Ein Gastbeitrag von Klaus Kelle
„Klaus, es ist nur Fußball“, schreibt mir einer meiner absolut besten Freunde gestern Abend auf WhatsApp, nachdem ich ihn – wie alle anderen Freunde auch – den ganzen Abend über zugespamt habe mit Videos vom historischen Sieg meines kleinen Drittligisten gegen den amtierenden Deutschen Meister und Pokalsieger Bayer Leverkusen, Champions League-Teilnehmer sind die auch.
Und klar, es ist nur Fußball, wenn man einen Pokalerfolg ins Verhältnis setzt zur – sagen wir – Geburt eines Kindes. Es soll ja Väter geben, die zu spät im Kreißsaal erschienen, weil sie noch ein Spiel bis zum Schluss gucken wollen.
Zu dieser Kategorie gehöre ich definitiv nicht.
Als sich unsere erste Tochter im St. Josef-Krankenhaus in Augsburg ankündigte, sagte uns die Hebamme, ich könne ruhig noch nach Hause fahren, denn „heute Nacht passiert nix“. Und so saß ich zu später Stunde von dem damals klotzigen PC-Kasten in meinem Büro und spielte „Anstoß Gold“. Auf dem Bildschirm führte meine Arminia gegen den 1. FC Kaiserslautern 2:1, als das Handy klingelte. Es war schon zweite Halbzeit, aber ehrlich – ich ging ohne zu zögern dran, ließ Fußball Fußball sein, rannte durchs Treppenhaus, sprang ins Auto und raste durch die Nacht zur Klinik. Ein echtes Wunder ist dann doch etwas anderes als ein Fußball-Wunder.
Aber ganz ehrlich: Fußball ist für die meisten Männer eben nicht „nur Fußball“.
Es ist Teil der männlichen Identität, es ist für manche so eine Art Kriegsersatz nach Jahrzehnten ohne Krieg – wir alle hoffen und beten, dass es so bleibt.
Der schottische Fußballer Bill Shankley, in den 70er Jahren Trainer des großen FC Liverpool, hat den absolut treffenden Satz gesagt: „Es gibt Leute, die denken, Fußball sei eine Frage von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich kann Ihnen versichern, dass es noch sehr viel ernster ist.“
Da steckt viel Weisheit drin, auch wenn Fußball-Verächter das nicht verstehen wollen oder können.
Zehntausende Männer in den gleichfarbenen Trikots hüpfen, brüllen ihre Lieder, schmähen den Gegner, wünschen dem Schiri nach einer Fehlentscheidung bisweilen den Tod, recken Tausende Fäuste in den Himmel, benehmen sich wie Kinder. Und danach fahren sie brav nach Hause, sind wieder liebevolle Ehemänner und Väter, gehen zur Arbeit oder – wie ich – sonntags in die Kirche. Aber wir, ich, brauchen das ab und zu.
Mann sein, das ist den links-woken Ideologen verhasst. Und deshalb wollen sie die Stadien, als letztes Refugium, wo Männer noch Männer sind, schleifen.
Kein Alkohol soll mehr ausgeschenkt werden, Spieler müssen nach Abpfiff mit einem Transparent über den Platz laufen, um sich vom „Rassismus“ zu distanzieren und wir müssen Frauenfußball ganz toll finden, obwohl, wie mein Kölner Freund „Kricke“ beim Arminia-Stammtisch im „Low Budget“ mit etwa zwei Promille intus und ernster Miene einst zu mir sagte: „Klaus, das ist ein ganz anderer Sport….“ Ja, finde ich auch. Es ist ein Sport, Frauen spielen klasse, elegant, athletisch top – aber es ist ein anderer Sport als das, was ich unter Fußball verstehe.
Ich habe mal geweint bei einem Flutlichtspiel auf der heimischen „Alm“, wie unser Stadion inoffiziell heißt. 36.000 Zuschauer damals auf den alten Holztribünen, 1:3 lagen wir gegen das große Borussia Dortmund 12 Minuten vor Schluss zurück. Und dann machten meine Jungs noch drei Buden und gewannen das Spiel.
Mehr Hysterie ist nicht möglich, mehr schreien, umarmen wildfremder Menschen geht nicht. Ich habe geweint wie ein Kind damals. Wenn mir eines Tages auf dem Totenbett, kurz vor dem Hinübergleiten in die andere Welt, eines meiner Kinder vorsichtig auf die Schulter tippt, und sagt „Papa, wie war das damals?“, dann werde ich die Augen öffnen und von diesen 12 Minuten erzählen, so als hätte ich sie gerade erlebt.
Ich habe vorgestern beim fulminanten und absolut verdienten 2:1-Sieg gegen die Übermannschaft aus Leverkusen nicht geweint, aber ich war ganz nah dran. In 52 Jahren Arminia-Fan der größte Erfolg.
„Eines Tages, da spielt der Deutsche Sportclub im Finale, Finale von Berlin. Generationen sind zuvor gestorben, ohne dieses Spiel zu seh’n…“ haben wir gesungen am Dienstabend, immer wieder. Und weiter: „Und wenn wir irgendwann dann einmal sterben, dann singen unsere Kinder dieses Lied, von Tausenden Aminen in der Hauptstadt und träumen von diesem großen Sieg…“
Mit Kindern und Freunden brauche ich mindestens 13 Karten fürs Finale. keine Ahnung, wie wir die kriegen. Aber – frei nach Gerhard Schröder – wir müssen da rein…
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für viel gelesene Zeitungen und Internet-Blogs. Dieser Beitrag ist zuerst auf seinem Portal kelle-aktuell.de erschienen.
Bild: FooTToo / Shutterstock.com
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