedern, würden sie irgendwann wohlwollender behandelt. Ein naiver Irrtum.
4. Die Union ist handlungsunfähig.
Jahrzehntelange Regierungsbeteiligung hat die Partei träge gemacht. Ihre Politiker sind es nicht mehr gewohnt, heraus klare Kante zu zeigen – sie wissen einfach nicht, wie es geht.
5. Die Union ist korrumpiert.
Ein paar CSU- und CDU-nahe Aufsichtsratsmandate, ein paar Posten für verdiente Parteifreunde – und schon verzichtet man auf echten Widerstand. Hauptsache, man darf ein bisschen mitspielen.
Ein besonders absurdes Beispiel liefert Markus Söder. Der bayerische Ministerpräsident war im ZDF-Verwaltungsrat, verteidigt bis heute das System – und lässt gleichzeitig zu, dass seine CSU in den Sendungen permanent attackiert wird. Ein politischer Masochismus, der seinesgleichen sucht.
Aber vielleicht ist es ja auch ganz einfach: Die CDU/CSU ist eine Partei des „Weiter so“. Sie meckert über Probleme, aber wagt keine Lösungen. Die Grünen würden nie ein System mittragen, das sie systematisch benachteiligt. Die Union? Sie tut es – aus Faulheit, Feigheit oder Opportunismus. Und sie macht sich dabei selbst zum Gespött.
Die Union hätte die Macht, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk radikal zu reformieren. Sie könnte jede Gebührenerhöhung blockieren. Sie könnte echten politischen Druck ausüben. Sie könnte. Doch sie will nicht. Vielleicht, weil sie nicht mehr weiß, wie man Politik macht.
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