• 26. Januar 2025

Ein Zaun und ein Wachschutz – Fertig ist ein Ausreisezentrum

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Jan. 25, 2025

Beim Lesen des Fünf-Punkte-Plans von Friedrich Merz denkt man, dass er bei Ihnen angerufen hat. War das der Fall?

Nein, angerufen hat er nicht. Aber als Deutsche Polizeigewerkschaft haben wir der Union für ihr Wahlprogramm einen sogenannten Zehn-Punkte-Plan vorgelegt. Und die fünf Punkte, die die Union jetzt vorantreibt, sind inhaltlich – um nicht zu sagen eins zu eins – aus unseren Vorschlägen übernommen worden. Und das ist richtig gut. Das bringt tatsächlich die Sicherheit der Menschen in Deutschland voran.

Sie sagten im Herbst 2024 in einem Interview mit Alexander-Wallasch.de, dass lediglich 800 Abschiebehaftplätze vorhanden seien, von denen wir nur 400 nutzen könnten. Wie wollen, sollen da entlang der Vorschläge von Merz tausende Haftplätze geschaffen werden? Muss es da nicht eine nationale Anstrengung geben, hier diverse Haftplätze überhaupt erst zu schaffen?

Man darf jetzt den Begriff „Haftplatz“ nicht mit dem Begriff „Ausreisegewahrsam“ vermengen. Haftplätze sind tatsächlich echte Haftplätze in Justizvollzugsanstalten, die für Abschiebungen genutzt werden. Das, was die Union meint mit dem Ausreisegewahrsam, das sind sozusagen „Ankerzentren plus“.

Das sind keine klassischen Haftplätze, wo die Tür zugeht und der Schlüssel dreimal herumgedreht wird. Sondern das sind Liegenschaften – das können Kasernen oder Containerlösungen sein, die wir derzeit schon betreiben in Deutschland – die dann nur noch mal besonders gesichert werden mit einem Zaun und einem eingesetzten Wachschutz. Damit soll verhindert werden, dass Personen, die sich in solch einem Ausreisegewahrsam befinden, ohne Weiteres auf freien Fuß gelangen können. Also eine Abstufung würde ich da auf jeden Fall mal vornehmen.

Da stellt man sich jetzt Schwadronen von Anwälten vor, die durch irgendwelche Kasernen oder alte Behördengebäude laufen und an jeder Stelle etwas Menschenunwürdiges finden: Falsche sanitäre Einrichtungen, keine vernünftigen Ernährungsgeschichten usw. Ich sehe da eine massive Klagewelle. Sie nicht?

Nein, denn diese Einrichtungen sind ja menschenwürdig. Wir haben schon solche Einrichtungen. Schauen Sie nach Bayern – Bayern, aber auch das Saarland und Sachsen. Die betreiben sogenannte Ankerzentren. Diese Ankerzentren sind Gemeinschaftsunterkünfte, wo Menschen untergebracht sind ohne Bleibeperspektive.

Die sind aber derzeit noch nicht so gesichert, wie man sich das eigentlich von einem Gewahrsam vorstellt. Das heißt, prinzipiell ändert sich nichts an der Unterbringung. Es wird sich etwas an der Sicherung dieser Liegenschaften ändern. Und deshalb befürchte ich nicht, dass dort eine Klagewelle von Anwälten auf den Bund zukommt.

Dann braucht es mehr Personal …

Wie gesagt: Die Polizei wird das mit dem vorhandenen Personal derzeit nicht stemmen können. Das ist völlig klar, weder in den Ländern noch im Bund. Aber wenn private Firmen auf Flughäfen Terrorismusbekämpfung vornehmen, indem sie das Reisegepäck kontrollieren, dann kann man privaten Wachschutz auch damit beauftragen, für die Sicherheit dieser Liegenschaften zu sorgen.

Sicherheit ist das eine. Aber geht es nicht auch darum, dass die Leute nicht abhauen? Was soll denn so ein Wachschutz machen? Wenn einer über den Zaun klettert, soll er ihm Handschellen anlegen? Wie läuft das? Das ist ja rechtlich gar nicht erlaubt …

Nein, aber schauen Sie mal in die Länder, Ich komme wieder darauf zurück: In Berlin und in Hamburg beispielsweise sorgen Tarifbeschäftigte dafür, dass aus den Gefangenensammelstellen niemand entweichen kann. Und jetzt komme ich wieder zu einer Forderung, die ich schon seit Jahren aufgestellt und Frau Faeser mehrfach schon geschrieben habe: Wir brauchen viel mehr Tarifbeschäftigte, die wir einstellen in die Polizei, die nämlich genau solche polizeifremden Aufgaben übernehmen. Tarifbeschäftigte brauchen nicht so lange ausgebildet werden wie Beamte und sind schneller verfügbar. Man muss sie anständig bezahlen und dann ist das auch ein lohnender Job und ein attraktiver Job. Und ich bin mir sehr sicher, dass man da schnell das notwendige Personal rekrutieren kann.

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Das heißt, Sie könnten Friedrich Merz auch sagen: Sie brauchen keine Liegenschaften umbauen, wir können unsere vorhandenen Sammelunterkünfte nutzen? Die gibt es ja in jeder größeren Stadt und die müssten dnur besonders bewacht werden. So in etwa?

