• 7. Juni 2025

Einschulungsuntersuchung in Sachsen: Ein Drittel der Kinder kann nicht richtig sprechen, ein Viertel ist in der Motorik gestört

ByMichael Klein

Mai 31, 2025

Seit 2014 findet in Sachsen eine verpflichtende Einschulungsuntersuchung statt, die jeweils im Jahr vor der eigentlichen Einschulung erfolgt, um noch rechtzeitig Fehlentwicklungen gegensteuern zu können. Ob und in welchem Ausmaß das gelingt, ist derzeit noch eine offene Frage.

Im Rahmen der Einschulungsuntersuchungen werden eine Reihe von Fähigkeiten der dann in der Regel 5jährigen Kinder getestet, wobei  Sprechen, Motorik und Körperkoordination in Sachsen besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Seit 2014 fragen Abgeordnete der LINKE die Ergebnisse dieser Einschulungsuntersuchungen in Kleinen Anfragen im Landtag ab und unser Leser Fidel Karsto hat die entsprechenden Anfragen und Daten besorgt, auf deren Grundlage wir uns einen ersten Überblick über die Situation in Sachsen verschafft haben, den wir in diesem Beitrag wiedergeben.

Der Beitrag folgt einem vorherigen Beitrag, in dem wir die ersten Ergebnisse der seit 2025 in Bayern obligatorischen Sprachstandserhebung berichtet haben. Ergebnisse, die gezeigt haben, dass rund ein Drittel der Bayerischen Einzuschulenden ein Jahr vor Einschulung nicht grundschulfähig ist. Die Daten aus Sachsen sind umfangreicher als die Daten in Bayern, wenngleich die Sprachtests im Anspruch hinter den bayerischen Tests zurückbleiben.

Indes vermitteln die sächsischen Einschulungsuntersuchungen, aufgrund ihrer breiten Anlage einen umfassenderen Blick auf die Grundschulfähigkeit sächsischer Schüler, einen erschreckenden Blick, den man wie folgt zusammenfassen kann:

  • Die Sprachfähigkeit und das Sprachverständnis von 34,7% der einzuschulenden Kinder reicht nicht aus, um eine Grundschule zu besuchen.
  • Die Visuomotorik von 22,5% der einzuschuldenden sächsischen Kinder ist unterentwickelt.
  • Bei 20% der einzuschulenden sächsischen Kinder ist zudem die Körperkoordination unterentwickelt.

Was das bedeutet, dazu kommen wir noch im Einzelnen.


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Einzuschulende Kinder, das sind Kinder, die ein Jahr vor dem Einschulungstermin auf ihre Schulfähigkeit getestet wurden. Die Kinder sind zu diesem Zeitpunkt in der Regel 5 Jahre alt.
Getestet werden die Kinder z.B. auf die folgenden Fähigkeiten:

  • Grobmotorik, z.B. die Fähigkeit, auf einer Linie zu laufen oder einen Ball zu werfen / zu fangen.
  • Feinmotorik, z.B. die Fähigkeit, einen Stift zu halten bzw. eine Figur auszumalen.
  • Koordination von Auge und Hand (siehe Vorlage A);
  • Visuelle Wahrnehmung (siehe Vorlage B);
  • Auditive Wahrnehmung, z.B. die Fähigkeit, Geräusche richtig zu benennen oder eine gehörte Geschichte in Reihenfolge der Ereignisse wiedergeben zu können;
  • kinästethische Wahrnehmung, z.B. mit dem Finger bei geschlossenen Augen die Nase treffen;
  • Sprachliche Kompetenz, z.B. Reimwörter finden, Spielanweisungen verstehen, eine Geschichte nacherzählen;

Die Anforderungen, die im Rahmen einer Einschulungsuntersuchung gestellt werden, sind nicht sonderlich hoch, umfassen darüber hinaus Fähigkeiten wie sich selbst an- und ausziehen zu können bzw. die Toilette selbständig aufsuchen zu können, mithin Fähigkeiten, die für Fünfjährige normal sein sollten – es aber offenkundig nicht sind.

Die folgende Abbildung zeigt die Entwicklung der Sprachfähigkeit, der visumotorischen Fähigkeiten sowie der Körperkoordination der Einzuschuldenden des jeweiligen Jahrgangs für Sachsen für den Zeitraum von 2014 bis 2023.

Was sofort ins Auge fällt, ist die Tatsache, dass sich im Zeitverlauf kaum etwas ändert. Seit 2014/2015 hat sich der Anteil der einzuschulenden Schüler, die Mindestanforderungen in den drei Testbereichen nicht erfüllen, kaum verändert. Tendenziell steigt der Anteil der Schüler, deren Sprach- und visuomotorische Entwicklung hinter den Anforderungen zurückbleibt, im Zeitverlauf leicht an (pro Jahr um 0,2%), während der Anteil der Schüler, deren Körpermotorik nicht adäquat entwickelt ist, leicht fällt, pro Jahr um 0,26% zurückgeht. Indes, diese Veränderungen sind nur marginal und ändern wenig daran, dass in Sachsen und bezogen auf den Durchschnitt der Schuljahre 2014/15 bis 2023/24:

  • 34,7% der Schüler im Alter von 5 Jahren nicht die Sprachfähigkeit entwickelt haben, die ihrem Alter entspricht;
  • 22,5% der Schüler im Alter von 5 Jahren in ihrer visuomotorischen Entwicklung hinter dem, was in ihrem Alter normal ist, zurückbleiben;
  • 19,9% der Schüler im Alter von 5 Jahren über keine altersangemessene Körperkoordination verfügen.

Die meisten dieser Kinder befinden sich seit Jahren in institutioneller Betreuung in einer Kindertagesstätte, so dass man sich fragen muss, was in diesen Einrichtungen eigentlich getan wird.

Zudem sind die innersächsischen Unterschiede erheblich, wie eine Auswertung nach Landkreisen und kreisfreien Städten ergibt:

  • Der Anteil der Schüler, deren Sprachfähigkeit unterentwickelt ist, reicht von 28,7% im Leipziger Land bis zu 40% in Chemnitz/Land;
  • Der Anteil der Schüler, deren visuomotorische Entwicklung zurückgeblieben ist, reicht von 18,4% im Leipziger Land bis zu 29,5% in Zwickau.
  • Der Anteil der Schüler, die keine altersangemessene Körperkoordination aufweisen, reicht von 13,4% in Leipzig/Stadt bis 27,9% in Dresden/Stadt.

Das sind erhebliche regionale Divergenzen auf mehr oder minder engem Raum, bei denen man sich fragt, welche Ursache sie haben. Eine Frage, zu deren Beantwortung weitere Daten notwendig sind, die wir uns derzeit bemühen, zu beschaffen.

Einstweilen kann als Fazit gezogen werden, das rund ein Drittel der sächsischen Schüler im Alter von 5 Jahren nicht den Entwicklungsstand aufweist, der ihrem Alter angemessen und notwendig ist, um eine Grundschule zu besuchen.


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Author: Michael Klein
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