Ein Gastbeitrag von Iris Zukowski
Ab 1. August werden für die Computerspiel-Branche nach einem zweijährigen Stillstand wieder Fördergelder in Millionenhöhe bereitgestellt. Unternehmen können beim Bundesministerium für Forschung und Technologie entsprechende Anträge stellen und auch Projekte staatlich finanzieren lassen, deren Fertigstellung mehr als ein Jahr in Anspruch nimmt. Bundesforschungsministerin Dorothee Bär (CSU) will mit der Millionen-Förderung ein „starkes Signal“ senden. Games seien demnach eine bedeutende Wachstums- und Innovationsbranche für Deutschland. Die maximale Fördersumme pro Projekt wird vervierfacht und beträgt bis zu 8 Millionen Euro. 2024 sah der Haushaltsentwurf 48,7 Millionen Euro für die Games-Förderung vor. 2025 sollen 88 Millionen Euro bereitgestellt werden und 2026 sollen es 125 Millionen sein. Die Zuschüsse im Rahmen der Bundes-Games-Förderung für rund 570 Projekte reichen von 16.000 Euro bis zu 5,7 Millionen Euro. Ab Herbst 2025 sollen die Mittel verfügbar sein – vorausgesetzt das Parlament stimmt dem Entwurf zu. Bär zeigt sich optimistisch, dass der staatliche Förderetat verabschiedet werde und wünscht sich, „neue erfolgreiche Games made in Germany”.
Spielpräferenzen in Deutschland
Statistiken zufolge unterhält sich rund die Hälfte der Deutschen zeitweilig mit Video- oder Computerspielen. Etwa 71 Prozent der Gamer konsumieren einfache Spiele auf dem Smartphone für zwischendurch. Etwa 74 Prozent unterhalten sich mit Strategie-, Management- und Aufbauspielen. Rund 61 Prozent begeistern sich für rasante und kampfbetonte Spiele. Kinder und Jugendlichen zwischen 10 und 18 Jahren spielen zu 85 Prozent Computerspiele. Bei Kindern (6–12 Jahre) sind Kreativspiele (z. B. Minecraft), Sportspiele (z. B. FIFA) und Actionspiele mit Comicstil (z. B. Fortnite) beliebt. Viele Kinder spielen aber auch Games, die erst ab 18 Jahren freigegeben sind, wie GTA oder Call of Duty. Jugendliche (13–19 Jahre) wählen Shooter, Open-World oder Multiplayer-Online-Games. Sie spielen meist täglich oder mehrfach wöchentlich und circa 1,5 Stunden pro Tag. Erwachsene (20–49 Jahre) bevorzugen Strategie- und Rollenspiele, Simulationen und Casual Games. Best Agers (ab 50 Jahren) und Senioren mögen eher Denkspiele, Puzzle- und Kartenspiele oder Mobile Games.
Spiele mit Kampfmechaniken
Viele der durch die Bundesregierung geförderten Spiele enthalten Kampfmechaniken, deren Spektrum von strategischer Kriegsführung bis zu actionreichen Gefechten reicht. Das Spiel „Anno 117: Pax Romana“ ist das zur Zeit von der Bundesregierung am höchsten geförderte Projekte. Es bietet Kampfhandlungen, Land- und Seeschlachten, Rückkehr der Bodentruppen, ähnlich dem Spiel „Total War2“. Man kann sich für Wirtschaftswachstum entscheiden oder für Unterdrückung durch Dominanz: „Zettelt man eine Rebellion an oder versucht man die Integration der zahlreichen Kulturen? – Wählen Sie weise, denn Ihre Entscheidungen werden Sie durch die Ära der Pax Romana führen.“ Auch „Titan Quest 2“ verbindet Action-Rollenspiel mit Echtzeitkämpfen und wird mit 2.6 Mio. Euro gefördert. Das Game „Neo Berlin“ erhält 1.42 Mio. Euro Fördermittel von der Bundesregierung und bietet Shooter Nah- und Fernkampf, Zeitlupen-Action und Cyperpunk-Setting.
Zunahme von ‘Gaming Disorder‘ und Mediensucht
In Deutschland ist Spielsucht die vierthäufigste psychische Erkrankung bei Jugendlichen. Vor Corona (2019) waren etwa 2,7 Prozent computerspielsüchtig, während Corona (2021) bereits 4,1 Prozent und nach Corona (2023) sind es 6,3 Prozent.
Das entspricht einer Steigerung um über 130 Prozent – mit langfristigen Folgen für Bildung, soziale Entwicklung und psychische Gesundheit.
Seit 2019 wird „Gaming Disorder“ offiziell als Krankheit von der WHO anerkannt. Sie warnt vor Folgen wie Schlafmangel, Depressionen und sozialem Rückzug. Weitere Begleiterscheinungen der Spielsucht sind Konflikte im Elternhaus, Schulangst und Konzentrationsprobleme. 12 Prozent aller Jugendlichen in Europa zeigen ein problematisches Spielverhalten, 22 Prozent spielen mehr als 4 Stunden täglich. Jugendliche, Bildschirme und psychische Gesundheit – laut DAK-Studie (2023) zeigen in Deutschland 11,8 Prozent der Jugendlichen ein riskantes Spielverhalten. Bei vielen dient Gamen zur Stressbewältigung oder zur Flucht vor Problemen. Nach Studienergebnissen des US-Psychologen Philipp Zimbardo (Stanford Prison Experiment) führen exzessives Gaming und Pornokonsum zu einer „Erregungssucht“: Die Betroffenen brauchen ständig neue Reize, um sich stimuliert zu fühlen. Die Kombination von Gaming und Pornokonsum ist zu einer weit verbreiteten Sucht unter jungen Männern geworden. Die Studie ergab, dass sich einhergehend auch die Hirnfunktionen verändern. Nach Zimbardo handelt es sich um ein ernstes Problem inmitten unserer Gesellschaft.