So ist es. Wir können zunächst mal vorhandene Einrichtungen nutzen und müssen dann schauen, ob die Kapazitäten ausreichen. Wir reden ja von einer Personengruppe, von den sofort vollziehbar Ausreisepflichtigen. Das sind so circa 50.000. Und wir reden dann noch mal von den Gefährdern und Straftätern unter den Ausreisepflichtigen, die aber derzeit nicht abgeschoben werden können. Da würde ich mal vorsichtig schätzen, das werden so um die 80.000 Personen sein. Und wenn man die derzeit vorhandenen Sammelunterkünfte entsprechend sichert, müsste man in einer ersten Runde eigentlich damit hinkommen. Sollte das nicht der Fall sein, muss natürlich auf andere Bundesliegenschaften zurückgegriffen werden oder auf Landesliegenschaften. Die müssten dann natürlich so ertüchtigt sein, dass eine Unterbringung dort menschenwürdig ist. Das ist ja gar keine Frage.

Nun ist so eine Abschiebung kein Eisschlecken auf einem Kindergeburtstag. Das heißt, wenn meine Abschiebung näher rückt von Tag zu Tag, dann bin ich doch weg durchs Fenster und ab über den Zaun …

Das ist die nächste juristische Frage: Wann teilt man einer Person, die sowieso schon weiß, dass sie kein Bleiberecht in Deutschland hat, mit, wann die Abschiebung erfolgt? Das muss ja nicht drei Wochen vorher sein. Sondern wenn ich diese Person unter polizeilicher Kontrolle habe, unter staatlicher Kontrolle habe, dann kann ich die Abschiebeverfügung auch genau an dem Tag aushändigen, an dem die Abschiebung stattfindet. Dann umgehe ich das, was Sie gerade befürchten.

Das klingt für mich wie eine Fahrkartenkontrolle. Ich weiß, da kann einer kommen, aber wenn ich Glück habe, kommt doch keiner. Warum denn nicht die Sache so verschärfen, dass es tatsächlich scharfe Haftbedingungen sind?

Weil wir Haftbedingungen, die jetzt schon längst überfällig und bitter nötig sind, nicht innerhalb kürzester Zeit hinbekommen werden.

Was ist jetzt das Zeitfenster? Drei Monate, bis wir diese Übergangslösung haben, und danach noch mal ein Jahr, bis wir es noch konkreter sichern können?

Wir reden hier von öffentlichen Baumaßnahmen. Und wenn ich von öffentlichen Baumaßnahmen rede, dann kann man von der Antragstellung bis zum Genehmigungsverfahren und die ganzen behördlichen Verfahren, von drei, vier, vielleicht sogar fünf Jahren ausgehen, ehe man tatsächlich solche Plätze zur Verfügung hat.

Wir reden aber jetzt über die Haftplätze, die vermutlich so lange dauern werden, weil man da tatsächlich einiges in die Hand nehmen muss. Ich rede ja vom Ausreisegewahrsam und sage deshalb konkret „Ankerzentren plus“. Das lässt sich wesentlich schneller realisieren.

Sagen Sie mal ein Zeitfenster bitte …

Das passiert innerhalb kürzester Zeit. Wenn Sie eine Firma finden, die bereit ist, um so ein Ankerzentrum eine vernünftige Eingangsstruktur mit Schleusen und Zaun zu bauen und privaten Wachschutz zu rekrutieren – dann sollte das innerhalb von einem Vierteljahr durchaus möglich sein.

Der Spaziergang durchs Tor bis zum Aldi und zurück ist dann ausgeschlossen?

Ja, das ist ausgeschlossen. Genau das ist der Sinn. Allerdings ist nicht ausgeschlossen, wenn jemand sagt, er möchte diese Tortur nicht mehr über sich ergehen lassen und reist freiwillig aus. Der Weg in die Heimat ist bei dieser Einrichtung jederzeit offen.

Sie sprachen von 50.000 Personen. Wir haben ja die Geduldeten, die das gar nicht betrifft. Sagen wir mal, wir haben 250.000, die raus müssen. Davon ist ein großer Teil geduldet, die man gar nicht in diese Zentren schicken darf. Wir haben aber auch 50.000 Dublin-Fälle, die eigentlich ins Erstantragsland zurück müssen. Sind das dieselben 50.000 oder sind das wieder noch andere?

Die zählen mit. Vorausgesetzt, der zu übernehmende Staat hat zugesagt, dann fallen sie unter die sofort vollziehbar Ausreisepflichtigen.

Sie sehen diese fünf Punkte von Merz also durchaus positiv. Aber wie glaubwürdig ist das denn so eng am Wahlkampf? Die Bürger auf der Straße sind da durchaus skeptisch, wie Befragungen etwa von „Welt“ zeigen …

Ich bin heilfroh darüber, dass in der derzeitigen Regierungskonstellation überhaupt irgendeine Partei in diesem deutschen Bundestag mal den Mut hat außer der AfD diese Sache auch mal konkret anzusprechen und auch anzukündigen, einen entsprechenden Antrag in den Deutschen Bundestag einzubringen. Das ist ja jahrelang gar nicht passiert.

Warum sitzt Heiko Teggatz nicht längst bei Merz am runden Tisch – Nägel mit Köpfen machen?

Ich kann Ihnen versichern, dass wir mit der Unionsspitze zahlreiche Gespräche in diese Richtung geführt haben.

Danke für das Gespräch!

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Author:
Alexander Wallasch

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