Von Kai Rebmann
Die EU-Kommission hat einem Netzwerk von angeblich investigativen Journalisten und Medien eine sogenannte „Finanzhilfe“ in Höhe von genau 604.269 Euro zukommen lassen. Bei dem Empfänger handelt es sich um das „Projekt zur Berichterstattung über organisierte Kriminalität und Korruption“, kurz OCCRP. Das geht aus der Antwort auf eine entsprechende Anfrage des EU-Abgeordneten Petr Bystron (AfD) hervor, die reitschuster.de vorliegt.
Mehr noch: Das Geld floss unmittelbar nach der EU-Wahl 2024 als Einmalzahlung auf das Konto des Netzwerks. Bystron rechnet in seiner Anfrage weiter vor, dass das OCCRP im Zeitraum von 2014 bis einschließlich 2023 allein aus dem Säckel der EU-Kommission rund 1,1 Millionen US-Dollar erhalten habe. Die Förderung werde jedoch nicht zur Bekämpfung von Korruption eingesetzt, so der AfD-Politiker, sondern in erster Linie, „um demokratische Grundsätze zu untergraben und kritische Ansichten zu verschiedenen Sachverhalten wie dem Krieg in der Ukraine, der US-Außenpolitik oder den Maßnahmen der Kommission zu diskreditieren.“
Netzwerk fungiert als Handlanger staatlicher Interessen
Offiziell will die EU-Kommission mit der Finanzierung des Projekts einen Beitrag „zur Stärkung des journalistischen Sektors“ leisten und insbesondere den „investigativen Journalismus stärken“. Tatsächlich ist aber das genaue Gegenteil der Fall. In der Vergangenheit waren es nicht zuletzt OCCRP-Medien, die mit ihrer Berichterstattung massiven Einfluss auf Wahlen genommen haben. Wohl nicht ganz zufällig haben diese Kampagnen gerade kritische Medien und nicht linientreue Politiker besonders schwer getroffen.
Beispiel „Ibiza-Affäre“: Am 17. Mai 2019, also nur wenige Wochen vor der EU-Wahl, lancierten allen voran die „Süddeutsche Zeitung“ und der „Spiegel“, zwei Mitglieder des umstrittenen OCCRP-Netzwerks, einen konstruierten Skandal um den FPÖ-Politiker Heinz-Christian Strache. Die Freiheitlichen waren damals noch an der Regierung in Wien beteiligt und erlebten in den Umfragen einen selten gekannten Höhenflug – der dann abrupt endete und sich bis zur Wahl ins Gegenteil verkehrte. Beim Blick auf insbesondere den Zeitpunkt dieser Kampagne dürfte es schwer fallen bis unmöglich sein, nur an bloßen Zufall zu glauben.
Beispiel Agenten-Affäre um „Voice of Europe“: In einem weiteren Fall wurden nicht nur Politiker, sondern auch „prorussische“ Medien – so die offizielle Lesart – zu Zielen von staatlich finanzierten OCCRP-Kampagnen. Das noch vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs von Kiewer Oppositionspolitikern gegründete und später insbesondere von Tschechien aus betriebene Portal „Voice of Europe“ deckte unter anderem mehrere Korruptionsskandale in ihrer Heimat auf und ließ die Regierung um Präsident Wolodymyr Selenskyj wiederholt in einem unguten bis dubiosen Licht erscheinen.
Kurzum: „Voice of Europe“ tat genau das, wofür das OCCRP-Netzwerk von der EU-Kommission mit Steuergeldern zugeschüttet wird – es berichtete investigativ und deckte Korruption und kriminelle Machenschaften auf. Nur geschah dies offenbar im „falschen“ Land, so dass gleich mehrere gezielte Kampagnen zur Diffamierung der vermeintlichen Maulwürfe angezettelt wurden.
Ins Visier gerieten dabei vor allem Politiker, die schon seit Jahren für eine mehr oder weniger große Nähe zu Russland bekannt sind und auch Verbindung zu „Voice of Europe“ hatten, indem sie dem Portal etwa für Interviews zur Verfügung standen. Aus deutscher Sicht gehörten hierzu insbesondere die AfD-Politiker Maximilian Krah und der in Tschechien geborene Petr Bystron, die von OCCPR-Medien wie der „Süddeutschen“, „Zeit“ oder dem „Spiegel“ immer wieder als „Agenten Moskaus“ oder Ähnliches bezeichnet und damit in Verruf gebracht wurden und werden.
