Bonn (ots)
Wenn sich am 24. Juli die EU-Spitzen mit der chinesischen Regierung in Peking treffen, richtet sich ein Großteil der medialen Aufmerksamkeit auf die zunehmenden Spannungen im Handel und in der Geopolitik. Eines droht erneut ausgeklammert zu werden: die systematischen Menschenrechtsverletzungen in China. In China werden weiterhin grundlegende Rechte missachtet – insbesondere die von Arbeitnehmer*innen und ethnischen Minderheiten.
„Wer Handelsbeziehungen mit China führt, darf nicht wegsehen, wenn Menschen unter Zwang arbeiten, Gewerkschaften verboten sind und Arbeitszeiten ausufern. Die EU muss bei diesem Gipfel klare menschenrechtliche Erwartungen formulieren – nicht als Randnotiz, sondern als zentrale Bedingung für wirtschaftliche Zusammenarbeit“, fordert Dr. Sabine Ferenschild vom Bonner SÜDWIND-Institut.
Die menschenrechtliche Lage in China ist seit Jahren besorgniserregend:
- Zwangsarbeit in der Uigurischen Autonomen Region ist weiterhin dokumentiert,
- Gewerkschaftsfreiheit existiert faktisch nicht,
- Arbeitsrechte werden in vielen Sektoren systematisch untergraben.
Diese Missstände wirken bis in europäische Lieferketten hinein: In vielen Produkten, die täglich in Europa gekauft und genutzt werden, stecken genau jene Risiken. Trotz dieser Faktenlage ist nicht zu erwarten, dass die EU-Führung beim Gipfel das Thema aktiv anspricht.
„Menschenrechte sind kein diplomatischer Luxus – sie müssen das Fundament jeder internationalen Beziehung sein. Wer sich auf faire Handelsregeln beruft, muss zuerst die Menschen achten, die in den Produktionsprozessen arbeiten“, so SÜDWIND-Expertin Sabine Ferenschild.
Presseinfo: Menschenrechtliche Risiken in der Solarindustrie
Hintergrund
Solarmodule sind ein Schlüssel zur Energiewende, bergen jedoch erhebliche menschenrechtliche Risiken – vor allem beim Rohstoffabbau und der Polysiliziumproduktion in der chinesischen Region Xinjiang. Berichte der Vereinten Nationen dokumentieren Zwangsarbeit von Uigur*innen und anderen Minderheiten. Über 80 Prozent der weltweit genutzten Solarmodule kommen aus China und rund 40 Prozent des globalen Polysiliziums stammen aus Xinjiang.
Lieferkettenproblematik
Viele Solarfirmen sind indirekt über Zwischenhändler involviert und haben kaum Kontrolle über vorgelagerte Produktionsstufen, in denen die gravierendsten Menschenrechtsverletzungen stattfinden.
EU-Gesetzesinitiativen
Die geplante EU-Zwangsarbeitsverordnung zielt unter anderem auf die Solarbranche: Betroffen sein könnte der Import von Solarmodulen und Komponenten, die unter Einsatz von Zwangsarbeit hergestellt wurden – etwa Polysilizium aus der Region Xinjiang. Ergänzend würde das geplante EU-Lieferkettengesetz Unternehmen verpflichten, ihre gesamte Lieferkette – vom Rohstoffabbau bis zur Endfertigung – systematisch auf Menschenrechtsverletzungen, Umweltverstöße und unfaire Arbeitsbedingungen zu prüfen. Gerade in der stark globalisierten Solarindustrie mit komplexen, oft intransparenter Lieferstruktur wäre dies ein zentraler Schritt zu mehr Transparenz und Verantwortung.
Abschwächung des Lieferkettengesetzes
Das Lieferkettengesetz soll jedoch stark abgeschwächt werden: Viele deutsche Solarunternehmen fallen dann wegen hoher Umsatzschwellen aus der Verantwortung. Dadurch bleiben schwerwiegende Risiken weiterhin meist unkontrolliert.
Ausblick
Das EU-Parlament verhandelt die Gesetzesvorhaben im Herbst 2025, mit geplanter Abstimmung im Oktober 2025.
Pressekontakt:
Dr. Sabine Ferenschild
Wissenschaftliche Mitarbeiterin
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