Von Kai Rebmann
Den Regierungsparteien schwimmen wenige Wochen vor der Bundestagswahl zunehmend die Felle davon. Anstatt der viel zitierten „Aufholjagd“ verzeichnet insbesondere die SPD einen Stillstand in der Wählergunst und verliert nach der CDU inzwischen auch die AfD immer weiter aus den Augen. Dieser Umstand führt bei den Genossen zu nervösen, ja fast schon hektischen Reaktionen, die zwar ein offener Affront auf Demokratie und Meinungsfreiheit sind, in Zeiten wie diesen aber – leider – kaum noch überraschen können.
Man stelle sich vor, eine Bundesinnenministerin droht den rund 54.000 bei der Bundespolizei beschäftigten Beamten mit der Entlassung, falls sie sich für eine Partei engagieren, die auf allen politischen Ebenen über eine breite Legitimation durch den Souverän, sprich den Wähler verfügt. Undenkbar? Eigentlich ja, und in einem demokratischen Rechtsstaat sowieso, nicht aber im Deutschland anno 2025!
Im besten Deutschland aller Zeiten darf im Intranet der Bundespolizei eine Mail kursieren, die nur als unmissverständliche Drohung interpretiert werden kann: „Wird eine Mitgliedschaft in einer solchen Partei bekannt, liegen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen jedenfalls dann vor, wenn sich die Beamtin oder der Beamte in einer solchen Partei aktiv betätigt“, heißt es darin unter anderem.
‚Inakzeptables Beschneiden der Grundrechte von Beamten‘
Mit „einer solchen Partei“ ist, Sie ahnen es, natürlich die AfD gemeint. Diese sei zumindest in Sachsen und Thüringen als „gesichert rechtsextrem“ eingestuft und daher eine Gefahr für die freiheitliche demokratische Grundordnung. Beamte der Bundespolizei müssten bei der Einleitung eines Disziplinarverfahrens wegen Mitgliedschaft in der oder Kandidatur für die AfD „mit dienstrechtlichen Konsequenzen bis hin zu ihrer Entlassung rechnen“.
Die Junge Freiheit hat zuerst über den Skandal berichtet, nachdem den Kollegen der Inhalt der Intra-Mail offenbar aus Polizeikreisen zugespielt wurde, allerdings nur hinter der Bezahlschranke. Der Informant sieht in dem Schreiben „eine erhebliche Einschränkung in der freien Willensbildung als Polizeibeamter“ und bezeichnet die Drohung mit disziplinarrechtlichen Konsequenzen weiter als „inakzeptables Beschneiden der Grundrechte von Beamten“, was insbesondere unter Berücksichtigung der Neutralitätspflicht gelte.
Konkret wird der AfD unterstellt, „die Verfassungsordnung in ihrem absoluten Kern in Frage zu stellen“. Problem: Auf die bundesweit bezogene Tätigkeit der Blauen gibt es hierzu weder ein Gerichtsurteil noch eine entsprechende Einstufung durch den Inlandsgeheimdienst. Als „gesichert rechtsextrem“ gilt die AfD lediglich in Sachsen und Thüringen, wofür der weisungsgebundene und damit politisch alles andere als unabhängige Verfassungsschutz ganz wesentlich verantwortlich zeichnet.
Faeser müsste zurücktreten – eigentlich!
Die Autoren der internen Drohmail beziehen sich offenkundig auf einen Erlass von Nancy Faeser vom 29. August 2024. Dort hält die qua Amtes eigentlich zur Neutralität verpflichtete Bundesinnenministerin fest, dass eine Mitgliedschaft oder Kandidatur bei der AfD die „zwingende Einleitung eines Disziplinarverfahrens“ zur Folge haben müsse. Dies gelte in entsprechender Weise für ähnliche Aktivitäten für „rechtsextreme Gruppen wie die ‚Freien Sachsen‘ oder die Jugendorganisation der AfD, ‚Junge Alternative‘“.
Eine absolute Gleichstellung der AfD mit den „Freien Sachsen“ oder ihrer inzwischen aufgelösten Nachwuchsorganisation ist schon aus objektiven Gründen mehr als fragwürdig und auch rechtlich nicht zu halten. Der Vorgang zeigt deshalb, dass die einst als Gastautorin für ein linksextremes Blatt tätige Innenministerin ganz offensichtlich keine roten Linien mehr kennt, wenn es darum geht, dem politischen Gegner zu schaden – und nicht stramm auf Linie marschierende und ihr unterstellte Bundesbeamte einzuschüchtern!
Wer dieses wirtschaftliche Abhängigkeitsverhältnis auf eine solche Weise wiederholt zu seinen Gunsten auszunutzen versucht, hat seine Nicht-Eignung als Bundesinnenministerin nachhaltig unter Beweis gestellt und sollte schleunigst zurücktreten, um weiteren Schaden vom Amt abzuwenden. Vielmehr steht aber zu befürchten, dass sich Nancy Faeser des Ausmaßes dieses Skandals gar nicht bewusst ist, da diese ganz neue „Demokratieverständnis“ hierzulande längst zum elementaren Bestandteil einer als normal empfunden politischen Leitkultur geworden ist.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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