Jean-Marie Le Pen war der Poltergeist der französischenPolitik. Jahrzehntelang beeinflusste der Rechtsextreme mit scharfen Provokationen die Debatte, polemisierte gegen Einwanderer und rüpelte gegen politische Gegner. Die Liste seiner Vorstrafen reicht von der Anstachelung zum Rassenhass bis zur Verharmlosung von Nazi-Verbrechen. In fast 40 Jahren an der Spitze der Partei Front National, die sich inzwischen Rassemblement National nennt, machte er die einstige Splittergruppe zu einer ernstzunehmenden politischen Kraft. Jetzt ist er im Alter von 96 Jahren gestorben.
«Teufel der Republik»
Der Politiker galt als «Teufel der Republik», als talentierter und deshalb gefährlicher Agitator. In den letzten Jahren seines Lebens verlor er politisch aber zunehmend an Bedeutung, nachdem seine Tochter Marine Le Pen mit ihm gebrochen hatte. Seine wiederholten Ausfälle passten nicht in ihre Strategie, den Rechtspopulisten einen gemäßigteren Auftritt zu verpassen, um neue Wählergruppen anzusprechen.
Jean-Marie Le Pen kam 1928 als Sohn eines bretonischen Fischers und einer Näherin zur Welt. Nach Jura- und Politik-Studium kämpfte er für die Fremdenlegion im Indochinakrieg. Mehrfach wurde ihm Folter von Gefangenen im Algerienkrieg vorgeworfen, er selbst wies dies zurück. Eine Verleumdungsklage gegen die Zeitung «Le Monde» verlor er allerdings im Jahr 2003.
Lange Rechtsaußen-Karriere
Früh zog es Le Pen in die Politik – dabei stand er von Anfang an rechtsaußen. 1956 zog er erstmals als Abgeordneter in die Nationalversammlung ein. Die Front National gründete er 1972 mit und führte sie jahrzehntelang mit straffer Hand gegen das «Establishment» in Paris. Jahrzehnte vor Donald Trumps «America first» warb er mit dem Slogan «Die Franzosen zuerst».
Auf Plakate ließ er drucken: «Eine Million Arbeitslose heißt eine Million Einwanderer zu viel». 1996 verkündete er, er glaube an die «Ungleichheit der Rassen». Zu seinen bekanntesten Ausfällen gehört, dass er die Gaskammern in den Todeslagern der Nazis wiederholt als «Detail» der Geschichte des Zweiten Weltkriegs verharmloste. Dafür wurde er mehrfach verurteilt.
Schockerfolg bei der Präsidentschaftswahl 2002
Sein größter Coup gelang dem Vollblutpolitiker, als er bei der Präsidentenwahl 2002 auf Platz zwei landete und in der Stichwahl gegen Jacques Chirac antrat. Frankreich spricht bis heute vom «Schock des 21. April». Le Pen – Spitzname: der Hinkelstein – profitierte damals von der Zerstrittenheit der Linken. Im zweiten Wahlgang machten dann selbst eingefleischte Gegner Chiracs zähneknirschend ihr Kreuz bei dem Konservativen.
Auf seine derben Sprüche wollte Le Pen auch nach der Übernahme des FN-Vorsitzes durch seine Tochter Marine Le Pen 2011 nicht verzichten. Dass die Partei ihn schließlich 2015 wegen der Gaskammern-Aussage ausschloss und dann auch noch seinen Posten als Ehrenvorsitzender strich, verwand er nicht: Immer wieder stichelte er öffentlich gegen seine Nachfolgerin. Die Umbenennung der FN in Rassemblement National bezeichnete er als «schändliche Auslöschung» der Identität der FN.
Trotzdem näherten er und Marine Le Pen sich zumindest persönlich wieder an – sie besuchte ihn während eines Krankenhausaufenthaltes und auch zu seinem 90. Geburtstag. «Trotz unserer politischen Meinungsverschiedenheiten bleibt sie meine Tochter», sagte ein ungewöhnlich versöhnlicher Jean-Marie Le Pen damals dem Magazin «Paris Match».
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