Musks neues Produkt AI-Girlfriend Ani
Elon Musk kann ohne Fördergelder transhumanistische Technologien und KI-Tools von den besten Spezialisten der Welt entwickeln lassen und auf den Markt bringen. Sein neuestes KI-Produkt „Ani“ wird im Internet lebhaft diskutiert und kritisiert. „Ani“ ist eine weibliche KI-Kunstfigur mit Zöpfen, Korsett und Netzstrümpfen. Die Anime-Figur verwickelt den Nutzer schnell und gezielt in sexuell explizite Dialoge und stellt anzügliche Fragen oder fordert ihn dazu auf.
Junge Männer, die mit Games und Pornografie aufgewachsen sind, können mit Ani ihre sexuellen Ideen – ohne Scham, Hemmungen oder Angst vor Abweisung oder Versagen – kommunizieren. Die intensive Nutzung solcher KI-Programme führt – wie Pornografie – nicht nur zu einer verzerrten Vorstellung von Sexualität und Beziehungen, sondern auch zum Rückzug aus gesellschaftlichen und sozialen Strukturen. Nach Zimbardo mündet diese Entwicklung in einer „Krise der Männlichkeit“. Viele junge Männer lernen durch ihre Medien-Entertainment-Präferenzen nicht mehr, mit echten sozialen und emotionalen Herausforderungen umzugehen. KI-Gefährten eröffnen eine neue Ebene der Desozialisation und sozialen Isolation. Die intelligenten, manipulativen KI-Programme geben dem Gehirn des Nutzers sofort die Stimulation, die er sich gerade wünscht. Dass alles nur eine Stimulation der eigenen Fantasie ist, gerät in Vergessenheit, da die Erregung oder Glücksgefühle, die er erlebt, echt sind. Kaum ein (junger) Nutzer stellt sich die Frage inmitten der Verlockung und Verzückung, die von diesen Angeboten ausgeht, ob es erstrebenswert und weiterführend ist, in einer Fantasiewelt zu leben, die ein KI-Programm in seinem Gehirn gestaltet.
KI für Kinder geplant
Musks Unternehmen Grok plant auch eine KI speziell für Kinder und bewirbt „Baby Grok“ mit kinderfreundlichen Inhalten, was von den negativen Effekten der Nutzung von Chatbots auf die psychosoziale Entwicklung von Kindern geschickt ablenkt. Ähnlich dem „römischen Salute“ bei der Wahl Donald Trumps, wurde Musks Erwachsenen-Chatbot „Grok“ wegen antisemitischer Aussagen kritisiert. Er ließ das Programm nach eigenen Angaben überarbeiten. Auch die Standards auf seiner Plattform X wurden offenbar überarbeitet und christliche Accounts mithin gesperrt.
KI zur Isolation des Menschen?
Die Nutzung von KI-Begleitern wie „Ani“, die gezielt Emotionen und Fantasien beim Nutzer wecken, geht weit über ein technisches Entertainment hinaus. Welche Weichen für die menschliche Zukunft werden damit gestellt?
Letztlich wird es wieder an die Eltern gestellt sein, die Mediennutzung und den KI-Chatbot ihrer Kinder zu kontrollieren – doch ist das überhaupt noch möglich hinsichtlich der starken (KI-)Reize, die verfügbar werden und sich rasant unter Heranwachsenden verbreiten? Es existieren kaum globale Regeln zur ethischen Programmierung von KI oder Games.
Hinsichtlich solcher Gefahren wäre ein Kurswechsel – auch in der Förderung der Games-Branche sinnvoll. Um ein „Signal zu senden“, könnten jene Projekte staatliche Förderung erhalten, die auf positive Werte, auf Friedfertigkeit, Diplomatie und Nächstenliebe programmiert werden.
Für viele Eltern wäre es eine Erlösung, wenn sie den Tech-Hunger der Jüngsten mit spannenden Games stillen könnten, in denen Kinder diese (menschlichen) Fähigkeiten anzuwenden lernen, um Konflikte zu lösen und ihre Mitmenschen zu verstehen, statt Feinde zu bekämpfen oder über andere zu siegen. Es wäre eine Marktlücke, in der sich deutsche Games platzieren könnten. Technologie als Mitgestalter einer besseren Zukunft ist keine Science-Fiction, sondern eine Möglichkeit. Als Wegbereiter in eine soziale Dystopie ist sie bereits im Einsatz.
Im gegenwärtigen gesellschaftlichen (Un-)Bewusstseinszustand würden sich aber vermutlich viele über das Bestreben, positive Werte via KI und Games und Medienunterhaltung zu implementieren, empören. Gewalt und Sex wird heute als normale Medienunterhaltung begrüßt und verteidigt. Den Fokus auf die Entwicklung positiver Inspirationen zu legen, wäre für diese Menschen ein Angriff auf die „moderne Freiheit“.
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Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Iris Zukowski – Diplom-Psychologin, Hypnotherapeutin und Sachbuchautorin: „Jugendgewalt und Medien-Effekt“, Ruhland Verlag 2023, „Was uns heute unterhält, kann uns morgen töten.“ Ruhland Verlag 2017. Sie war einige Jahre Dozentin für Neuromarketing und ist seit 2018 SOS-Initiatorin zur Aufklärung über die weitreichenden Effekte von frei verfügbarer Pornografie.
Bild: Shutterstock.com
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