Bystron weist gegenüber der „Berliner Zeitung“ deshalb auf nur schwer zu übersehende Zusammenhänge hin: „OCCRP-Medien wie der Spiegel haben direkt nach der EU-Wahl von der EU über 600.000 Euro erhalten. Genau diese Medien haben durch massive Kampagnen die letzten EU-Wahlen manipuliert.“ Drängende Fragen insbesondere zu Höhe und Zeitpunkt dieser Überweisung ließ die EU-Kommission in ihrer Antwort auf die Anfrage von Bystron leider offen.
USA entziehen OCCRP finanzielle Grundlage
Dabei scheint die in Europa an das Netzwerk fließende Steuergeld nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein zu sein – zumindest galt das für die Vergangenheit. Größter und wichtigster Geldgeber war bisher die US-Regierung, namentlich die von Donald Trump unmittelbar nach Antritt seiner zweiten Amtszeit aufgelöste USAID (United States Agency for International Development), also die US-Behörde für Internationale Entwicklung.
Auf deren Fahnen standen vordergründig ausschließlich positiv konnotierte Etiketten wie etwa die Katastrophenhilfe oder die Förderung von Wirtschaftswachstum, Landwirtschaft und Handel in Entwicklungsländern. Aber auch – in diesen Zeiten – fast schon verräterische Ziele wie die „Stärkung von Demokratie und Zivilgesellschaft“ gehörten zur formalen Daseinsberechtigung der USAID.
Im Hintergrund, so warfen es Kritiker insbesondere der Biden-Regierung immer wieder vor, sollen mit Steuergeld aus den USA, ausgeschüttet über die Kanäle der USAID an das OCCRP-Netzwerk, aber auch Wahlen in strategisch wichtigen Ländern und Regionen beeinflusst worden sein. Bis zum Stopp der finanziellen Förderung durch Donald Trump sollen einem Bericht des französischen Portals „Mediapart“ zufolge über mehrere Jahre hinweg 50 Millionen US-Dollar aus den USA an OCCRP-Medien überwiesen worden sein.
Geld aus Brüssel wird weiter fließen
Und die Reaktion der EU? Wird die Förderung des umstrittenen Netzwerks nach dem Ausstieg der USA künftig weiter ausgebaut? Oder ebenfalls eingestellt und, wenn ja, ab welchem Zeitpunkt? Auch das wollte Petr Bystron von der Kommission in Brüssel wissen. Die Antwort ist auch hier nichts- und damit zugleich so vielsagend:
„Rechtverbindliche vertragliche Vereinbarungen, die zwischen der Kommission und den Finanzhilfeempfängern [das OCCRP] unterzeichnet werden, können nur gemäß den in der Finanzhilfevereinbarung festgelegten Bedingungen und im Einklang mit den Bestimmungen der Haushaltsordnung gekündigt werden. Daher kann die Einstellung der Finanzierung der United States Agency for International Development (USAID) nicht zur Kündigung der EU-Finanzhilfe führen.“
Das mag so sein, doch letztlich windet sich die EU-Kommission damit um die Beantwortung der weitaus interessanteren Frage, wie Brüssel zu dem von Bystron in seinem Schreiben formulierten Vorwurf steht, wonach es sich beim OCCRP um eine „aus dem Ausland finanzierte, politisch voreingenommene Organisation“ handele, „die die demokratische Debatte unter dem Vorwand der Korruptionsbekämpfung“ untergrabe. Stattdessen wird das Netzwerk als ein Projekt geadelt, das „professionellen journalistischen Standards“ entspreche und für die „Gewährleistung von Genauigkeit, Objektivität, Unabhängigkeit und professioneller Berichterstattung“ stehe.
Aber: Wie objektiv, unabhängig und professionell können Journalisten und Medien arbeiten, die – und nach dem Ausstieg der USA gilt das umso mehr – ganz offensichtlich auf staatliche Finanzhilfe angewiesen sind und damit auf Gedeih und Verderb am Tropf der EU-Kommission hängen?
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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